Kopflos in die große Krise
Sechs Monate nach Beginn des Krieges in der Ukraine rutscht die EU in ihre nächste große Krise. Sie ist auch eine Folge falscher Entscheidungen – und eines Mangels an Führung.
Das “Ende des Überflusses, der Sorglosigkeit und der Gewissheiten”: So beschreibt Frankreichs Sonnenkönig Macron die Lage in diesem ukrainischen Herbst.
“Das ist im Grunde eine große Umwälzung, die wir erleben und auf die unsere Landsleute mit großer Beunruhigung reagieren können”, sagte der Präsident.
Offenbar hegt er die Sorge, dass die Franzosen auf die Barrikaden gehen könnten. Die Preisexplosion bei Gas, Strom und Lebensmitteln gibt Grund genug.
Auf Proteste stellt man sich auch in Belgien, im UK und in den Niederlanden ein. Dort sind die Bauernproteste wieder aufgeflammt, die Unzufriedenheit ist mit Händen zu greifen.
Sogar in Deutschland macht sich Unmut breit. Innenministerin Faeser versucht, alle möglichen Proteste als “rechtsextrem” zu framen – dabei ruft auch die Linke zu Demos auf.
Und was macht die EU? Hat sie den Ernst der Lage überhaupt wahrgenommen? Zweifel sind erlaubt, wenn man sich die Reden zum Unabhängigkeitstag der Ukraine anschaut.
Die Ukraine-Politik wird ebenso wenig infrage gestellt wie die Sanktionen gegen Russland. Lockerungen sind ebenso wenig ein Thema wie Friedens-Verhandlungen.
Mit Blick auf die Zukunft wird lediglich der EU-Beitritt der Ukraine beschworen – als wenn das irgendein Problem lösen würde. Andere Perspektiven sucht man vergebens.
Angesichts der sich zuspitzenden und überlappenden Krisen (neben der Ukraine haben wir auch noch Corona und die Klimakrise) stehe die EU vor einem “Führungs-Vakuum”, klagt der EU-Experte M. Rahman.
Macron sei eine “lahme Ente”, Kanzler Scholz sei zu zögerlich und Italiens Draghi sei bald weg, so seine (wenig originelle) Analyse. Nun müssten die kleineren EU-Länder einspringen.
Ein Macht-Vakuum – auch in Brüssel
Doch wer wagt sich vor? Polen – bitte nicht, das bedeutet noch mehr Krieg! Finnland – da gibt’s auch gerade Ärger! Spanien? Ist zu weit weg und mit sich selbst beschäftigt. Auch aus Brüssel kommt keine Hilfe.
Kommissionschefin von der Leyen ist im Dauerclinch mit Ratspräsident Michel, zudem läuft sie sich für ihre Wiederwahl 2024 warm – mit “populären” Themen wie der Ukraine.
Die Ukraine ist jedoch nicht Europa, sie ist nicht mal EU-Mitglied. Und das Land liefert auch keine Perspektive, sieht man mal vom Krieg mit Russland ab.
Die EU, die sich einst stolz eine Friedensunion nannte und auf wirtschaftliche Zusammenarbeit setzte, ist nicht nur führungslos. Sie hat auch die Orientierung verloren.
Man könnte auch sagen: Die EU ist völlig lost…
Siehe auch Sechs Monate Krieg in der Ukraine: EUropa gehört zu den Verlierern, “Blick zurück: Der verdrängte Kleinkrieg vor dem Krieg“ sowie “So fährt die EU gegen die Wand”
P.S. Zur allgemeinen Führungskrise gesellt sich nun auch noch ein Hahnenkampf zwischen UK und Frankreich. Die Möchtern-Premierministerin Liz Truss behauptet, es sei nicht klar, ob Frankreich ein “Freund oder ein Feind” sei. Macron erwidert, dies sei ein “ernstes Problem”. Klar ist, dass Truss zu den Falken gehört – sie will offenbar sogar noch Selenskyjs Liebling Johnson überbieten…
sanne
2. September 2022 @ 23:23
gerade zu lesen, dass die eu völlig lost ist: danke, denn offensichtlich brauche ich einen Schubser um zu Überdenken. Wir hatten Frieden um eine lange Zeit. Wir haben eine Form nach der EWG, welche sich um Macht ohne Wählerwillen generiert. Da liegt unser Problem um Teilhabe im demokratischen Prozess. Die politische eu als Sprachrohr ist nicht des Wählers Willen. Die EWG schon.
