Verbalattacken und Militäraktionen: So will Polen die EU in den Krieg ziehen
Nach außen gibt sich die EU im Ukraine-Krieg geschlossen. Doch der Schein täuscht. Nicht nur Ungarn schert immer wieder aus. Auch Polen sorgt für Unfrieden – und schießt gezielt gegen Deutschland und Frankreich.
Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki hat Deutschland und Frankreich in einem Artikel für “Le Monde” vorgeworfen, die EU wie eine „De-facto-Oligarchie“ zu führen.
Auf dem Papier seien zwar alle Mitgliedsstaaten gleich, aber „die politische Praxis zeigt, dass die deutsche und die französische Stimme ein vorrangiges Gewicht haben“.
Warnungen aus Polen zur russischen Expansionspolitik seien überhört worden. Der Konflikt in der Ukraine habe „die Wahrheit über Europa enthüllt“, so Morawiecki.
Wir haben es mit einer formalen Demokratie und einer ‚De-facto-Oligarchie‘ zu tun, innerhalb derer die Macht von den Stärksten ausgeübt wird.
Morawiecki
Das ist nicht nur hart, sondern auch perfide. Man kann Deutschland und Frankreich zwar vieles vorwerfen – etwa, dass sie zu weich gegen Russland auftreten und in der EU die Richtung vorgeben wollen.
Doch von einer “de-facto-Oligarchie” zu reden, ist eine Kriegserklärung. Damit stellt Morawiecki die deutschen und französischen Politiker auf eine Stufe mit Zar Putin und den russischen Oligarchen.
Soll man Kanzler Scholz und Präsident Macron etwa mit Sanktionen überziehen? Sind sie schuld, wenn der Krieg in der Ukraine schief geht? Wird Polen am Ende über andere EU-Staaten richten?
Wohl kaum. Morawicki schießt weit übers Ziel hinaus – offenbar, weil er es nicht schafft, Scholz und Macron auf den polnischen Kriegskurs einzuschwören. Dabei ist dieser Kurs brandgefährlich.
Polen will nicht nur eine Flugverbotszone in der Ukraine, sondern auch eine Nato-“Friedensmission”. Beides würde die EU und die Nato in den Krieg ziehen – sogar die USA sind strikt dagegen.
Doch die nationalistische Regierung Warschau lässt nicht locker. Sie weitet ihr Engagement im Alleingang aus, polnische Ausbilder und Soldaten sollen schon in Kiew sein, irgendwann könnten Kampfjets folgen…
Mehr zu Polen hier
P.S. Der Zentralbankchef behauptet, Deutschland wolle Gebietsansprüche auf polnisches Territorium erheben. Diese abstruse Behauptung ist offenbar Teil des Wahlkampfs gegen den liberalen ehemaligen EU-Ratspräsidenten D. Tusk…
KK
18. August 2022 @ 14:46
Ich hatte schon bei Beginn der Osterweiterung von EU (und vor allem der eigentlich obsolet gewordenen NATO) befürchtet, dass das alles zu schnell ginge und die Staaten dort sich erst einmal selbst finden müssten.
Genau das ist der Punkt: Während diese das Geld aus Brüssel gerne einsacken, also ihre Rechte wahrnehmen, halten sie es umgekehrt mit den Pflichten nicht so genau. Solidarität kennt dort grundsätzlich nur eine Richtung. Nationalistisches Gebaren ist bei den meissten dieser Staaten eher die Regel als die Ausnahme, was ja eigentlich die EU mehr und mehr auflösen sollte. Der Geist des Lissabonvertrag atmet eigentlich das genaue Gegenteil von Nationalismus. Das grösste Problem dabei ist, dass man die ärgsten Quertreiber nicht mit einer qualifizierten Mehrheit vor die Tür setzen kann. Aber selbst wenn mans könnte, man will ja gar nicht – selbst der Entzug von Geldern, der ja möglich wäre, wird ja nicht konsequent durchgezogen.
