Vestagers Glanz, Von der Leyens Elend
Die Grünen im Europaparlament legen sich fest: Sie werden gegen Ursula Von der Leyen stimmen. Und die Liberalen? Bei der ersten öffentlichen Anhörung offenbaren sie das ganze Elend der designierten Kommissionspräsidentin.
Sie sonnte sich im Glanz von Margrethe Vestager und versprach jedem, was er hören wollte: Bei ihrem ersten öffentlichen Hearing im Europaparlament in Brüssel hat sich die designierte neue EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen sehr geschmeidig gezeigt.
Dennoch muß die amtierende deutsche Verteidigungsministerin weiter um eine Mehrheit im EU-Parlament bangen. Die Grünen – die sich nie gegen Manfred Weber (CSU) ausgesprochen haben – lehnen die CDU-Politikerin ab. Es ist nicht das einzige Paradox an diesem Tag.
Paradox ist auch, wie sich VdL bei den Liberalen anbiederte. „Wir sind auf der gleichen Wellenlänge, ich habe großen Respekt vor ihr“, lobte sie die dänische Wettbewerbskommissarin Vestager, die sich im Poker um die Topjobs in Brüssel nicht durchsetzen konnte.
In der nächsten EU-Kommission werde die Liberale eine „herausragende Position“ einnehmen, versprach sie. Das war Balsam auf die Wunden, die die überraschende Nominierung zur Kommissionschefin bei vielen Abgeordneten gerissen hat.
Vestager war bei der Europawahl als Teil eines Teams angetreten, Von der Leyen hatte sich dagegen noch nicht einmal am Wahlkampf beteiligt. Deshalb muß sie nun nachträglich versuchen, die Abgeordneten von ihrer Eignung und ihrem Programm zu überzeugen.
Sie wisse, dass “wir einen holprigen Start zusammen hatten“, sagte die deutsche Kandidatin. „Ich kann die Vergangenheit nicht heilen.“ Sie werde sich jedoch dafür einsetzen, das – bei ihrer eigenen Nominierung wirkungslose – System der Spitzenkandidaten zu reformieren.
Als Kommissionschefin werde sie sich vor allem für mehr Klimaschutz einsetzen, versprach Von der Leyen. Die umstrittene Klimaneutralität bis 2050 sei ihr Hauptziel. Zudem will sie sich dafür einsetzen, dass die EU ihre Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 50 Prozent gegenüber 1990 senkt. Bisher gilt ein 40-Prozent-Ziel.
Neue Klimasteuern schloß Von der Leyen jedoch aus. Stattdessen soll der (bisher weitgehend wirkungslose) Emissionshandel ausgeweitet werden. Ob das reicht, um die Abgeordneten zu überzeugen, blieb am Mittwoch offen. Die Zusagen seien „in vielen Bereichen zu schwammig“, sagte eine liberale Abgeordnete.
„Wir brauchen klare Zusagen“, erklärte Fraktionschef Dacian Ciolos, der selbst schon einmal EU-Kommissar war. Von der Leyen müsse nicht nur den künftigen Rang von Vestager klären, sondern sich auch für eine umfassende EU-Reform einsetzen.
Das hat allerdings schon Noch-Kommissionschef Juncker versucht – und ist gescheitert…
Siehe auch “Das Parlament muß den Aufstand wagen” und “Der falsche Weg, die falsche Frau”
JvB
12. Juli 2019 @ 11:51
Demokratie verbessern ? Sehr gute Idee- aber dazu brauchen Sie gute, fähige und intelligente Leute. Keine UvLs, die nichts wären, wenn sie nicht aus der oder der Familie kämen. Und dann noch eine Frage: ich halte Frankreich nicht für so demokratisch. warum wollte M. eine
gescheiterte und irgendwo auch abgehalfterte Politkerin für diesen Posten? Das ist doch eher eine Besetzung für anti-Europäer.
zykliker
12. Juli 2019 @ 12:25
… und wieder hat die “Göttin der kulturellen Evolution” ein Gehirn gewonnen und Pandora eines verloren. Herzlichen Glückwunsch und weiter so…
zykliker
11. Juli 2019 @ 15:06
als Zeus Frankenstein sah, was er angerichtet hatte mit seinem Geschöpf Pandora und ihrer Büchse, reute es ihn und er beschloß, ihr eine Zwillingsschwester beizugeben: die Hoffnung. Als typischer impulsiver Testosteronbolzen wollte er aber auch nicht wankelmütig erscheinen, und so sperrte er diese seine “Göttin der kulturellen Evolution” entmaterialisiert als Hoffnung mit in die berühmte Büchse. Amüsiert beobachtet er seitdem von seinem Lehnstuhl im Olymp aus das Auf und Ab der endlosen Bemühungen des Menschen um ein erträgliches Miteinander.
“…wir wollen mehr Demokratie wagen..” sagte einer, und die Gründer- und Verfassungsväter der EU meinten: ja, besser als sich ständig die Schädel einzuschlagen ist das allemal. Sie schufen ein kompliziertes Geflecht von “checks and balances” zwischen souveränen Staaten, deren Regierungen und auch noch ein bißchen deren Völkern. Es war selbst bei bestem Willen unendlich schwer, allem und allen gerecht zu werden.
