Ukraine hebelt Schutzstatus für Kriegs-Flüchtlinge aus
Mit ruppigen Methoden versucht die Ukraine, wehrpflichtige Männer zurückzuholen und an die Front zu schicken. Damit beschädigt sie den besonderen Schutzstatus, den die Flüchtlinge in der EU genießen.
Die Ukraine will dafür sorgen, dass die im Ausland lebenden ukrainischen Männer im wehrfähigen Alter zurückkehren. “Im Ausland zu leben, befreit einen Bürger nicht von den Pflichten gegenüber seinem Heimatland”, schrieb Außenminister Kuleba im Online-Dienst X.
Deswegen habe er Maßnahmen angeordnet, die der “Wiederherstellung des Gleichgewichts zwischen Männern im wehrfähigen Alter in der Ukraine und denen im Ausland” dienten. Offenbar geht es um gezielte Schikanen.
“Ukrainische Konsulate setzen Dienste für Wehrpflichtige im Ausland aus”, meldete die “Süddeutsche”. Sie erhalten keine Dokumente mehr – abgesehen von solchen, die für eine Rückkehr in die Ukraine erforderlich sind.
Dies ist nicht nur ein Problem für die betroffenen Ukrainer, die vor dem Krieg geflüchtet sind. Es ist auch ein Problem für die EU – denn die Männer genießen einen besonderern, temporären Schutzstatus. Er ist sogar bis Anfang 2025 verlängert worden.
Damit wollte die EU die Ukrainer vor dem Krieg schützen. Doch nun stellt sich heraus, dass die Regierung in Kiew diesen Schutz rückgängig machen will, um die Männer an die Front zu holen. Brüssel und die zuständigen Stellen in Berlin stehen vor einem Dilemma.
Eins wird nicht gehen: Den Schutzstatus einfach nochmal zu verlängern, gegen den Willen der Ukraine – und trotz der Befristung (“temporär”). Doch kann die EU die Geflüchteten sehenden Auges in den Krieg schicken, vielleicht sogar gegen ihren Willen?
Dann wäre der jahrelange, überaus großzügige Schutz am Ende umsonst gewesen – und die EU hätte ihre eigenen Regeln aushebeln lassen…
Arthur Dent
24. April 2024 @ 13:43
Justizminister Marco Buschmann hat es schon im Dezember letzten Jahres abgelehnt, geflüchete Ukrainer zurück zu schicken.
Volkmar Frank
24. April 2024 @ 13:00
Sorry lieber Eric,
was ist verwerflich an dieser Maßnahme der ukrainischen Regierung?
Nachdem Aufrufe nach freiwilliger Rückkehr nicht fruchteten, bleibt nur noch die Maßnahme.
Oder würden Sie es vorziehen, wenn abenteuerliche EU-Politiker eigene Soldaten zur Verteidigung der Ukraine entsenden, so wie es kürzlich in der FOREIGN AFFAIRS vom 22.4.24 postuliert: „ Europe – but not NATO – should send troops to Ukraine „ !!!
Damit wird das ganze Thema wirklich absurd. Zuerst verweigert „sleepy Joe„ Russland – über die Köpfe der EU hinweg – die Diskussion über die Wahrung deren Sicherheitsinteressen aufgrund der Ostverschiebung der NATO, dann lehnt Biden die Fortführung der Friedengespräche in Istanbul ab und nun schmeissen die USA Europa das Thema vor die Füsse.
Es wird höchst Zeit, dass das ganze Thema wieder vom Kopf auf die Füsse gestellt wird!
Kerberos
Arthur Dent
24. April 2024 @ 21:26
@Volkmar Frank
Ist es in einer Demokratie nicht üblich, dass alle Staatsgewalt vom Volk ausgeht? Und wenn der Souverän sich entscheidet, keinen Dienst an der Waffe zu leisten, was dann? Früher nannte man die, die für den Aktienkurs der Rüstungskonzerne gerade an der Front verheizt werden, Proletariarier. Und die haben den Krieg nicht zu verantworten. Die feinen Pinkel machen sich nicht schmutzig im Schützengraben.
