Alignment on China: So lässt sich die EU von den USA einspannen
Amerikanische Experten und europäische Transatlantiker haben die Rede von EU-Kommissionschefin von der Leyen zur China-Politik in höchsten Tönen begrüßt. Kein Wunder – denn sie fügt sich gut in die US-Politik der Eindämmung ein. Auch in der Ukraine lässt sich die EU einspannen.
Die USA verfolgen schon lange das Ziel, China einzudämmen und zu isolieren. Bisher mit wenig Erfolg – das Reich der Mitte unterhält enge Beziehungen nach Europa, Afrika und vor allem mit Russland. Doch nun schwenkt die EU auf die harte US-Linie.
Die ganze EU? Nein. Deutschland, Frankreich und Spanien zögern noch – zu Recht.
Doch Kommissionspräsidentin von der Leyen hat mit einer Grundsatzrede zur Chinapolitik einen Kurswechsel eingeleitet. Sie will zwar noch kein “Decoupling” (Abkoppelung), das die USA propagieren.
Doch mit ihrem “De-Risking” (Risikoabbau) bereitet sie Europa auf die zunehmend konfrontative US-Politik gegen China vor, die uns direkt in einen Wirtschaftskrieg 2.0 führen könnte.
Wenn Biden die Daumenschrauben anzieht und Sanktionen gegen China verhängt, dürfte von der Leyen ohne Murren folgen – so wie bei den Sanktionen gegen Russland.
Nicht nur in der China-Politik folgt die EU und ihre deutsche Chefin den amerikanischen Wünschen. Auch in der Ukraine übt sie vorauseilenden Gehorsam.
So wird die europäische Militärhilfe systematisch hochgefahren; neuerdings mutiert die einstige Friedens- sogar zur Waffenunion mit eigener Produktion für Kiew.
Brüssel hat sich zudem bereit erklärt, der Ukraine im Krieg gegen Russland bis zum “Sieg” beizustehen. Und den Wiederaufbau will man auch noch finanzieren!
Den USA den Rücken freihalten
Damit halten die EUropäer den USA den Rücken frei, so daß sich verstärkt um China “kümmern” und – rechtzeitig zur Präsidentschaftswahl im Herbst 2024 – aus der Ukraine zurückziehen können.
Dass auch in EUropa gewählt wird – sogar schon im Frühjahr 2024 – spielt offenbar keine Rolle. Denn die führenden EU-Politiker tragen keine europäische, sondern eine transatlantische Brille.
Würden sie “Europe first” praktizieren, so müssten sie sich gegen die antichinesische Politik stemmen – denn China ist für EUropa ein wichtiger, für Deutschland sogar der wichtigste Handelspartner!
Nicht im europäischen Interesse
Es wäre auch im europäischen Interesse, den Ukraine-Krieg vor der Europawahl 2024 zu beenden. Denn wie will man mit Krieg und Elend einen Wahlkampf führen, wie will man die horrenden Kosten stemmen?
Doch das ist kein Thema in Brüssel. Selbst dass zwei Megakonflikte – Ukraine/Russland und China – Deutschland und die EU endgültig überfordern könnten, wird nicht diskutiert – sondern hingenommen, als sei es naturgegeben.
Von der Leyen und die Transatlantiker folgen der “Grand Strategy” der Amerikaner, eine eigene Strategie haben sie nicht. Dabei wollte die EU doch “strategische Autonomie” erringen – auch von den USA. Stattdessen lässt sie sich einspannen.
Alignment nennt man das im geopolitischen Jargon – oder auch westlichen Schulterschluß. Derweil propagieren China und Russland eine neue, “multipolare” Weltordnung – ohne die USA und die EU…
Siehe auch Von der Leyen auf Anti-China-Kurs sowie “China, Ukraine, Krieg: Wo bleibt das europäische Interesse?”
P.S. Russland hat eine neue außenpolitische Strategie verabschiedet, in welcher der Westen zur “existenziellen” Bedrohung erklärt wird. China und Indien werden hingegen zu wichtigen Verbündeten erklärt.