Andreas
29. August 2022 @ 21:40
Warum sollten diese Leute, ob in Brüssel, Paris oder Berlin, ein Problem oder Probleme lösen, die sie gar nicht lösen wollen? Das sind keine Fehler oder Dummheiten, die haben das genauso initiiert wie der Great Reset das vorgibt. Man muss sich endlich von der Vorstellung verabschieden, dass da nur unfähige Idioten sitzen, die nicht wissen was sie tun. Die wissen das sehr wohl und alle diese Krisen sind vorsätzlich verursacht worden!
Die „Krisen“, die uns verkauft werden, führen IMMER zu einer Zentralisierung von Macht und zu einer gigantischen Umverteilung von unten nach oben. Das ist kein Zufall, das ist gewollt!
Red Rabbit
29. August 2022 @ 08:12
Alles klar, EUropa wird jeden Tag mehr zum „Griechenland der Welt“ (David Engels); voller prachtvoller Kulturdenkmale, aber zerstritten, abhängig, chaotisch und irgendwie goldig weltfremd. Und verschuldet. Nun denn, willkommen, chinesische Touristen (falls die USA nichts dagegen haben)! Ihr seid unsere Zukunft!
european
27. August 2022 @ 12:07
Dazu passend ist diese Diskussion mit Matthias Bröcker, Dirk Pohlmann und Walter van Rossum. Ich hoffe, der Link funktioniert. Der Titel des Gesprächs ist wie folgt (für den Fall, dass der Link nicht geht)
“RUBIKON: Im Gespräch: „Europas Selbstmord“ (Mathias Bröckers, Dirk Pohlmann und Walter van Rossum)”
https://youtu.be/67Ogjz8hTU0
KK
27. August 2022 @ 02:48
„Kommissionschefin von der Leyen ist im Dauerclinch mit Ratspräsident Michel, zudem läuft sie sich für ihre Wiederwahl 2024 warm – mit “populären” Themen wie der Ukraine.“
Alles, nur das nicht!
Und überhaupt: Wiederwahl? Wieso Wiederwahl? Wer hat die vdL denn schon einmal gewählt, so dass man von einer WIEDERwahl sprechen könnte?
Sie wurde von Macron, Merkel, Orban und Kaczinski inthronisiert, nichts anderes!
ebo
27. August 2022 @ 09:21
Stimmt, sie stand 2019 nicht zur Wahl. Allerdings wurde sie vom Europaparlament bestätigt (ein großer Fehler). Auf jeden Fall will sie weiter machen und “wieder” so tun, als verkörpere sie “Europa”
KK
27. August 2022 @ 17:01
Immerhin trägt sie auf dem Kopf die Frisur gewordene “Festung Europa” – Brüssel, 5 nach 12: Die Frisur sitzt! (die Älteren werden sich erinnern…)
Sören Haber
27. August 2022 @ 21:27
„vom Europaparlament bestätigt (ein großer Fehler)“
Das Dumme ist, dass das ebenso Pseudo-Demokratische Alibi-EU-Parlament da keine Gestaltungs- oder Alternativmöglichkeit hat.
Kleopatra
29. August 2022 @ 09:10
von der Leyen wurde auf die Art zur Kommissionspräsidentin bestellt, die in den Verträgen vorgesehen ist (Nominierung durch die Regierungschefs, Bestätigung durch das EP). Insofern ist dagegen nichts einzuwenden. Das “Spitzenkandidaten”-Prinzip ist eine Erfindung einiger Europaparlamentarier, das sich stark an deutschen und amerikanischen Vorbildern (Kandidatenduell) orientiert und außerhalb Deutschlands bzw. des EP nicht sehr ernst genommen wird. Im übrigen steht es im Gegensatz zu dem ausdrücklich festgelegten Grundsatz (Direktwahlakt), dass das EP nach dem Verhältniswahlrecht gewählt wird. Verhältniswahl schließt die Vorstellung, dass nur der “Spitzenkandidat” der stärksten Einzelpartei Regierungschef werden darf, gedanklich aus.