Jetzt haben wir den Salat: Die EU, die ich bis vor einigen Jahren noch eigentlich eine richtig gute Idee fand, ist nicht mehr das, was sie einst zu sein versprach. Von mir aus kann die jetzige EU eingestampft und dann ggf. durch etwas besseres, demokratischeres und ja – weniger wirtschafts-, sondern mehr bürgerorientiertes – durch eine Neugründung angegangen werden. Mit einer Verfassung, die den Namen verdient, und in allen Artikeln für jeden jederzeit einsehbar ist (die Mehrzahl der Artikel des Lissabon-Vertrages sind im Internet nicht aufzufinden, allenfalls ihre Kapitelüberschriften in einer Art Inhaltsangabe habe ich finden können).
Statt dessen aber sehe ich uns mehr und mehr in einen europäischen Krieg hineinschlittern, den die EU durch ihre blosse Existenz ja eigentlich verhhindern sollte. Daher fordere ich als erste Massnahme die Rückgabe des Friedensnobelpreises, wenn nicht endlich Massnahmen gegen eine weitere Eskalation unternommen werden sollten. Es wird bereits genug gelogen und geheuchelt, macht Euch endlich mal ehrlich!
Kleopatra
29. August 2022 @ 07:06
Ihre Forderung nach einer „Verfassung, die den Namen verdient, und in allen Artikeln für jeden jederzeit einsehbar ist“ ist längst erfüllt. Das gesamte EU-Recht, selbstverständlich einschließlich aller Verträge, ist über den Server eur-lex.europa.eu einsehbar. Der Lissabon-Vertrag selbst bringt Ihnen allerdings nichts, weil er nur die Änderungen gegenüber den bisher geltenden Vertragsfassungen enthält. Außerdem muss man bedenken, dass im Recht der Gesetzestext immer nur „die halbe Miete“ ist und dass auch dazugehört, wie bestimmte Dinge interpretiert werden (Rechtsprechung) und was die Fachliteratur dazu sagt. Freilich aus Laiensicht extrem unübersichtlich, nicht umsonst werden über das EU-Recht und die EU-Politik nicht nur ganze Bücher, sondern ganze Bibliotheken geschrieben.
Zum Thema Nationalismus muss kurz festgestellt werden, dass die grundsätzliche Ablehnung eines Nationalbewusstseins wie in Deutschland in europa eine Anomalie darstellt. Die Regel ist, dass man auf sein Land stolz ist und auch die Vertretung nationaler Interessen für normal und legitim hält. Und letzteres ist übrigens auch die ständige Rede deutscher Politiker: bei denen liegt alles immer im „deutschen Interesse“ und nur sehr selten in dem der EU. Wer für Frieden zwischen den Völkern eintreten will, kann das nicht auf die nicht existenten nichtnationalistischen Völker beschränken, sondern muss einen Weg suchen, Nationalgefühl und nationale Interessen vereinbar zu machen.
Der Krieg wurde von Russland von langer Hand vorbereitet und einseitig begonnen, und dass die Ukraine sich entschieden wehrt, ist nicht mehr als ihr gutes Recht.
austro
18. August 2022 @ 13:11
jetzt glaubt sich polen bestätigt fühlen zu müssen. tatsache ist, dass sowohl polen, wie auch die baltischen staaten (dies ob ihrer erbärmlichen minderheitenpolitik) seit eu- und natobeitritt heftigst gegen russland gehetzt haben, niemals einen weg der zusammenarbeit gesucht haben……
Arthur Dent
18. August 2022 @ 09:20
Polen ist seit 2004 in der EU, hat aber immer noch nicht den Euro eingeführt (ist eigentlich eine Verpflichtung für alle EU-Länder) und denkt gar nicht daran. Polen ist der größte Nettoempfänger der EU. Polen stellt sich quer in der Migrationspolitik, hat eine umstrittene Justizreform durchgeführt, hat Defizite in seiner Rechtsstaatlichkeit. Für Polen ist nur der gemeinsame Markt interessant, aus dem es den Honig saugen will. Im Grunde passt Polen überhaupt nicht zur EU, teilt nicht die europäischen Werte. Ein Polexit wäre ein Segen.
Burkhart Braunbehrens
18. August 2022 @ 11:11
Da tut man der Hälfte der Bevölkerung in Polen sicher unrecht. Polen gehört zur EU solange sich diese als Repräsentant von Europa denkt. Deshalb gehört auch die Ukraine dazu. Ein Polexit wäre sicher kein Segen, aber ein entschiedeneres Auftreten gegen all diese Regelverletzer, in erster Linie Ungarn, wäre notwendig. Die EU verspielt regelmäßig das Pathos Europa, und macht die europäischen Werte zu einem billigen Fähnchen.
