Neue Streiks gegen Rentenreform in Frankreich – und die EU?
In Frankreich hat der zweite Aktionstag gegen die umstrittene Rentenreform begonnen. Welche Rolle spielt die EU?
In zahlreichen französischen Städten sind die Menschen erneut gegen die Rentenreformpläne der Regierung von Präsident Emmanuel Macron auf die Straße gegangen. Streiks begannen unter anderem an Schulen, bei der Bahn und in Raffinerien.
Am ersten Aktionstag hatten mehr als eine Million Menschen teilgenommen. Macron will jedoch nicht nachgeben. Er will das reguläre Renteneintrittsalter schrittweise von 62 auf 64 Jahre anheben, weil sich das aktuelle System langfristig nicht mehr finanziere.
Rückendeckung bekommt der Präsident aus Brüssel. Die EU-Kommission hat Frankreich wiederholt zu einer Rentenreform aufgefordert. Im Rahmen des “Europäischen Semersters” spricht sie regelmäßig Empfehlungen zur Wirtschafts- und Finanzpolitik aus.
In Paris ist nun eine Debatte über die Frage entbrannt, ob die Reform von Brüssel verlangt oder gar erzwungen werde. Nein, betont die EU-Kommission. So gebe es keinen Zusammenhang mit der Auszahlung von EU-Geldern aus dem Corona-Aufbaufonds.
Doch Macron und seine (neo-)liberalen Berater sehen das anders. Es gehe bei der Reform auch um die Glaubwürdigkeit gegenüber den Märkten und der EU. Frankreich werde an Einfluß verlieren, wenn es immer höhere Budgetdefizite mache, heißt es in Paris.
Mit anderen Worten: Druck wird sehr wohl ausgeübt – wenn auch nur sanft, vermittelt über die Märkte, die wiederum von der EU reguliert werden – oder auch nicht…
Siehe auch “Rentenreform: Macron will die Finanzmärkte beruhigen”
P. S. Mit mehr als 1,2 Millionen Teilnehmern war der Protest noch größer als am ersten Aktionstag. Das könnte Macron gefährlich werden…
Helmut Höft
2. Februar 2023 @ 14:40
@KK
Na Du bist mir ja einer! *grins*
Aber einen Zupfer am Ohr hab’ ich doch: Sozialdarwinismus ist (leider) immer! Warum? Weil leider auch der Mensch “immer ist”!
KK
1. Februar 2023 @ 15:00
@ Helmut Höft:
“1) Wollen wir die Unproduktiven (Alte, Kranke, Behinderte und, Achtung, Kinder!!) mit durchfüttern oder nicht?”
Mit Ausnahme von Teilen der Kinder und Alten (den “arischen”) hatten die Nationalsozialisten darauf ja schon die passende – m.E. auch heutigen Sozialdarwinisten neoliberaler Prägung zuzutrauende* – Antwort [Zynismus off]
* Denn wenn die Grundsicherung immer weniger für ein menschenwürdiges Leben inkl. ausreichend gesunder Ernährung und einer warmen Wohnung reicht, ist das im Grunde auch nur eine schleichende Form der Euthanasie.
Helmut Höft
1. Februar 2023 @ 08:36
Leute, schenkt Euch diesen ganzen Schoiß mit Finanzierung… Demographie… Eintrittsalter… Umlage… Kapitaldeckung… usw. 🙁
Nur drei Fragen/Punkte:
1) Wollen wir die Unproduktiven (Alte, Kranke, Behinderte und, Achtung, Kinder!!) mit durchfüttern oder nicht?
2) Unterschied zwischen Umlageverfahren und Kapitaldeckung? Es gibt keinen, außer: Kapitaldeckung kostet wesentlich mehr und birgt erheblich größer Risiken!
3) Demographie vs. Prroduktivität: ~1960 lag die Produktivität einer Arbeitsstunde in D bei ca. 2 €/h, ca. 6,13% der heutigen Produktivität – 6 Arbeitnehmer trugen einen Rentner – die Produktivität in D heute liegt bei ca. 54 €/h …
Ich will hier keine Reklame machen, aber nachzuvollziehen ist das hiert.
Btw.: Die Produktivität in F ist etwas höher als in D.
ebo
1. Februar 2023 @ 09:05
Die Demographie / Altersstruktur ist auch besser als in DE
KK
31. Januar 2023 @ 14:03
In den heutigen Demokratien sind offenbar nicht mehr die Wähler der Souverän, sondern “die Märkte”!
Alexander
31. Januar 2023 @ 18:21
‘Welcher Geist damals herrschte, brachte vielleicht am deutlichsten 1996 auf dem Weltwirtschaftsgipfel der damalige Bundesbankpräsident Hans Tietmeyer zum Ausdruck, als er triumphierend an die Politik das Wort richtete: „Meine Herren, Sie alle sind jetzt der Kontrolle der internationalen Finanzmärkte unterworfen.“’
Quelle z.B.: https://www.blaetter.de/ausgabe/2009/mai/horst-koehler-scheitern-nach-oben
Alexander
31. Januar 2023 @ 18:36
Ergänzung: Auch ein gewisser Elon M. hat ja bereits deutlich zum Ausdruck gebracht, wo der Hammer hängt:
https://peoplesworld.org/wp-content/uploads/2020/07/Musk.jpg
oder alternativ
https://archive.ph/mIIRM
Arthur Dent
31. Januar 2023 @ 13:52
Wer sind denn “die Märkte”?
(Als mein Opa 1903 geboren wurde, kamen auf einen Alten rund ein Dutzend junge Menschen, als ich 1960 geboren wurde, nur noch sechs. Demografie gibt es schon seit Bismarcks Zeiten und von der Wirtschaftswunderzeit bis zur Wiedervereinigung wurden im geteilten Deutschland noch vergleichsweise gute Renten gezahlt. Erst danach ging es bergab. Und es geht dabei immer um die gesetzliche Rente, nie um die berufsständische Altersversorgung. Um die gesetzliche Rente machen sich am meisten die Menschen sorgen, die gar nicht von ihr betroffen sind).
european
31. Januar 2023 @ 13:01
Interessant
In Deutschland wird diese Debatte wegen der Demographie bzw der Babyboomer gepusht, und dabei geflissentlich der wichtige Punkt der gestiegenen Produktivitaet ausser Acht gelassen.
Frankreich hat einen vergleichsweise idealen Demographieverlauf UND eine leicht hoehere Produktivitaet als Deutschland und trotzdem versucht man, diese Reform auf Biegen und Brechen durchzupeitschen.
Der Kern des Problems, der Lohndruck und damit die sinkenden Beitraege zu den Sozialversicherungen wird immer gern geflissentlich uebersehen.
Die Zufriedenheit der Maerkte ist eben wichtig 😉