P.P.S. Der britische Historiker A. Tooze spricht von einer US-getriebenen “Blockbildung gegen China”. Nachzuhören hier
Cornelia Henke
3. April 2023 @ 08:48
Zitiert: Noam Chomsky Professor für Linguistik am Massachusetts Institute of Technology
„Mein Augenmerk liegt vor allem auf dem Terrorismus und der Gewalt, die von meinem eigenen Staat ausgeführt werden, aus zwei Gründen. Erstens, weil es den Hauptteil internationaler Gewalt ausmacht. Aber auch aus einem viel wichtigeren Grund; nämlich, dass ich etwas dagegen tun kann. Selbst wenn die Vereinigten Staaten für nur zwei Prozent der Gewalt in der Welt verantwortlich wären, wären das die zwei Prozent für die ich vor allem verantwortlich wäre. Und dies ist eine simple ethische Beurteilung. Das heißt, der ethische Wert unserer Handlungen hängt von ihren erwarteten und vorhersehbaren Konsequenzen ab. Es ist sehr einfach, die Abscheulichkeiten anderer zu verdammen. Das hat ungefähr so viel ethischen Wert wie Gräueltaten, die im Achtzehnten Jahrhundert stattfanden, zu verurteilen.“ —
Hansjörg Sachs
2. April 2023 @ 00:09
Die Datenverwertung nach der Finanzialisierung nach der Globalisierung schien mir der letzte Akt der Verzweiflung der großrn Spieler im Kapitalismus Geld zu verdienen zu sein. Nun lerne ich, dass es nochmals wilder geht, indem die Militarisierung ungeahnte Höhen erreicht, ebenfalls mit neu geschaffenem Geld von Staaten, denen ihr Souverän vollkommen gleichgültig ist. Diesem Souverän jedoch ist es in der Mehrzahl der einzelnen Personen ebenfalls gleichgültig, wie mit ihm verfahren wird, da er den staatstreu agierenden Medien blind glaubt und sich weiter schön abstrampelt. Innehalten, den Blick aufs Ganze wagen vermag er nicht, sondern irgendwann hält er es nicht mehr aus und reagiert sich ab, she. unten.
Politikerinnen sind nur noch Erfüllungsgehilfen der wirtschaftlich machtvollen Gruppierungen – Eigenverantwortlichkeit wollen sie sich nicht leisten. Damit wird den Rechten die Tür noch weiter geöffnet und der staatlichen Repression die Begründung geliefert, die eigene Bevölkerung vor sich selbst zu schützen und sie gründlich zu überwachen. Die Medien spielen mit und es wird nur noch ums Überleben gekämpft, politisch emanzipatorisch tot. Ein Alptraum, der sich nicht mehr aufhalten lässt.
Hekla
1. April 2023 @ 13:51
Die Frage ist für mich, wie lange sich die EU-Mitgliedsstaaten, die ja weiterhin souveräne Staaten sind, noch Vorteile in einer weiteren Mitgliedschaft sehen können, sofern sie aus Gründen der “EU-Räson” gezwungen sind, gegen ihre eigenen Interessen zu handeln. Die traditionelle Wunderwaffe und Lockmittel der EU, der Binnenmarkt, ist spätestens dann endgültig entzaubert, wenn der Preis dafür v.a. vergemeinschaftete Kriege, wirtschaftlicher Niedergang und eine den sozialen Frieden zerstörende Migrationspolitik sind. Staaten und Bürger sollten sich mit dieser Frage ehrlich auseinandersetzen, da würde ich mir eine breite gesellschaftliche Diskussion wünschen. Ich habe sehr lange an Europa, an die EU geglaubt und an der Gründungsidee festgehalten, aber die real existierende EU in ihrer heutigen Performance erinnert mich eher an eine feudalistische Monarchie. Als Bürgerin ist mir scheinbar nur noch die Rolle zugedacht, mit meiner Wirtschaftskraft fremden Interessen zu dienen und die Folgen von Entscheidungen, die ich nicht mitgestalten darf und die gegen meine existenziellen Interessen sind, still zu ertragen und zu bezahlen – falls der Ritt auf der Ukraine-Rasierklinge schiefgeht, vielleicht auch noch mit meinem Leben.
Thomas Damrau
1. April 2023 @ 13:07
@KK
Schon Jesus sagte: „Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; aber die Hoffnung ist die größte unter ihnen.“ ( https://www.bibleserver.com/de/verse/1.Korinther13,13 )
Im Augenblick agiert die ganze Menschheit nach dem Prinzip Hoffnung – egal, um welches Thema es geht: „Ist jetzt 300.000 Jahre gut gegangen – wird schon weiter gut gehen.“
Obwohl unvollständige Induktion kein wissenschaftliches Beweisverfahren ist …
Hans-Heiko Schlottke
1. April 2023 @ 12:17
Wer zeigt endlich von der Leyen Grenzen auf? Sie ist nicht etwa Alleinherrscherin der EU, sondern Angestellte der EU-Bürger.
