Blankoscheck für Israel, scharfe Kritik an von der Leyen – und die neue EU-Krise
Die Watchlist EUropa vom 14. Oktober 2023 – heute mit der Wochenchronik
Israel und der Nahe Osten erleben dramatische Stunden. Der Hamas-Angriff und der israelische Einmarsch in Gaza fordern tausende Todesopfer, vor allem Zivilisten. Die Uno warnt vor Kriegsverbrechen und einem humanitären Desaster.
Doch just in dem Moment, da die Krise in Gaza eskaliert und das israelische Militär die Räumung des Nordteils – also die Vertreibung von mehr als einer Million Menschen – anordnet, stellen führende EU-Politiker einen Blankoscheck für Israel aus.
EU-Kommissionschefin von der Leyen, Parlamentspräsidentin Metsola und Außenministerin Baerbock haben der rechtsradikalen Natanjahu-Regierung nicht nur ihr Beileid bekundet, sondern auch Rückendeckung für die Militäraktionen gegeben.
“Israel has the right and duty to respond to Hamas’ act of war”, erklärte von der Leyen. “Europa steht an der Seite Israels”, fügte sie dazu. Dabei hatte von der Leyen kein Mandat, im Namen der EU zu sprechen. Die Positionen gehen nämlich weit auseinander.
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So hat der irische Premier Varadkar Israel vorgeworfen, mit der Blockade des Gaza-Streifens internationales Recht zu brechen. Der EU-Außenbeauftragte Borrell kritisierte die Evakuierung von Nord-Gaza und forderte humanitäre Hilfe.
EU-Diplomaten in Brüssel warnen vor einer “massiven ethnischen Säuberung” durch das israelische Militär in Gaza. Mit ihrem Alleingang und ihrer einseitigen Parteinahme gefährde von der Leyen die internationale Reputation der EU als “ehrlicher Makler”.
“Our fear is that we’ll pay a heavy price in the global south because of this conflict,” zitiert die britische “FT” einen EU-Offiziellen. Von der Leyen habe mit ihrem unabgesprochenen Besuch ihre Macht mißbraucht, heißt es in der “Irish Times”.
Es wäre nicht das erste Mal…
Siehe auch Von der Leyen gibt die Hardlinerin – auch in Israel und Michel gibt nichtssagende Erklärung ab
P.S. Auch wenn die deutschen Medien den Unmut über von der Leyen verschweigen – er ist so groß, dass dass am Dienstag ein EU-Krisengipfel geplant ist. In Brüssel werfen viele der deutschen EU-Chefin vor, mit zweierlei Maß zu messen (Kriegsverbrechen in der Ukraine und in Israel) und so die Glaubwürdigkeit der EU-Außenpolitik aufs Spiel zu setzen! VDL reagiert darauf mit einer Verdreifachung der humanitären Hilfe für die Palästinenser – dabei wollte sie doch alle Hilfen auf den Prüfstand stellen! Unglaubwürdig…
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KK
15. Oktober 2023 @ 14:20
Heute Mittag gabs im DLF ein paar Eindrücke aus Gaza:
Der Süden ist voll und könnte kaum signifikante Mengen aus dem Norden Geflüchteter aufnehmen, da weder Wohnraum noch Ressourcen wie Wasser und Lebensmittel ausreichend vorhanden wären. Zudem würde auch der Süden Gazas von Israel bombadiert. Nach dem, was ich da hören musste, grenzt das, was dort gerade stattfindet und ganz sicher weiter stattfinden wird mE an Völkermord.
Ganz sicher sind es aber Kriegsverbrechen einer Besatzungsmacht, weswegen der Einwand des “Messens mit zweierlei Maß” durchaus berechtigt ist. So langsam wird offenbar auch einigen der Bigotten die Bigotterie hinter der EUropäischen Aussen- und NAhTOd-Sicherheitspolitik bewusst…
Thomas Damrau
15. Oktober 2023 @ 13:50
So neu fühlt sich die jetzige EU-Krise nicht an – die Muster wiederholen sich. Egal, ob es sich um die Ukraine, Palästina, das Kosovo, die Kurden oder … handelt:
1) Die EU müsste wissen (und weiß es auch), wie explosiv der jeweilige Konflikt ist.
2) Entweder aus Rücksichtnahme (auf die USA, Israel oder die Türkei) oder aus Abneigung (gegen Serbien) vermeidet die EU eine eigene Position zu definieren und durchzusetzen. Sie formuliert höchstens vorm Schlafzimmerspiegel ihr Unbehagen.
3) Wenn es dann knallt (wie in der Ukraine oder im Nahen Osten), ist die EU sichtlich erleichtert: Endlich ist die Zeit des moralischen Zwiespalts vorbei, eine Seite hat sich die Maske vom Gesicht gerissen und sich als Täter entpuppt.
4) Dann kann die EU endlich wieder klar Stellung beziehen: Abscheu vor dem Täter bekunden, sich mit dem Opfer solidarisch erklären, eine harte Reaktionen billigen, Waffen hinschicken, … Was man halt als Werte-basierter Verein so macht.
european
15. Oktober 2023 @ 13:02
Es ist doch nicht neu, dass die EUCO Präsidentin sich regelmäßig außerhalb jeglicher parlamentarischer Kontrolle bewegt. Es ist ein offenes Geheimnis und bisher sah sich entweder niemand imstande das zu ändern oder niemand wollte es ändern, bis auf wenige Ausnahmen jedenfalls. Jetzt sind auf einmal alle empört? Aber sowas von…
Es ist eine furchtbare Tragödie, die sich da abspielt, aber dieser Konflikt besteht schon länger als ich mich an Fernsehnachrichten erinnern kann. Bisher konnte oder wollte man das nicht lösen und so wird dieser ewig schwelende Konflikt auch weiter bestehen und viele Menschenleben fordern. Ganze Generationen kennen und kannten nichts anderes.
Vielleicht werden die Chinesen es schaffen, das ganze auf die Füße zu stellen. Niemand hätte es für möglich gehalten, dass sie in dieser Geschwindigkeit den Iran-Saudi-Arabien-Konflikt beenden und die Parteien nicht nur an einen Tisch bekommen, sondern dass es sogar wieder Abkommen zwischen ihnen gibt. Vom Westen ist da eher nichts zu erwarten, zumal wir das Wort Diplomatie aus unseren Enzyklopädien gestrichen haben. U.a. deshalb nimmt uns auch niemand mehr Ernst. Borrell hat unlängst in China förmlich darum gebettelt, dass man doch die EU endlich als global player Ernst nehmen soll und natürlich davor gewarnt, dass China einen so großen Leistungsbilanzüberschuss gegenüber der EU hat. MWn ca. 100 Mrd. Euro. Die europäischen Wähler würden das u.U. nicht goutieren und drastischerem Protektionismus fordern. “Since our leaders are elected, they are naturally sensitive to what their voters want.”, sagt er. Nun ja. 😉
https://www.ft.com/content/d4fd8f5f-be0e-417e-bce6-f9219557e4a7
KK
15. Oktober 2023 @ 18:06
Nach der UN-Resoltion zur Zwei-Staaten-Lösung (RoadMap) hätte die UN Blauhelme in den Gaza-Streifen und ins Westjordanland schicken, Israels Soldaten rausschmeissen und die jüdischen Siedlungen darin abwickeln und weitere verhindern müssen.
Und das hätte sie in jedem anderen Land dieser Welt wohl auch getan!