Ausblick 2023: Der Wohlstand schwindet, EUropa wird abgehängt

Die EU steht bzw. stand nicht nur für Frieden, sondern auch für Wohlstand. Doch das Wohlstandsversprechen werden die meisten Mitgliedsstaaten im neuen Jahr nicht einlösen können. Deutschland und EUropa drohen abgehängt zu werden – der Wirtschaftskrieg geht nach hinten los.

Dies zeigen die 180 Folgen unserer Serie “Europa im Wirtschaftskrieg” (Live-Blog hier). Zuletzt haben sich die Aussichten zwar verbessert – die Inflation schwächt sich leicht ab, das Geschäftsklima hat sich ein wenig aufgehellt, der Euro hat sich erholt.

Doch strukturell ist die Lage schlecht wie nie. Sanktionen und Gegensanktionen haben die europäische Wirtschaft schwer in Mitleidenschaft gezogen; viele Industriezweige sind angesichts viel zu hoher Energiepreise kaum noch wettbewerbsfähig.

Die EU hat 2022 jedoch vor der Aufgabe versagt, wenigstens die Märkte neu zu ordnen (wenn man schon nicht an den kontraproduktiven Sanktionen rütteln will). Der Strompreis hängt weiter vom Gaspreis ab, und nicht von billiger grüner Energie – ein Widersinn.

Sündhaft teurer “Energiekrieg”

Und der Gaspreis wurde allen Ankündigungen zum Trotz nicht gedeckelt. Das Deckelchen, das sich Deutschland kurz vor Toresschluß abringen ließ, ist das Papier nicht wert, auf dem es fixiert wurde. 15 EU-Staaten haben sich von Berlin über den Tisch ziehen lassen.

Deshalb drohen auch 2023 wieder spekulative Exzesse am Energiemarkt. Dazu trägt vor allem die höhere Nachfrage bei – denn im neuen Jahr müssen noch größere Mengen russischen Gases ersetzt werden als im vergangenen, da Gazprom noch bis Juni lieferte!

Rund eine Billion US-Dollar hat der “Energiekrieg” die Europäer bereits gekostet. Allein für Deutschland belaufen sich die Kosten, die sich aus dem Wirtschaftskrieg mit Russland ergeben, schätzungsweise auf 440 Mrd. Euro. Ein gigantischer Wohlstands-Verlust!

Als wäre das nicht schon schlimm genug, lassen sich die EUropäer von den USA in immer neue Konflikte ziehen. Erst ging es um China und Taiwan, dann um Mikrochips, neuerdings auch noch um “grüne” Subventionen für die amerikanische Industrie.

Doch auch hier ist die EU eine Antwort schuldig geblieben. Sie wurde auf einen Sondergipfel im Februar verschoben – dabei sind die umstrittenen US-Maßnahmen seit dem 1. Januar in Kraft! Wieder einmal war es Deutschland, das auf der Bremse stand…

Dabei drohen im größten EU-Land die größten Schäden. Deutschland hat durch den Wegfall billiger russischer Energie sein Geschäftsmodell verloren; zudem ist die Inflation höher als etwa in Frankreich. Und die Löhne kommen kaum noch hinterher.

Kanzler Scholz und Wirtschaftsminister Habeck schließen zwar gefühlt jede Woche neue Partnerschaftsabkommen und Energieverträge ab (zuletzt mit Norwegen). Doch das dürfte die herben Verluste durch die Abkoppelung von Russland kaum kompensieren.

Neue Deals ohne die EU

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Auch EUropa gerät ins Hintertreffen. Nicht zuletzt als Reaktion auf die westlichen Sanktionen haben sich die Wirtschaftsbeziehungen auf der Welt neu geordnet. Das Ende der neoliberalen Globalisierung wird von neuen Deals begleitet – ohne die EU.

So treiben die Strafmaßnahmen nicht nur Russland und China immer enger zusammen. Sie fördern auch die Ablösung des Petrodollars – China und Saudi-Arabien denken ebenso über neue Zahlungsmethoden nach wie Russland und Iran.

Die Geopolitik habe die Sanktionen nötig gemacht, heißt es entschuldigend in Brüssel. Dummerweise hat man darüber die Geoökonomie vergessen. Außerdem ist man von der falschen Annahme ausgegangen, man könne Russland ruinieren und isolieren.

Dabei weigern sich die meisten Länder, die Sanktionen mitzutragen. Sie organisieren sich neu – ohne oder sogar gegen EUropa. Der alte Kontinent wird abgehängt und muß seine Bürger wohl oder übel bitten, den Gürtel dauerhaft enger zu schnallen…

Siehe auch Der Wirtschaftskrieg schadet Deutschland und spaltet die Welt. Mehr zur Wirtschaftspolitik hier und hier (Live-Blog)