Leyen kann es nicht, Faeser brüskiert Polen – und das EP fährt nach Disneyland
Die Watchlist EUropa vom 17. Oktober 2023 –
Von der Leyen kann es nicht, man sollte ihr die Außenpolitik entziehen: Dieser Meinung sind immer mehr EU-Verantwortliche und -Beobachter in Brüssel nach dem jüngsten Debakel in Israel.
Am deutlichsten drückte es EU-Chefdiplomat Borrell aus: Für die Außenpolitik seien er und der Rat, also die Vertretung der Mitgliedsstaaten, zuständig, erklärte er. Und nicht die EU-Kommission – auch nicht, wenn sie sich neuerdings gern “geopolitisch” nennt.
Kritik kommt auch von “Politico”: Das Online-Magazin, das in der Brüsseler Blase viel gelesen wird, mokiert sich über von der Leyens Vasallentreue zu den USA.
Von der Leyen mache nur, “was die USA wollen”, zitiert das Magazin einen Diplomaten. Der jüngste Beleg: Die deutsche EU-Chefin will im Stahlstreit der US-Linie folgen und auf Protektionismus setzen.
Im Schlepptau von Biden
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Schon bei den Russland-Sanktionen war von der Leyen wie ein Pudel den Amerikanern gefolgt. Auch in der China-Politik hat sie sich mit US-Präsident Biden abgestimmt, bis zur Wortwahl (“De-Risking”).
Weitere Fehler leistete sie sich in der Türkei-Politik, wo es zum Eklat mit Ratspräsident Michel kam, und zuletzt beim Tunesien-Deal. Der war so dilletantisch ausgehandelt, dass er nun zu platzen droht...
Die Frage ist nun, ob von der Leyen vom EU-Sondergipfel zurechtgestutzt wird, der am Dienstagabend tagt. Einige Kritiker glauben sogar, sie könne ihre Chancen auf eine zweite Amtszeit verspielt haben…
Siehe auch “Blankoscheck für Israel, scharfe Kritik an von der Leyen”
News & Updates
- Faeser brüskiert Polen. Innenministerin Faeser hat neue Schutzmaßnahmen an den Grenzen zu Polen, Tschechien und der Schweiz angekündigt. Die SPD-Politikerin begründete den Schritt mit der Begrenzung der irregulären Migration. Die gibt es allerdings schon länger. Und dass sie ausgerechnet einen Tag nach dem (mutmasslichen) Machtwechsel in Polen die Grenze dicht macht, ist auch nicht gerade überzeugend… – Siehe auch Die neue EU-Krise: Fast wie 2015/16 – nur schlimmer
- Terrorverdacht in Brüssel. In der belgischen Hauptstadt sind am Montagabend zwei Menschen auf offener Straße erschossen worden. Die Polizei vermute einen islamistischen Terrorakt, schreibt “Le Soir”. Auch das Fußballspiel Belgien – Schweden könnte eine Rolle spielen, denn bei den Opfern handelt es sich offenbar um Schweden. Das Spiel wurde unterbrochen, in Brüssel wurde die höchste Terror-Warnstufe ausgerufen! – Siehe auch Kriegswaffen in den Straßen von Brüssel
- Scholz macht Westbalkan neue Hoffnung. Bundeskanzler Scholz hat bei einem Gipfeltreffen in Albanien erneut eine schnelle Aufnahme von sechs Balkan-Staaten in die EU gefordert. “Für mich ist ganz klar, dass 20 Jahre nachdem der Beitritt dieser Länder zugesagt worden ist, es auch bald mal soweit sein muss”. Allerdings ist kaum ein Land auf den Beitritt vorbereitet, zudem gibt es eine Krise um das Kosovo. Dennoch sagte EU-Chefin von der Leyen mal eben 6 Mrd. Euro für Reformen zu…
Das Letzte
Das Parlament fährt nach Disneyland. Ein Sonderzug nach Straßburg hat dutzende EU-Abgeordnete versehentlich zum Disneyland bei Paris gebracht. Eine Weiche sei falsch gestellt worden, hieß es bei der französischen Bahn SNCF. “Wo Träume wahr werden – der neue Slogan des Europaparlaments?”, zitierte der im Zug sitzende französische EU-Parlamentarier Emmanuel Foulon augenzwinkernd den Disney-Werbespruch. Andere machten sich über den “Wanderzirkus” nach Straßburg lustig. Sie sollten mal mit der deutschen Bahn fahren – da können sie noch ganz andere Sachen erleben…
KK
17. Oktober 2023 @ 13:34
„Einige Kritiker glauben sogar, sie könne ihre Chancen auf eine zweite Amtszeit verspielt haben…“
Auch mit einem Fünkchen Hoffnung auf eine sinnvolle Verwertung bleibt ein grosser Haufen Dung erst mal ein grosser Haufen Dung! Bislang haben der Rat, das EU-Parlament und die Medien immer alles brav abgenickt und unterstützt, was die EUCO-Präsidentin so rausgehauen hat… vdL ist ja nicht das einzige Problem, sondern nur die gut sichtbare Spitze eines Eisbergs.