Pandora stand ständig daneben und sähte Mißgunst, Neid, auch die Verlockung, den anderen zu übervorteilen. Wenn man sich wieder mal nicht einigen konnte, flüsterte Pandora den Skeptikern ein: “alles Quatsch, die sind zu blöd oder zu unreif oder beides, und wie langweilig ist denn dieses ständige verhandeln, lavieren, austarieren von Interessen und Nationalstolz. Wenn ihr alles hinschmeißt und tut, was ihr am besten könnt, bekommt ihr eine Auslese, die sich seit Jahrmillionen bestens bewährt hat.
Die Hoffnung blieb geduldig und sagte den Besonnenen: wir wissen alle, daß das hier noch nicht ideal ist, also suchen wir doch weiter einen Weg, diese Demokratie zu verbessern und zu festigen, es ist jede Mühe wert. Ihr solltet aber zunächst eine bessere Qualitätssicherung bei der Kandidatenauswahl implementieren.
Pandora schnaubte nur: nichts als Flickschusterei, in der ganzen Zeit, die ihr um Kaisers Bart streitet, krieg ich ne neue Menschheit gebacken. Ich hab schon mal vorgefühlt bei einem Planeten im Nachbarsystem: Auf seine Frage, wie es der Erde geht, sagte ich: nicht gut, die hat homo sapiens. Och, meinte der nur: hatte ich auch mal, das geht wieder weg. Das hat mit gefallen.
Claus
11. Juli 2019 @ 09:24
Die fetten Jahre scheinen vorbei zu sein, nach aktuellen Wirtschaftszahlen befindet sich Deutschland bereits in der Rezession. Rechnet man die Billionen von Euros zusammen, die es kosten würde, der Klimaschuldreligion weiter zu frönen, sollte sich Von der Leyen fragen, ob sich auch zukünftig Wirtschaft und Gesellschaft die erforderlichen Mittel hierfür abpressen lassen.
Das sieht wohl nicht so aus und es bleibt zu vermuten, dass neben Trump noch andere Leute aus dem Thema aussteigen werden. Vielleicht hätte VdL durch das Europaparlament hüpfen sollen, denn „wer nicht hüpft, ist für Kohle“ (Originalton Fridays for Future-Demo). Vielleicht hätte sie damit die Grünen überzeugt.
Peter Nemschak
11. Juli 2019 @ 11:16
Man (=die imaginäre Weltregierung) könnte die Billionen, die derzeit für eine klimaschädliche Lebensweise aufgewendet werden alternativ für eine klimafreundliche Lebensweise “umwidmen”. Individuelle Maßnahmen wie das Essen von getrockneten Insekten und Wurzeln oder die Senkung der Raumtemperatur in den eigenen vier Wänden haben nur symbolische Bedeutung und dienen der Bekämpfung der eigenen Zukunftsängste. Hier wäre die Politik im Weltmaßstab gefragt. Was dabei zu erwarten ist, kann sich jeder selbst ausmalen.
Kleopatra
11. Juli 2019 @ 06:37
Angeblich hat Juncker vor fünf Jahren auch in jeder Fraktion das gesagt, was die gerade hören wollten. Es bleibt einem Kandidaten in dieser Lage auch nichts anderes übrig. Das heißt natürlich, dass für die Erklärungen vor der Wahl der Bismarck-Spruch gilt, dass nie soviel gelogen wird wie nach der Jagd und vor der Wahl.
Vorstellungen, dass der Kommissionspräsident eine EU-Reform anstoßen oder gar ihre Richtng bestimmen könnte, sind unsinnig und überzogen. Dafür sind ausschließlich die Mitgliedstaaten zuständig, und die haben vor allem eine panische Angst vor jeder Volksabstimmung.
Die Parlamentsmitglieder scheinen mir mit der Aufgabe überfordert, ihre tatsächliche eingeschränkte Bedeutung zu akzeptieren. Vielleicht wäre es deshalb sinnvoll, das Recht des Parlaments, den Kommissionspräsidenten und die Kommission zu akzeptieren oder abzulehnen, aus den Verträgen ganz zu streichen. Es ist schwierig genug, einen für alle Regierungen akzeptablen Kompriomiss zu finden. Wenn dann noch die Grünen-Fraktion mit ihrer heillosen Selbstüberschätzung dazwischenfunken will, funktioniert nichts mehr.
Holly01
11. Juli 2019 @ 09:06
Zunächst einmal sieht alles nach einer Medien Aktion aus.
Die (ach so hohe) Wahlbeteiligung verdankt das Parlament ja Wochen langen Medienanstrengungen.
Nun wollen die Damen und Herren etwas vermitteln das ich als „wenn wir wollen können wir auch etwas bewegen und auch wenn es 5 Jahre keiner sieht, wir mach das jeden Tag“ bezeichnen würde.
Die „Schiessbude“ EU-Parlament wird primär von Farage, Sonneborn und anderen eher nicht Ergebnis orientierten Kräften medial geprägt.
Es ist also kein Wunder wenn die „ihre Stunde“ ausnutzen.
Ich schätze vdL wird 2 Anläufe brauchen. Viel „wir brauchen“ und „wir müssen jetzt“ von den nationalen Anführern und dann hat die liebe Seele auch ihre Ruhe gefunden.
vlg
Peter Nemschak
11. Juli 2019 @ 10:35
Ich gebe Ihnen recht: Demokratie ist etwas für Erwachsene. Und selbst die tun sich schwer damit. Nach all dem, was passiert ist, sollte VdL den Hut nehmen, bevor es überhaupt zu einer Abstimmung kommt und sich dem Affentheater der Mächtigen und Ohnmächtigen entziehen.