Blick zurück: Der verdrängte Kleinkrieg vor dem Krieg
Der Krieg in der Ukraine hat eine lange Vorgeschichte. Die Wurzeln werden meist in Georgien oder auf der Krim gesucht – dabei gab es auch im Westen einen Kleinkrieg vor dem Krieg. Dahinter stehen antagonistische Interessen zwischen den USA und Deutschland bzw. Frankreich. Doch das wird gern verdrängt.
Dieser Kleinkrieg tobte innerhalb der EU sowie zwischen Europa und den USA – und er spielte auf drei Ebenen: der Energiepolitik, der Ukraine-Politik (Minsk) sowie der Nato. Die Interessen prallten dabei ungewöhnlich heftig aufeinander:
- Energiepolitik: Schon Jahre vor dem Ukrainekrieg tobte der Streit um die deutsch-russische Ostseepipeline Nordstream 2. Die USA unter Ex-Präsident Trump scheuten nicht davor zurück, Sanktionen gegen deutsche und europäische Unternehmen zu verhängen, die an NS2 beteiligt waren. Umgekehrt trieb Deutschland die umstrittene Pipeline voran, auch gegen Bedenken aus Paris und Brüssel. Gleichzeitig finanzierten Deutschland, Frankreich und Italien neue fossile Energieprojekte in Russland, wie „Bloomberg“ berichtet. Es war ein geopolitischer Kleinkrieg vor dem Krieg!
- Ukraine-Politik: Nach dem Verlust der Krim 2014 entwickelte sich eine zweite, brandgefährliche Front zwischen den westlichen Alliierten. Es ging um die Frage, wie die Krise zu lösen und ein Krieg zu vermeiden sei. Deutschland und Frankreich setzen auf die Abkommen von Minsk, die eine friedliche Lösung ermöglichen sollten. Die USA unterstützten diesen Ansatz verbal, setzten gleichzeitig aber auf die Aufrüstung der Ukraine und auf die Wiedereroberung der von Russland okkupierten Gebiete. Damit unterstützten sie auch die Hardliner in Kiew – und schwächten Berlin und Paris!
- Nato: Im Atlantischen Bündnis hat der Kleinkrieg um die Ukraine schon 2008 begonnen, als US-Präsident Bush quasi im Alleingang den Nato-Beitritt durchboxen wollte. Offiziell wurde dieser Konflikt zwar mit einem gesichtswahrenden Kompromiß gelöst. De facto taten die USA und das UK jedoch alles, um die Ukraine militärisch ins Bündnis zu integrieren. Bei mehreren Großmanövern 2021 zeigte sich dann, dass das Land de facto schon Nato-Mitglied geworden war, wie der US-Politologe Mearsheimer feststellte. Dennoch behauptete Kanzler Scholz, der Beitritt sei noch Jahre entfernt…
„Die nächsten 30 Jahre steht das nicht an“, soll Scholz kurz vor Beginn des Krieges zu Präsident Putin gesagt haben. Doch der russische Zar wollte diesen Beteuerungen nicht glauben.
Angesichts der Vorgeschichte ist dies kaum verwunderlich. Vor allem die USA haben alles getan, um die deutsche, mit Frankreich abgestimmte Russland-Politik zu hintertreiben und die Ukraine auf den Krieg vorzubereiten.
Warum haben sich Berlin und Paris nicht gewehrt? Wieso wurde die Gefahr übersehen, die der transatlantische Kleinkrieg für den Frieden in Europa herauf beschwörte? Warum hat sich die „geopolitische“ EU-Kommission aus diesem Konflikt herausgehalten?
In der Vorgeschichte des Ukraine-Krieges gibt es noch viel aufzuarbeiten. Leider wird dies durch die Doktrin der „Zeitenwende“ erschwert. Diese insinuiert, dass „nachher“ nichts mehr so wäre wie „vorher – und kleistert die massiven Interessen-Gegensätze zu…
Mehr zum Krieg in der Ukraine hier
P.S. Der polnische Präsident Andrzej Duda hat eine Beseitigung der brachliegenden Ostsee-Gaspipeline Nord Stream 2 gefordert. Wegen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine könne es im Verhältnis zu Moskau keine Rückkehr zur Normalität geben, sagte Duda bei Beratungen der sogenannten Krim-Plattform. Deshalb sei eine andere Politik des Westens nötig, „die nicht nur dazu führt, Nord Stream 2 zu stoppen, sondern Nord Stream 2 zu beseitigen“. – Wie wäre es mit ein paar Nato-Bomben, vielleicht auch gegen das „schuldige“ Deutschland?
Stefan
24. August 2022 @ 19:29
Danke für die längst notwendige und korrekte Darstellung!