ebo
29. August 2022 @ 09:32
Ja, formalrechtlich war alles okay. In der Substanz hingegen war diese Europawahl keine Wahl, denn von der Leyen hat sich den Wählern nicht gestellt. Sie verfügt damit über keine politische Legitimität, die sich aus Wahlen speist, sondern muß sich ganz auf den Rat stützen. Deshalb auch ihre Rücksichtnahme auf Polen und Ungarn – von der Leyen ist für eine Wiederwahl auf Morawiecki und Orban angewiesen…
Ute Plass
26. August 2022 @ 13:09
Auch wenn solche Petitionen selten etwas bewirken……
Forderung nach entmilitarisierter Zone unter UN-Aufsicht!
https://secure.avaaz.org/campaign/de/un_ban_attacks_loc/
european
26. August 2022 @ 12:21
Ich denke, es wird krachen, wenn Italien im September eine rechtslastige Regierung bekommen wird. Salvini hat sich schon zu Wort gemeldet und ein Review der Wirksamkeit der Sanktionen gegen Russland gefordert.
https://www.ansa.it/english/newswire/english_service/2022/08/23/eu-should-think-about-russia-sanctions-says-salvini_9090fd6b-3215-4be2-89c8-b01cd454cdea.html
Noch sagen sie, dass ein Regierungswechsel keine Veraenderung bezueglich der Ukrainepolitik bringen wird. Umfragen haben aber gezeigt, dass die italienische Bevoelkerung absolut nicht zufrieden ist mit der Russland/Ukrainepolitik. In der Peace vs Justice Erhebung des European Council on Foreign Relations fuehrt Italien die Peace-Fraktion in Europa an.
https://www.euronews.com/my-europe/2022/06/16/europeans-divided-over-how-ukraine-war-should-play-out-reveals-poll
Was die EU-Granden anbetrifft wurde bereits alles gesagt. Das Bild, das sich da bietet, ist ein Bild des Jammers. Null Fuehrungsqualitaeten gepaart mit voelliger Selbstueberschaetzung und narzistischer Veranlagung. Ich fuerchte, dass die alle wiedergewaehlt werden. Ich wuesste aktuell auch keine herausragenden Persoenlichkeiten mit Leadershipqualitaeten in der europaeischen Politik zu benennen.
Armin Christ
26. August 2022 @ 08:47
Richtig ist, daß aus dieser EU keine Perspektive mehr kommt. “Die Ukraine” ist Hauptthema und es zwingst sich der Eindruck auf, daß Selenzky (eher seine Hintermenschen) der Bestimmer der EU-Politik ist.
Aber was wollen wir von den Ganzen Pentagonvasallen denn erwarten ?
Holly01
26. August 2022 @ 08:00
“Kopflos” ist schwer zu sagen. Man kann ja persönliche Erfahrungen nicht pauschalieren, aber es zeigt doch irgendwie auch ein Bild.
Ich hatte innert der Woche drei interessante Gespräche.
Eins mit einem PV-Anlagen Bauer und eins mit meiner Hausbank (wir haben selbst genutzte Immobilie).
Hausbank sagt ganz klar, die Vorgaben haben sich seit Nov. 2021 komplett geändert (da haben wir unsere Gasheizung komplett erneuert und Geld war gar kein Problem).
Die Hausbank hat an Neugeschäft kein Interesse. Die Vorgaben sind auch so, das da sehr sehr viele Sicherheiten eingebaut wurden. Einzeln erwähnt wurden: Inflationsvorbehalt bei Lebenshaltung und Energie, Bewertungsreserve für starke Schwankungen der Immobilienpreise und stark erhöhte Vorsorgepauschalen.
Also:
Wer nicht auf massig Bargeld sitzt, wird große Probleme haben zu investieren.
Wer ein Haus kaufen möchte wird massig Probleme haben das zu finanzieren und entsprechend dem aktualisierten Baurecht zu sanieren.
Wer bei den steigenden Kosten Probleme bekommt und eine Immobilie verkaufen muss, wird auf einen sehr sehr schwierigen Markt mit tendenziell stark nachgebenden Immobilienpreisen treffen.
Das ist alles politisch so herbeigeführt. Nichts davon ist höhere Gewalt. Das ist alles kalte Enteignung in der Masse und knall harte Umverteilung.
Zweites Gespräch mit dem PV-Anlagen Bauer:
Als lokaler Anbieter hat der Vorlaufzeiten von 12 Monaten. So eine kleine 10 KWp Anlage auf Flachdach kann er mit Speicher innert 12-14 Wochen dazwischen schieben. Nein er berechnet gar nichts mehr, er stellt eine Standardanlage auf und gut.