Arthur Dent
18. August 2022 @ 14:16
Die polnische Bevölkerung ist nicht das Problem (mein bereits verstorbener Vater ist 1937 noch im damaligen Oppeln zur Welt gekommen) – Probleme bereiten zumeist die politischen Führungen.
Burkhart Braunbehrens
18. August 2022 @ 08:50
Wozu die Aufregung über diesen Nebenschauplatz. Deutschland hat schwere Waffen für die Ukraine schon lange beschlossen und liefert nicht. Und dass die Kommission vor allem möglichst globale Wirtschaftsinteressen zu ihrer Leitschnur macht, kann man schlecht übersehen. Dass Deutschland und Frankreich dabei als wirtschaftsmächtigste Nationen den Ton angeben, auch nicht. Polen hat sicher nicht das Sagen und auch nicht Macht und Einfluss, grundsätzlich die Politik der EU zu ändern,.
Holly01
18. August 2022 @ 08:01
Das polnische Interesse war und ist ein völlig anderes als der Rest EU.
Polen hat nach dem WK II im Osten große Gebiete verloren.
Man hat Polen (also die Alliierten) ehemalige deutsche Gebiete gegeben, die lagen aber im Westen.
Den Polen hat man gesagt, sie sollen ihre alten Gebiete verlassen und in die neuen Gebiete abwandern.
Folgen waren unsägliches Leid aus Vertreibung, Willkür und massiven Ungerechtigkeiten.
Polen hat das nie völkerrechtlich anerkannt.
Genau wie Deutschland IMMER betont hat, das die Teilung Unrecht sei.
Polen hat diese Visegrad Geschichte mitgetragen. Da ist (natürlich) viel Hass dabei. Primär gegen Russland, aber auch gegen Deutschland (was teilweise auch einer Angst entspringt, das Deutschland früher oder später seine alten Gebiete zurück verlangt).
Polen WILL seine alten Gebiete zurück.
Die ganzen US Beilagen, mit dem intermare Quark, also dem Riegel von der Ostsee bis zum schwarzen Meer, was ja eine Blockade zwischen China und der EU garantieren soll, das ist nur Beiwerk.
Ganz klar: Polen wird eine Niederlage der Ukraine nicht akzeptieren.
Polen hat (weil es sonst keine Quellen gab und die USA das nicht liefern wollten) 2000 recht aktuelle Kampfpanzer und 800 Haubitzen in Korea gekauft.
Die vergrößern ihre Armee gerade von 200.000 auf 400.000 Mann.
Die wollen keinen Frieden, die wollen Russland verdrängen.
Übrigens auch verdrängen aus den Gebieten rund um Litauen. Das ist auch altes baltisch/polnisches Gebiet und das zieht sich auch nach Weissrussland rein.
Die USA haben da etwas angerührt, das die nicht mehr unter Kontrolle haben.
Ansonsten meint Morawiecki so etwas:
(kopiert von fefe, aus einem Leserbrief dort eingegangen ” https://blog.fefe.de/ ”
Zitat:
“Ein Leser hat eine Theorie zu Nord Stream 2:
ein wichtiger Faktor, den man praktisch überhaupt nicht in der deutschen Presse erwähnt, ist das sogenannte “Drittes Energiepaket”. Das ist eine Sammlung an Gesetzen, den europäischen Energiemarkt betreffend, 2009 verabschiedet. Die hälfte der EU Länder hat sich da jahrelang quergestellt weil nachteilig und wurden mühsam gegen ~2018 endlich alle von Brüssel reingezwungen. Aber das nur so als Kontext.
Die 3 wichtigsten (mMn) Punkte sind:
Inhaber der Energiemittel, Inhaber der Hubs und Inhaber der Logistik müssen 3 verschiedene Parteien sein, also keine 2 oder gar 3 dieser Teile in der selben Hand sein
kein Rohr darf zu 100% von demselben Inhaber der Energiemittel benutzt werden (maximal 50%)
Preisgestaltung geschieht (nahezu) ohne Ölpreisbindung und stattdessen (dank Polen in Stockholm 2020) fast komplett durch die Preise am Spotmarkt
Nun kommen wir zum Clou:
NS1 wurde vor 2009 gebaut und daher wirds vom Dritten Energiepaket nicht betroffen. Es kann also zu 100% (55 Milliarden Kubikmeter Jahresdurchsatz) genutzt werden zum günstigen Preis, der den Spotmarkt quasi ignoriert.
