Warum Grüne und Linke “Nein” sagen
Es wird eng für Von der Leyen. Nach den Anhörungen im Europaparlament haben sich Grüne und Linke auf ein Nein zur Möchtegern-Chefin der EU-Kommission festgelegt. Doch wie wird die Ablehnung eigentlich begründet?
Ist doch sonnenklar, Von der Leyen war keine Spitzenkandidatin bei der Europawahl, könnte man meinen. Aber so einfach ist das nicht. Natürlich spielt es eine wichtige Rolle, dass VdL sich nicht den Wählern vorgestellt und kein Programm vorgelegt hat.
Im “Nein” steckt auch viel Wut über das eigenmächtige Vorgehen des Rates. Doch das sind nicht die einzigen Motive, die Grüne und Linke bewegen. Wer genauer hinschaut, entdeckt sogar einige interessante Unterschiede. Hier eine Übersicht:
Quelle: Pressemitteilungen der Parteien, Hervorhebungen von @lostineu
Die Grünen (S. Keller und P. Lamberts)
“The statements of Ursula von der Leyen were disappointing. We did not hear any concrete proposal, be it on rule of law or on climate. We have been elected on a mandate for change and we don’t see how change will be possible with this candidate.“
“The President of the European Commission needs to be the guardian of the rule of law and European values. Ursula von der Leyen evaded our questions on the rule of law and democracy in Europe. This is a major shortcoming on one of the main questions that the EU is confronted with.
“Only a few weeks after the climate elections, she is ignoring the climate emergency and even wants to aim for lower climate targets than previously agreed by the European Parliament. Ms von der Leyen is simply not a Commission President that the Greens/EFA group can support.
“We insist that the voters deserve a democratic and transparent process when it comes to the choice of Commission President. The lead candidate process has not been respected which is a betrayal of the European electorate.”
Die Linke (M. Schirdewan)
“We have listened carefully to Ms Von der Leyen and grilled her on our 10 key demands for the next Commission. Her responses were insufficient to satisfy the basic aspirations of EU citizens. They will help perpetuate the chronic problems the EU is facing.”
“We realise she does not have a vision that is based on social justice and on human rights. She will perpetuate the neoliberal policies that have led to the economic crisis and unprecedented poverty and inequality among Europeans. We saw little desire to tackle tax avoidance and fraud by big corporations.”
“We are also concerned about the militarisation of the EU that Von Der Leyen is proposing. Her legacy in Germany is of arms to Saudi Arabia and support for military intervention. Likewise, no credible proposals to reform the EU asylum system and end the shameful deaths in the Mediterranean.”
“On the environment, Von Der Leyen’s proposals are not sufficient to tackle the climate emergency that pose an existential threat to our planet.”
“For these and other reasons we will not support Ursula Von Der Leyen’s candidacy for Commission President. We demand a truly democratic process for EU top jobs and an end to backroom deals.”
Siehe auch “Das Parlament muß den Aufstand wagen” und “Der falsche Weg, die falsche Frau”
Peter Nemschak
12. Juli 2019 @ 21:41
@Kleopatra Ich möchte Sie wegen Ihrer Scharfsicht umarmen.
zykliker
15. Juli 2019 @ 10:23
…seufz… …was bin ich froh… …jetzt weiß ich, ich bin nicht allein….. es gibt außer mir noch andere alte Männer, die sentimental werden können und von Liz Taylor träumen
Thomas
12. Juli 2019 @ 12:07
Das Parlament hat ja doch nichts zu sagen und wird einklinken, Herrn Selmayrs wunderliche Blitzkarriere in Brüssel ist nur ein Beispiel und spricht Bände.
Kleopatra
12. Juli 2019 @ 08:14
Gibt es für diese Äußerungen deutsche Versionen (dh. authentische deutsche Übersetzungen, die von den jeweiligen Fraktionen autorisiert sind? Wenn nein, warum nicht?)
Die „Wahl“ des Kommissionspräsidenten hat ein Problem: er kann wenig erreichen, muss aber die Stimmen von mehr als der Hälfte der Parlamentsmitglieder erhalten. Wenn diese auf ihren reinen Lehren bestehen, können sie lange Zeit die Ernennung einer Kommission blockieren; es wäre aber nicht sinnvoll. Denn die EU ist kein Staat, sondern ein Staatenbund, der auf bestimmten Gebieten zusammenarbeitet, und die Kommission keine Regierung. Wenn das Parlament längere Zeit blockiert, werden die Mitgliedstaaten es umgehen oder entmachten müssen; und die Mitgliedstaaten können notfalls das Parlament mit einem Federstrich zum Verschwinden bringen. Umgekehrt geht das nicht! Daher sollten Scherzbolde wie „Ska“ Keller rasch von ihren Palmen herunterklettern.
Holly01
12. Juli 2019 @ 10:15
Genau das scheint aber das Ziel zu sein.
Wenn vdL wie eine Komissionspräsidentin behandelt wird und mit der Komission Politik macht, dann ist es doch gerade gut, wenn das Parlament das nicht billigt.
vdL kann die EU Armee etablieren ohne das die EU involviert ist.
Das wird eine Nummer der Staatschefs.
Das Parlament kann da schön empört sein.
Die EU braucht den zusammengeführten Sicherheitsbereich. Das werden die jetzt auch tun.
Und dann kommen die 2% BIP.
Dann haben wir eine EU mit knapp 500 Mrd. Militärhaushalt.
Nein, nicht ausgewiesen, ausgewiesen werden Forschung oder Projektierung, das sind Millionen.
Aber die EU Staaten mit ihren koordinierten Einzeletats, kommen dann eben auf die (harmonisierte) Gesamtsumme.