Monika
17. Oktober 2023 @ 11:07
Aus den Glaubensinstitutionen “Kirche” und aus Religionen kann man mittlerweile in der Regel austreten, ohne buchstäblich den eigenen Kopf zu verlieren. Aus den mittlerweile an Kirchen erinnernden politischen Institutionen leider nicht.
Aufnahmekriterien sind Aufnahmekriterien! Wenn es selbst in Jahrzehnten nicht gelungen ist, diese zu erfüllen, dann muss weiter daran gearbeitet werden, nicht die Aufnahme ohne Erfüllen der Kriterien erzwungen werden können. Der Beitrittsstatus ist schließlich keine Schande, sondern eine Vorinstitution zur EU, ohne die vollen Rechte, und in der bleibt der entsprechende Staat solange, bis die Aufnahmekriterien erfüllt sind! Wo bitte liegt das eigentliche “Problem”?
Karl
17. Oktober 2023 @ 10:02
>> Sie sollten mal mit der deutschen Bahn fahren … <<
Bei der DB sind die meisten Weichen inzwischen abgebaut worden, denn die Flugzeugmanager wussten nicht, wozu Weichen gut sind. Würde ihnen so eine Panne passieren, dann kauften sie schnell ein Busunternehmen auf, um die verirrten Passagiere mit dem Bus abzuholen.
Thomas Damrau
17. Oktober 2023 @ 08:30
“Die EU residiert künftig in Disneyland” – klingt gar nicht so verkehrt: Wo passt das EU-Personal besser hin als an einen Ort, in dem kindliches Wunschdenken seinen Platz hat. Die falsche Weiche war ein Teil eines Pilot-Projekts (meine Verschwörung-Erzählung des Tages).
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Von den Laien würde sicher nicht wieder gewählt werden … muss sie ja auch nicht. Sie muss nur wieder ausgekungelt werden – da ist sie als kleinster gemeinsamer Nenner noch nicht ganz aus dem Rennen. Vor allem, wenn unsere amerikanischen Freunde ihr gute Noten geben.
Kleopatra
17. Oktober 2023 @ 08:08
Mit einer gehörigen Portion Zynismus kann man die Grenzkontrollen an der polnischen Grenze zum jetzigen Zeitpunkt als unterschwelliges Signal an Polen interpretieren, dass sie bitteschön nach dem Regierungswechsel nicht mit den Pushbacks an der weißrussischen Grenze aufhören sollen.
european
17. Oktober 2023 @ 07:48
“Kritik kommt auch von „Politico“: Das Online-Magazin, das in der Brüsseler Blase viel gelesen wird, mokiert sich über von der Leyens Vasallentreue zu den USA.”
Das fällt unter den Punkt ” Die EU steht unter dem Einfluss der USA.” und ist alles Russenpropaganda und Desinformation, wie wir gerade auf Telepolis lesen konnten. Sowas muss die EUCO-Präsidentin sofort verbieten 😉
https://www.telepolis.de/features/Bericht-von-der-Informationskriegs-Front-Leak-liefert-Einblicke-in-den-EU-Nato-Werkzeugkasten-9334643.html
Ich habe eher den Eindruck, dass jetzt so mancher Abgeordneter seine Felle davonschwimmen sieht. Die nächste Wahl rückt näher und es sieht nicht gut aus. Bisher sind doch alle brav der EUCO-Präsidentin gefolgt, haben zugelassen, dass sie Impfdeals per sms vereinbart hat, dass die Sanktionen der USA entgegen europäische Interessen durchgesetzt werden etc. Jetzt kommt die Wahrheit immer mehr ans Licht, die Sanktionen haben Russland nicht geschadet, sondern Europa, Europa wird vom Rest der Welt nicht Ernst genommen, wie Borrell unlängst in China festgestellt hat. Förmlich gebettelt hat er: “Nun nehmt uns doch auch mal Ernst”. Kleine Kinder kennen das. Plötzlich stampft einer mit dem Fuß auf und schimpft: “Jetzt will ich aber auch mal bestimmen!”
Für mich ist das kollektives Heucheln. Wenn man wirklich gewollt hätte, wäre schon viel eher etwas passiert. Aber wie man jetzt gerade an den Sozialdemokraten in Bezug auf die Slowakei sieht, dann wird es ausgesprochen ungemütlich, wenn man nicht die vorgegebene Einheitsmeinung vertritt.
Zum Westbalkan wurde hier schon vieles gesagt. Wenn die EU sich noch mehr Probleme schaffen will, dann muss sie diese Länder unbedingt aufnehmen. MWn ist kein einziges dieser Länder in den ersten 100 des Korruptionsrankings von Transparency zu finden und wenn, sind sie zumindest dicht dran an der Hundertermarke.