Michael Conrad
24. April 2024 @ 10:25
Es reicht halt nicht mehr, wenn die jungen Männer in der Ukraine von den Greiftrupps des Militär eingefangen werden, jetzt müssen auch die in die EU geflüchteten Ukrainer die westlichen Werte an der Front verteidigen. Was man früher noch als russische Propaganda ansehen konnte, der Spruch, dass der Westen Russland bis zum letzten Ukrainer bekämpfen würde, wird immer mehr zur Beschreibung der Realität.
Aus dem Westen kommen Geld und Waffen und die Ukraine muss eine ganze Generation ihrer Männer opfern. Das Desinteresse im Westen an diesen Opfern macht eigentlich schon klar, dass es in diesem Krieg nicht um Werte geht, sondern um die zukünftige europäische und globale Machtverteilung.
KK
24. April 2024 @ 12:46
Die Ukraine zeigt deutlich, was die westlichen Werte noch wert sind: Nothing, nada, niente!
Warum bestellen die EUropäischen Aussenminister jetzt nicht mal unisono die ukrainischen Botschafter ein? Oder die Militärhilfe?
Stef
24. April 2024 @ 10:05
“Dann wäre der jahrelange, überaus großzügige Schutz am Ende umsonst gewesen – und die EU hätte ihre eigenen Regeln aushebeln lassen…”
Das ist ein überaus interessantes Dilemma. Solange es opportun war, haben wir in Europa ukrainischen Flüchtlingen umgehend mehr Geld, Rechte und Zugang zu sozialen Leistungen gewährt, als es die staatlichen Autoritätn in der EU und ihren Mitgliedsländern allen anderen Flüchtlingen (ich bin verführt zu sagen Arabern, Negern und andere Wilden, aber das wäre nicht politisch korrekt) gewähren. Wenn man jetzt erwägen sollte, dem Wunsch der Ukraine nach Rückführung wehrfähiger Männer zu entsprechen, müsste man sowohl in rechtsstaatlicher als auch in politisch-kommunikativer Hinsicht einen ziemlich drastischen Turnaround hinlegen. Ich bezweifele, dass dies erfolgt. Und falls es erfolgt, droht es zu einem Fiasko zu werden, weil es die rechtschaffenen Befürworter des Ukrainekrieges in Opposition zur Menschenrechtsbewegung bringt.
KK
24. April 2024 @ 12:47
“(ich bin verführt zu sagen Arabern, Negern und andere Wilden, aber das wäre nicht politisch korrekt)”
Wieso bleiben Sie nicht in der Terminologie Borrells und sagen einfach “aus dem Dschungel”?
Bogie
24. April 2024 @ 08:49
Es gibt kaum eine Institution, die im Aushebeln oder umgehen der eigenen Regeln in den letzten Jahren derart kreativ war wie die EU.
Deshalb glaube ich nicht, dass man sich den Wünschen der ukrainischen Regierung nach mehr Soldaten noch lange verschließen wird.
Irgendjemand muss ja schließlich die neuen Wohltaten (Waffen) auch bedienen und sich dabei umbringen lassen.
KK
24. April 2024 @ 12:49
Regeln? Was für Regeln? Diese unverbindlichen Absichtserklärungen, die man gemeinhin “Lissabon-Vertrag” nennt?
european
24. April 2024 @ 08:12
Ja, das Musterland der Demokratie mit einem ungewählten Präsidenten an der Spitze zeigt uns, wo der Hammer hängt. Ich bin schon so gespannt auf die “präsidenzlose” Antwort unserer Außen-Feministerin. Ich kann es kaum erwarten. 😉
Aktuell weiß man wirklich nicht mehr, ob man lachen oder weinen soll.
KK
24. April 2024 @ 12:51
Immerhin ist der ungewählte Präsident Schauspieler und spielt seine Rolle. Oscar, César und Goldene Palme winken bereits…