“Zu Europa gab es nichts”
Nach und nach werden Details der gescheiterten Koalitionsvereinbarung (pardon: “Sondierung”) aus “Jamaika” bekannt. Unter Leitung von Kanzlerin Merkel wurde die Zukunft komplett verplant – nur zur EU fiel den Verhandlern nichts ein.
“Zu Europa gab es nichts”, sagte die Chefin der grünen Fraktion im Europaparlament, S. Keller. Zwar habe zu Beginn der Gespräche ein gutes Europa-Papier gestanden. Doch das habe die FDP einkassiert.
Die Liberalen wollten sich nämlich nicht festlegen, wie es mit der Währungsunion weitergeht. Deshalb wurden alle Aussagen zur Zukunft des Euro-Rettungsfonds ESM gestrichen.
Einkassiert wurde auch die Forderung der Grünen nach einem Ende der Austeritätspolitik. Und bei der Migration einigten sich die Jamaikaner “auf das Gegenteil dessen, was wir in Brüssel fordern”, so Keller.
Denn laut Sondierungspapier sollten Asylanträge künftig schon an den EU-Außengrenzen gestellt werden. Genau dagegen wehren sich die Grünen im Europaparlament – bisher noch mit Erfolg.
Bei den Europapolitikern in Brüssel herrscht denn auch eine gewisse Erleichterung darüber, dass sie diese Kröte nicht schlucken müssen. Dafür haben sie andere Festlegungen akzeptiert.
So war die “Schwarze Null” im Bundeshaushalt allgemein akzeptiert – ein Investitionsprogramm, wie es u.a. die EU-Kommission seit Jahren von Deutschland fordert, hätte es nicht gegeben.
Außerdem hat sich Jamaika gegen die Forderung von Frankreichs Macron gestellt, einen eigenes Euro-Haushalt aufzustellen. Wenn überhaupt, dass sollte Geld nur innerhalb des EU-Budgets bereitgestellt werden.
Doch die Forderung nach einer kräftigen Aufstockung des EU-Budgets, wie sie u.a. EU-Parlamentspräsident Tajani erhoben hat, wird in Berlin vehement abgelehnt. Ergebnis: Auch für den Euro gibt es nichts…
Und das unter einer Kanzlerin, die immer wieder (und immer noch) als wichtigste Europapolitikerin präsentiert wird…
Siehe auch “Warum schon ihr Merkel?”
Baer
23. November 2017 @ 16:03
@Nemschak,… unglaubwürdig die gelieferten Zahlen über die Arbeitslosigkeit auch. 4,4 Mio. Hartz IV Bezieher, aber 2,4 Mio.Arbeitslose ? Soll mir doch mal jemand mit Sachverstand erklären.
Danke schon jetzt!!!
Oudejans
22. November 2017 @ 16:43
>>“Für ein Konjunkturprogramm wäre in Deutschland derzeit keine gute Zeit.“
Sehr richtig. Die Flaschensammler würden dann mit ihren Geldern die Immobilienblase nur weiter aufpumpen.
Peter Nemschak
22. November 2017 @ 16:59
Deutschland hat Hochkonjunktur und die geringste Arbeitslosigkeit seit langem. Hundert tausende von Arbeitsplätzen sind unbesetzt. Jammern ist unglaubwürdig.
Matti Illoinen
24. November 2017 @ 11:39
@Peter Nemschak,
Es reicht schon wenn uns Politik und Wirtschaft täglich diese Beschönigungen erzählen, deshalb wird es aber nicht wahrer. Wer so wie Sie und vieler anderer in Deutschland das Sprachrohr, der Herrschenden sind, braucht sich nicht wundern, dass die Arbeitssuchenden Probleme nicht gelöst werden. Wer so argumentiert, könnte auch alle in zentrale Arbeitshäuser stecken, Dezentrale haben wir ja schon wieder, und wir hätten dann Vollbeschäftigung nach der Lesart vieler ? Was nützt mir ein Job, wenn ich davon nicht mehr überleben kann in diesem Land? Wenn ich kein Vermögen habe und keine “Arbeit” bin ich auch nicht mehr Frei, sondern der Ausbeutung auf dem Straßenstrich preis gegeben.
⭐bluecrystal7
26. November 2017 @ 23:12
Ah ja, sicher, „Deutschland hat Hochkonjunktur“, da darfste natürlich nichts investieren, und die kaputte Infrastruktur, mitsamt der maroden Schulen(!), welche Germany so hat, fit für die Zukunft machen! Nee… Hauptsache die Exportüberschüsse erreichen neue Rekorde, das ist das wichtigste!
Oudejans
22. November 2017 @ 11:24
>>”– ein Investitionsprogramm, wie es u.a. die EU-Kommission seit Jahren von Deutschland fordert, hätte es nicht gegeben.”
Dies würde natürlich auch gerade mit einem Kanzler Lindner nicht besser.
Peter Nemschak
22. November 2017 @ 14:22
Für ein Konjunkturprogramm wäre in Deutschland derzeit keine gute Zeit. Inwieweit staatliche Infrastrukturinvestitionen In Deutschland die Nachfrage in anderen EU-Ländern, insbesondere in den wirtschaftlich schwachen Ländern Südeuropas, belebt hätten, kann ich nicht beurteilen. Ich nehme an, Sie haben mehr Informationen darüber, nachdem Sie das Thema angesprochen haben.
Peter Nemschak
22. November 2017 @ 10:37
Das Supranationale scheint bei den Europäern derzeit nicht mehrheitsfähig zu sein. Daher wird intergouvernmentales Verhandeln die Zukunft bis auf weiteres prägen. Zu unterschiedlich ist die Ausgangsposition für weitere Integration in kritischen Bereichen. Unlängst hat Draghi darauf hingewiesen, dass eine europäische Einlagensicherung voraussetzt, dass die nationalen Banken ein ähnlich hohes Risikoniveau, gemessen am Stand der notleidenden Kredite haben. Jenes in Italien ist ungleich höher als das in Deutschland, womit die deutschen Steuerzahler mehr Risiko als die italienischen auf sich nehmen müssten, würde bei heutigem Stand der Dinge eine europäische Einlagensicherung umgesetzt werden. Keine deutsche Regierung, unabhängig von ihrer politischen Zusammensetzung, könnte eine solche gegenüber den Wählern verantworten. Die europäische Integration ist ein Prozess der kleinen Schritte.