Damit liegt der “lokal player” EU bei der hälfte des global player der (hegemonialen) USA.
Wenn … ja wenn Deutschland die 10% Wirtschaftseinbruch verkraftet, die die USA mit ihrer FED Politik und den Zöllen plus dem PKW Skandalen los getreten hat.
Aber da ist Deutschland ja ein gerüttetes Maß selbst schuld.
vlg
zykliker
12. Juli 2019 @ 10:29
die Kommission ist aber auch kein “Verwaltungsamt für Amtsverwaltung,” in dem es egal ist, ob der Leiter Links- oder Rechtshänder ist. Wenn man Wahlen zuläßt, muß man ertragen können, daß sich die Weltanschauung der Wähler & Mandatsträger in ihrem Verhalten widerspiegelt.
Ihre Äußerungen zeigen die unerträgliche zynische Arroganz jener, für die demokratische Wahlen nur dann zuläßig sein sollten, wenn das “richtige” Ergebnis raus kommt.
Kleopatra
12. Juli 2019 @ 15:12
Ich habe schon etwas provokant formuliert. Aber seien wir realistisch: Der Kommissionspräsident braucht eine Zustimmung mindestens einer qualifizierten Mehrheit im Rat (und die Erfahrung mit dem Versuch, ein Mitglied – Großbritannien – zu überstimmen, spricht sogar eher für eine möglichst einstimmige Beschlussfassung). Dann braucht er eine Mehrheit der Mitglieder des Europäischen Parlaments. Das Parlament kann zwar einen Vorschlag schnell ablehnen; aber es wird nur Vorschläge bekommen, die für eine qualifizierte Mehrheit des Rats annehmbar sind.
Wer für seine Bestellung eine solche Supermehrheit braucht, kann nur ein ausgeprägter Kompromisskandidat sein, und er kann sich gar nicht ernsthaft darauf einlassen, ein echtes Parteiprogramm nicht nur mit den Lippen sondern wirklich zu vertreten. Daher ist der Wunsch nach einem Kommissionspräsidenten, der eine entschiedene Linie vertritt, illusorisch, denn er kann diese Supermehrheit sonst nicht zusammenbekommen.
Nochmal: Jeder EP-Abgeordnete hat das Recht, zu UvdL Ja oder Nein zu sagen. Er darf sich nur nicht einbilden, dass er einen entscheidenden Einfluss auf die Richtung der gesamten Politik ausübt. Und die Regierungen der Mitgliedstaaten einschließlich Polens, Italiens und Ungarns gehen ebenfalls aus demokratischen Wahlen hervor.
zykliker
12. Juli 2019 @ 19:34
„… darf sich nur nicht einbilden, dass er einen entscheidenden Einfluss auf die Richtung der gesamten Politik ausübt.“
Ist das bei der Anzahl Sitze und der Heterogenität der Parteien/Fraktionen nicht ohnehin schlichte Banalität?
So wie das System jetzt verfaßt ist, ist nichts anderes möglich als: „friss oder ….“ Aber gerade da scheint mir ein wichtiges Signal zu sein, dem Rat zu sagen: „so nicht, wenn ihr schon unsere Zustimmung haben wollt, um das Ganze demokratisch zu bemänteln, dann mutet uns nicht solche „Auslaufmodelle“ zu. Natürlich müssen sie das dann öffentlich sachpolitisch begründen, im „Hinterzimmer“ erwarte ich dann aber durchaus Klartext.
Aber nicht akzeptieren kann ich die Zumutung, das EP solle wie im „Obersten Sowjet“ grundsätzlich alles abnicken, was da eingebracht wird, nur weil halt alles schwierig ist. Sonst kommen wir demokratietechnisch wirklich nicht voran, und das muß doch das primäre Anliegen zumindest des „lebenden“ Teils des EP sein.
Holly01
13. Juli 2019 @ 10:46
Ach kommen Sie auf den Boden zurück Zykliker 🙂
Die Baylies von der SPD versucht doch nur ihren persönlichen Frust los zu werden, indem die sich jetzt ungestraft an der CDU abarbeiten kann.
Als SPD Frau gescheitert und am System CDU in deutschen Medien und Wählerschaften aufgezehrt, übt die da ihre ganz persönliche Rache.
Die haben das in Berlin nicht “geschissen” bekommen und karten da in Brüsseln nach, weil die genau wissen, das ist ein 5 Jahre Job.
Danach sind die Weg vom Fenster.
Die SPD Leute wissen was ihnen bevor steht.
In Berlin ist der Zwang groß genug, das die die Klappe halten.
In Brüssel ist etwas mehr Spielraum, da lassen die dann die Sau raus.
Murksel wird den Neuwahlen androhen. Der Murksel passier dabei gar nichts. Die regiert eiskalt weiter.
Die SPD kann zum sterben an die Urne gehen ….
vlg
zykliker
11. Juli 2019 @ 17:39
diese sauertöpfischen linksgrünen Besserwisser.
Alle pragmatischen Kräfte mir nach: wir bilden jetzt eine Anti-Linksgrüne-anti-Weltverbesserer-GrKo.
Flintenuschi im Stechschritt voraus mit angewachsenem Stahlhelm, die Sozen-Pudel-Fraktion schwanzwedelt staatstragend aber devot, die edlen Dalmatiner von den (Neo-) Liberalen dürfen die künftigen Kartellstrafen halbieren, und die Wadlbeisser von rechts werden als Saal-Schutz-Staffel integriert.
Holly01
12. Juli 2019 @ 09:29
Kleine Bestätigung:
” https://www.heise.de/tp/features/Uebers-Klima-reden-alle-aber-nicht-ueber-Massenentlassungen-4468110.html ”
vlg