Dixie Chique
3. April 2023 @ 10:37
Das kann wohl nur der Großmeisterchef ihrer durch und durch bösen alten Loge..
und der (ist es der neue England-King?) will anscheinend nicht.. mit feuchten Höschen erwarten diese Erzgauner schließlich des Gehörnten großes Comeback..
Es ist Zeit ALLE diese Clubs EIN FÜR ALLE MAL dichtzumachen! Team Jesus siegt sowieso, das ist zur Abwechslung mal wirklich alternativlos!
KK
1. April 2023 @ 11:57
@ Thomas Damrau:
Ihren Optimismus möchte ich haben – Sie setzen einfach so voraus, dass es noch Geschichtsbücher und nachfolgende Generationen geben wird, die sie lesen könnten…
Thomas Damrau
1. April 2023 @ 11:38
Ich versuche mich jetzt mal mit einer Prophezeiung: Nicht Putin, sondern Biden (und seine willigen Helfer vdL, Johnson/Sunak, Baerbock/Strack-Rheinmetall, Kaczyński, …) wird als der Politiker in die Geschichtsbücher eingehen, der die Welt im 21. Jahrhundert ins Chaos gestürzt haben wird.
Und die nachfolgenden Generationen werden ihre Eltern fragen: „Und was war eure Rolle bei der Entstehung dieses Schlamassels?“
Helmut Höft
1. April 2023 @ 10:42
Tja, Ursula vdL war schon immer … , die EU ebenfalls … Wir lernen, wie ein ganzer Kontinent im Interesse der USA in die Grütze geritten wird. Apropos Kinder, Kinder ziehen immer: Lt. Verschwörungstheorien gibt’s da Kreise, die sich mit Blut von Kindern … und jetzt auch der Putin, hört das denn nie auf?
Die Äußerung von Außenministerin Madeleine Albright von 1996, dass der Tod von über einer halben Million Menschen (Opferzahl zu diesem Zeitpunkt) ein »angemessener Preis« für die Aufrechterhaltung der Wirtschaftssanktionen sei, war kein Ausrutscher. Briten und Amerikaner haben dank der direkten Aufsicht über das eigens dafür geschaffene Sanktionsbüro in New York sichergestellt, dass alle Berichte über die Embargofolgen der Öffentlichkeit vorenthalten blieben. Quelle.
Armin Christ
1. April 2023 @ 08:27
Wann erfolgt endlich das Decoupling von den USA ?
Arthur Dent
31. März 2023 @ 23:15
„Dass auch in EUropa gewählt wird – sogar schon im Frühjahr 2024 – spielt offenbar keine Rolle.“ – richtig erkannt! In Deutschland werden Wahlen zunehmend zu Verhältniswahlen mit recht starren Listen. Im Grunde genommen ist die Wahl nur noch ein plebiszitärer Akt, eine Art Akklamation. Parteien wirken nicht an der Willensbildung mit, sie beherrschen sie. Was das Volk von ihm hält, kann einem Abgeordneten gleichgültig sein, wenn seine Partei ihn auf einen sicheren Listenplatz setzt.
Die politische Meinung von Lieschen Müller und Hans Mustermann ist ohne Belang – etwa wie im Dreiklassenwahlrecht. Unter „Stabilität“ werden immer nur sichere Verhältnisse für Investoren und Kapitalgeber verstanden, sichere Lebensverhältnisse für´s Fußvolk interessieren wirklich niemanden – kommen allenfalls in Sonntagsreden oder in Wahlkämpfen zum Ausdruck. Da soll der rechtschaffene Bürger dann aber bitte schön immer „die Mitte“ wählen und ja nicht die Ränder.
„Worauf das Ganze hinausläuft, sieht man aktuell in Australien, wo zwei große Zeitungen in großen Lettern einen Krieg mit China ankündigen.“ – Australien rüstet gegen China auf, um sich vor den USA zu schützen. (siehe Caitlin Johnstone: Australia’s Real Fear Isn’t China – Consortium News, 15.03.2023)
KK
31. März 2023 @ 17:47
“Offenbar sind sie nicht einmal in der Lage, deutsche und europäische Interessen zu vertreten…”
Um dazu in der Lage zu sein, müssten sie dazu erst einmal willens sein – und das sehe ich nicht!