Voraussetzungen ein abgelehnter Bauantrag mit dem Hinweis das ein Bauantrag für das Vorhaben nicht notwendig ist. Ein formloses Schreiben von einem Architekten das die Traglast vom Dach eine PV Anlage ohne Probleme hergibt. Eine ausgedruckte Bestätigung vom Hersteller des Dämmmaterials das eine PV Anlage keine Schäden verursacht und der Untergrund aus Dämmmaterial trägt. Dafür bekomme ich eine PV Anlage und eine Bescheinigung für die Versicherung (Gebäudeversicherung) das das alles ok ist. Es sind also massig Hände die sich da bewegen (meist mit Hand aufhalten).
Jetzt kommt das was ich “erstaunlich” fand, ich bin Elektrotechniker, habe von PV aber kaum Kenntnisse.
Aussagen:
Die PV Anlage bekommt ihre Steuerung aus dem Netz, also vom Versorger. Bei Stromausfall ist die PV Anlage tot. Einen Wechselrichter der die PV Anlage auch am laufen hält, wenn das Netz vom Versorger fehlt, kann er erst ab Mitte Oktober anbieten (wenn dann geliefert wird).
Der Speicher ist Ladezyklus optimiert und auf maximale Einspeisung eingestellt, um die Amortisierung der zu optimieren. Der lädt aus der PV und speist dann ins Netz ein oder deckt meinen Verbrauch ab, wie es eben gerade auskommt. Es kann auch sein das mein Versorger den Speicher lädt, mit “Null”-Kosten und ich erhalte dann die Einspeisung.
Nein eine Reserve, um bei Ausfall des Versorgernetzes meinen Haushalt weiter betreiben zu können ist NICHT vorgesehen. Das wäre auch Unsinn, denn dann würde der Speicher ja nicht effizient genutzt und ganz schnell kaputt gehen, weil der ständig Teilladungen bekäme.
Nein der Gesamtpreis schlüsselfertig von 28k € ist nicht fix, das sind Tagespreise. Es bekommt heute Ware, die er vor 12 Monaten bestellt hat und muss auch die Inflation zuschießen.
Ja einen Kostenvoranschlag für die Bank kann ich bekommen. Aber nur 14 Tage vor Projektstart, wenn Termin und Verfügbarkeit von material bestätigt werden können.
Ja so ein Projekt kann auch mal 4-6 Wochen dauern, weil Großanlagen vorgehen und es eben auch außerplanmäßige Reparaturen geben kann. Das mit dem Kostenvoranschlag geht sich dann “MEIST” trotzdem irgendwie aus.
Ausrufezeichen: 1/3 Vorauszahlung, 1/3 bei Projektmitte und 1/3 nach Projektende innert 14 Tage.
Also die 200GW Speicher die Deutschland braucht, bauen die Privatleute dezentral.
Die Banken stehen längst auf Krise.
Den Immobilienmarkt erwarte ich innert der nächsten 6 Monate als schwierig.
Eine Menge Hausbesitzer werden sich wundern, wenn die Banken Ihnen schreiben das sie Kapital oder Sicherheiten nachlegen müssen, weil die Gebäude und Grundstückswerte sinken bzw. dann gesunken sind.
Der Druck auf den Markt mit Mietwohnungen wird noch massiv zunehmen.
Ich finde das weder kopflos, noch tatenlos.
Das wird nur in der Presse nicht besprochen.
Das Gasversorger ihren Kunden die vor 12-14 Monaten noch 7-8 Cent pro KW Gas abgenommen haben, jetzt zusätzlich zu den 2,88 Cent pro KW Gas Gasumlage gute 24-26 Cent pro KW Gas abverlangen für das neue Rechnungsjahr, hört man ja auch eher selten.
Wir kommen für dieses Jahr nur mit einem blauen Auge weg, weil die neue Heizung den Verbrauch gegenüber dem Vorjahr halbiert hat und wir die Vorauszahlung von vorher 160€/mon. auf 260€/mon. (von uns aus, also auf eigenen Wunsch) im Voraus angehoben haben.
Wer also nicht die 2000€ zu Hause liegen hat, die gerne von der Politik aufgerufen werden, könnte Probleme bekommen.
Gut das sich die meisten Haushalte während Corona finanziell so gut saniert haben.