Ausblick 2023: Es wird einsam um EUropa

Kanzler Scholz hat sich in Brasilien eine Abfuhr geholt. Präsident Lula will keine Waffen an die Ukraine liefern, sondern setzt auf Verhandlungen mit Russland. Der “Schiffbruch bei Lula” (“Die Welt”) ist kein Zufall: Es wird einsam um Europa, die EU hat die geopolitische Wende verschlafen.

Kanzler Scholz hatte sich viel vorgenommen. Bei seiner Reise durch Lateinamerika wollte er Russland isolieren, neue Waffen für die Ukraine beschaffen und das geplante EU-Mercosur-Handelsabkommen voranbringen. Auch seinen internationalen “Klimaclub” wollte er bewerben.

Doch nun kommt er mit leeren Händen zurück. Die Staats- und Regierungschefs Brasiliens, Argentiniens und Chiles lehnten es ab, Waffen zu liefern.

Brasiliens Präsident Lula gab der Ukraine erneut eine Mitschuld am Krieg; der Klimaclub und der Mercosur-Deal kommen auch kaum voran.

Der “Schiffbruch bei Lula” (“Die Welt”) ist kein Zufall: Es wird einsam um Europa, die EU hat die mit dem Krieg verbundene geopolitische Wende verschlafen.

Während man sich in Berlin und Brüssel einbildet, die internationale Politik müsse sich um die Ukraine drehen, und natürlich um die USA, sieht man das in Südamerika, Afrika oder China völlig anders.

Lula propagiert eine neue Achse Brasilia-Peking – sie soll eine Friedensinitiative ergreifen und Russland und die Ukraine zur Räson bringen.

“Es ist notwendig, eine Gruppe von Ländern zu bilden, die stark genug ist und respektiert wird, und sich mit den beiden an einem Verhandlungstisch zusammenzusetzen”, sagte Lula. “Unsere chinesischen Freunde spielen dabei eine sehr wichtige Rolle. Es ist Zeit, dass China anpackt.”

Von Deutschland oder der EU sprach er nicht – denn die haben sich selbst aus dem Spiel genommen. Die EUropäer wollen den Krieg “auf dem Schlachtfeld” entscheiden und die Ukraine mit Waffen zum “Sieg” führen – damit scheiden sie als Vermittler oder Verhandlungspartner aus.

An ihre Stelle treten die BRICS-Staaten sowie die Türkei. Sie wollen die “unipolare Welt”, die von den USA dominiert wurde, hinter sich lassen und eine neue Ordnung aufbauen. Dabei sind sie schon ein gutes Stück vorangekommen; Saudi-Arabien flirtet mit den BRICS und spricht mit China über den “Petroyuan”.

Die EU hingegen gerät ins Hintertreffen, teilweise sogar in die Isolation. Das sieht man im Nahen Osten, wo sie gar keine Rolle mehr spielt; in Afrika, wo sogar Frankreich in die Defensive geraten ist; und nun auch noch in Südamerika, wo Scholz höchstens einige Sympathie-Punkte machen konnte.

EU verliert sogar in Europa an Einfluß

___STEADY_PAYWALL___

Sogar auf ihrem eigenen Kontinent sind die EUropäer auf der Verliererstraße. Durch den Krieg mit Russland haben sie nicht nur das gemeinsame “europäische Haus” verloren – De Gaulles “Europa vom Atlantik bis zum Ural” ist passé. Nun droht auch eine Niederlage im Machtkampf um Eurasien.

Die USA haben die Ukraine und Osteuropa auf ihre Seite gezogen, die Wirtschaftssanktionen treiben Russland in die Arme Chinas. Rund um das Schwarze Meer baut die Türkei ihre Einflußzonen aus. Die EU verliert an Bedeutung; neue “Formate” wie Ramstein oder das “Lublin-Dreieck” werden immer wichtiger.

Im neuen Jahr rechne ich nicht mit Besserung – im Gegenteil.

“Lost” in der neuen, multipolaren Welt

Nachdem die EU in 2022 ihren größten Trumpf – die internationale Positionierung als ehrlicher Makler und “Friedensunion” – aufgegeben hat und Wirtschaftssanktionen verhängte, die die halbe Welt in Miteidenschaft ziehen, bekommt sie nun die Quittung.

Sie fällt gesalzen aus – nicht nur außenpolitisch (“geopolitisch”), sondern auch wirtschaftlich (“geoökonomisch”). EUropa wird abgehängt und noch dazu von der hilfsbedürftigen Ukraine geschwächt.

Wenn es so weiter geht, wird die EU nicht einmal eine (halbwegs) eigenständige Stellung in der neuen, multipolaren Welt finden…

Siehe auch “Ausblick 2023: Der Wohlstand schwindet, EUropa wird abgehängt” sowie “G-7: Die Welt folgt dem Westen nicht mehr”

P.S. Aber wir haben doch noch die USA, könnte man einwenden. Doch auch US-Präsident Biden nimmt keine Rücksicht auf die EUropäer, mit seinem Suventionsprogramm IRA riskiert er einen Handelskrieg mit der EU. Und wer weiß, wie lange Biden noch an der Macht ist – und was danach kommt?