NS2 hingegen (selbe Bauweise wie NS1) dürfte von vornherein nur zu 50% vom Russen gebüllt werden und das auch noch zum Spotmarktgebundem Preis, also sauteuer.
Was selten erwähnt wird, aber ausschlaggebend ist, ist dass Deutschland BILLIGES GAS aus Russland braucht und nicht einfach nur GAS aus Russland. Wir haben 5 Rohre aus Russland in die EU (NS1, NS2, Jamal, Ukraine und Turkstream) aber thematisiert wird NUR NS1. Kannst dir jetzt evtl denken, wieso das so ist. Dass die anderen Rohre (also alle ausser NS1 und NS2) auch noch Transitgebühren erzeugen, erwähne ich auch nochmal dazu.
Ach, noch was: NS1 nutzt Deutschland wie folgt:
etwa ein drittel wird läuft über fixen Vetrag mit “take or pay”. Das ist quasi den deutsche Bedarf. die restlichen 2 drittel werden je nach Bedarf nachgekauft und dann teurer an andere Länder verkauft. Aktuell , wenn ich mich nicht irre, liefert Russland NUR die Vertragsmenge und die optionalen Mengen sind wegen der Turbine nicht buchbar. Somit erfüllt Russland einerseits den Vertrag, ermöglicht aber gleichzeitig nicht, dass Deutschland sich mit Zusatzmengenverkauf dumm und dämlich verdient. Ich schreibe “Deutschland” usw, aber es sind eigentlich private Firmen, wenn mans streng nimmt. Geht halt Hand in Hand, siehe Uniper.
Mit anderen Worten: Das Gas, das wir jetzt alle sparen sollen, das ist nicht für unseren Bedarf im Winter sondern für die Profite von Uniper+co, die das dann zu Spotmarktpreisen weiterverhökern.”
Ja Polen kauft sein Gas in Deutschland. Weil das so aufgeteilt ist. Deutschland macht da riesen Gewinne. Nun ist das geplatzt und Uniper als “Speerspitze” hat da das kurze Holz gezogen mit seinen Termingeschäften.
Deutschland hat das kurze Holz gezogen mit seinen Energieversorgung, weil das backup aus Atomenergie aus Frankreich nicht einspringen kann.
Das sind gigantische Geschäfte, mit gigantischen Gewinnen und hoher US Beteiligung auf allen Ebenen.
Polen bekommt eine Durchleitungsgebühr, also quasi nix, das geht im Zwischenhandel alles wieder drauf.
Also Polen ist eine Mittelmacht wie Frankreich und Deutschland sieht sich aber unfair ausgebremst und versucht nun alles seine “den Polen zustehende führende Rolle in Europa” einzunehmen.
Dafür wollen die auch Atomwaffen. Die USA bieten die Beteiligung, wie sie Deutschland auch hat. Aber die USA stationiert auch 50.000 deutsche Soldaten im Baltikum.
Für Polen sind deutsche im Baltikum nichts anderes als Russen in Weissrussland: eine zweite Front.
Die PiS ist da völlig eindeutig: Ohne Kontrolle über die Westukraine und Zugang zum schwarzen Meer kein Frieden in der Ukraine.
Das ist auch nicht nur die PiS, das zieht sich durch alle polnischen Parteien und ich glaub nicht, das es in Polen auch nur einen Politiker gibt der da etwas anderes vertritt und nicht direkt aus allen Ämtern fliegt.
Polen WILL seine Situation geklärt haben und hat dabei die Hilfe der Balten.
Wo ist eigentlich die EU Initiative für einen Friedensvertrag zum WK II?
Wäre jetzt eine Option oder?
austro
18. August 2022 @ 13:16
klar das ist das “unbandling” der eu. ist bei der eisenbahn auch so, auch bei stromlieferanten, da dürfen produzent und fahrdienst bei der bahn nicht in der gleichen hand sein, wie die infrastruktur……..es muss ein jeder die infrastruktur benützen können, wenn dieser ein produkt jeglicher art anbietet.