Präsident Putin als Zar zu titulieren lassen wir einfach mal durchgehen, denn es schützt vor der Gegnernalyse durch LibMod (Familien-Ministerium). Zitat:
„In kurzen monatlichen Monitorings nehmen unsere Autorinnen eine wechselnde Auswahl von „alternativen“ Medien, ihren Themen und Argumentationen in den Blick.
Jedes Monitoring hat eine in den „alternativen“ Medien verbreitete Behauptung zum Thema, das kritisch eingeordnet und untersucht wird. So versuchen wir, problematische Argumentationen und Themen offenzulegen, die bei vielen LeserInnen verfangen.“
So weit sind wir nämlich schon!
KK
24. August 2022 @ 21:03
Wir sind schon weiter: Auf tagesschau.de hat vergangene Woche schon ein WDR-Journalist Haftstrafen für Journalisten gefordert, die auf RT „Fake-News“ und „russische Propaganda“ verbreiten würden. Wie die Journalisten, die für die ARD und die Tageschau Fake-News und NATO- oder Ukraine-Propaganda verbreiten, behandelt werden sollten, wurde allerdings nicht mal angerissen.
Alexander
24. August 2022 @ 21:52
@KK: Wir sind sogar schon noch weiter! Einer deutsch-russischen Journalistin droht eine Anklage, weil ihre Meinung nicht NATO-kompatibel ist! Sie betrachtet nämlich zum Beispiel das Vorrücken der russischen Armee im Donbass als Befreiung.
Im Gegensatz dazu schreibt SZ-Kornelius heute über wertewestliche Waffenlieferungen unter der Überschrift „Nachschub für den Frieden“. *So* geht juristisch einwandfreier Journalismus! Muss man wissen!
PS: Das mit dem „Zaren“ finde ich auf Dauer doch ein wenig ermüdend. Eine gut recherchierte Darstellung, an welchen Stellen Putin womöglich die russische Verfassung dehnt, würde ich hingegen mit Interesse lesen!
Armin Christ
24. August 2022 @ 19:16
Erstens: es war garnicht der Trump der D und die EU mit sanktionen bedrohte, es war schon der allerhöchstscheinheilige Obama; der ist auch Erfinder des 2% Ziels. Von Killary Clinton und iher neokonservativen Entourage wird auch nicht gesprochen.
Zweitens: es ist ein Krieg Russlands gegen die Ukraine, und diesen Krieg zu personalisieren sowie Wladimir Wladimirowithsch mit Titel zu versehen ist nicht zielsuchend für die Ursachen und das Ende dieses Krieges.
Dittens: Wo ist die Mutige Presse, die „unsere“ Regierung als US-Vasallen respektive Kapitulanten entlarft. Agenten einer fremden Macht !
marianne brull
24. August 2022 @ 15:22
Dann kann man aber auch sagen Macron nimmt sich fuer den Roi Soleil M.A.n. ist aber Putin,zusammen mit Ji Ping einer der wenigen Staatsmaenner in der Gschicht: sie bewahren Ruhe und trinken Tee. Immer von Putins Krieg zu reden scheint mir unpolitisch.
KK
24. August 2022 @ 01:57
„Wie wäre es mit ein paar Nato-Bomben, vielleicht auch gegen das “schuldige” Deutschland?“
Die hatte doch Biden schon unterschwellig auf der PK anlässlich des Scholz-Besuchs in DC Anfang des Jahres auf die Frage eines Journalisten, ob denn NS2 in Betrieb gehe, unterschwellig angedroht, indem er antwortete: NS2 werde „niemals in Betrieb gehen“, worauf er „sich verlassen“ könne!
Das Sauertopf-Gesicht von Scholz zeigte deutlich, dass er Bidens Antwort genau so verstanden haben musste wie ich damals…
Georg Soltau
24. August 2022 @ 14:12
Hallo ebo, vielen Dank für diesen weiteren Informativen Beitrag. Es würde m. E. aber sehr zur Sachlichkeit beitragen Herrn Putin nicht immer als „Zar“ zu bezeichnen, der er nicht ist !!
en Präsident der Russischen Föderation nicht immer wieder als Zar zu bezei
ebo
24. August 2022 @ 14:25
Er benimmt sich aber wie ein Zar und nennt Peter den Großen sein Vorbild…
Georg Soltau
24. August 2022 @ 20:03
Sorry, diese Antwort finde ich enttäuschend, das sind m. E. keine Gründe die andauernd diesen „Titel“ rechtfertigen
ebo
24. August 2022 @ 20:29
Sorry, aber Putins Machtanmaßung ist doch offensichtlich – genau wie die von Sultan Erdogan.
Den Sonnenkönig Macron haben wir uns übrigens auch schon vorgenommen: https://lostineu.eu/non-frankreich-wird-nicht-unregierbar/
Und Königin Merkel hatten wir auch schon mal: https://lostineu.eu/koenigliche-kungelrunde-mit-merkel/
Georg Soltau
25. August 2022 @ 19:38
aha, ach so, deshalb, na dann, ….. man weiter so.