Ein bißchen Weltkrieg
Auf dem Schachbrett der Geopolitik ist die Hölle los. Ist schon der Dritte Weltkrieg ausgebrochen? – English version here
Das könnte man meinen, wenn man unseren “Führern” (Leader) zuhört. Nato-Chef Rutte fordert eine “Kriegsmentalität” und behauptet, die Bedrohung habe einen “globalen Charakter” angenommen.
Ihm zufolge geht es längst nicht mehr nur um den Ukraine-Krieg. Russland könne auch Nato-Länder angreifen; zudem seien China, Iran und Nordkorea involviert. Außerdem tobe ein “hybrider Krieg”.
Dass die Nato über die sog. Ukraine-Kontaktgruppe fast 60 Länder in den “regionalen” Krieg in Osteuropa einbezogen hat, erwähnt Rutte natürlich nicht. Belege für eine Beteiligung Nordkoreas an Kampfhandlungen hat er auch nicht.
Bemerkenswert ist auch, dass Rutte zur Verwicklung der Türkei in den Umsturz in Syrien schweigt. Für dieses Nato-Mitglied scheinen besondere Regeln zu gelten. Zuvor hatte die Türkei schon in Bergkarabach für “Ordnung” gesorgt…
Da man Sultan Erdogan gewähren lässt, könnte dieser geneigt sein, seine neo-osmanischen Grossmachtsträume weiter zu verfolgen. Angeblich stehen schon Bulgarien und Zypern auf seiner Wunschliste.
Derweil wird der Nahe Osten “neu geordnet”. Israel schickt sich an, Gaza und das Westjordanland zu vereinnahmen; zudem hält es die Golanhöhen besetzt – “auf ewig”. Auch dazu dröhnendes Schweigen im Westen.
Ende der “Pax Americana”?
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Die große Frage ist, ob all das eine Folge des Zusammenbruchs der alten “Pax Americana” ist, oder Vorbote eines großen Krieges, der dann wahrhaft globale Dimensionen hätte.
US-Präsident Trump will sich ja, wie man hört, vor allem deswegen aus der Ukraine zurückziehen, um stärker gegen China vorgehen zu können. Noch-Präsident Biden rät ihm, sich auf mehrere Kriege vorzubereiten.
Und die EU bereitet sich darauf vor, einen möglichen Trump-Deal in der Ukraine mit “Friedenstruppen” abzusichern – oder/und in einigen Jahren selbst in die Schlacht gegen Russland zu ziehen.
Trump sorgt für Unruhe
Vom Ringen um Afrika (Frankreich muß seine Truppen aus Tschad abziehen) und in Asien (der versuchte Staatsstreich destabilisiert den US-Alliierten Südkorea) haben war da noch gar nicht geredet.
Und von Georgien, Rumänien oder Moldau auch nicht. Da unternehmen die Nato und die EU alles, um die russische “Einflusszone” durch eine westliche bzw. europäische zu ersetzen.
Offenbar versuchen alle, auf dem Schachbrett der Geopolitik noch schnell Fakten zu schaffen, bevor Trump übernimmt. Wir durchlaufen eine sehr gefährliche Phase. Das bißchen Frieden, das uns noch bleibt, steht auf dem Spiel…
Siehe auch meine neue Kolumne im Makroskop “Europas gefährlich verengter Blick auf die Welt” sowie den Update “Ein bißchen Weltkrieg: Es wird immer verrückter“
P.S. Jetzt habe ich doch glatt die spannende Frage vergessen, ob der Umsturz in Syrien etwas mit dem Krieg um die Ukraine zu tun hat. Es gibt ja Berichte, dass die Ukraine die Islamisten ausgerüstet hat. Womöglich war da noch mehr – Hinweise willkommen!
Monika
17. Dezember 2024 @ 11:37
.. die „Bedrohung“ habe einen “globalen Charakter” angenommen..
Welche Bedrohung meint Rutte? Die Bedrohung durch feindliche Militärs, die Bedrohung durch terroristisch-militante Gruppierungen, die Bedrohung der wirtschaftlichen Überlebensfähigkeit, der Bedrohung des „Wohlstands“ -hier bei uns, oder eher global betrachtet-, die Bedrohung durch Überbevölkerung und Klimafolgen, die Bedrohung durch die selbst geschürte Kriegshysterie, die Bedrohung durch XXX? Jede dieser Bedrohungen bedarf anderer Lösungsansätze, und was hat Rutte als „Wunderwaffe“ gegen DIE BEDROHUNG im Gepäck? Alle Mittel und Möglichkeiten in sinnlose, Leben vernichtende Kriegshandlungen leiten! Solche Problemlöser sind die Bedrohung und müssen allseits ihre „Posten verlieren“, wenn Menschen menschenwürdig überleben sollen.
Der Gegner des westlichen Kapitalismus ist nicht mehr der Kommunismus, sondern der Konsumismus der Entwicklungs- und Schwellenländer, die sich „längst das Know-how der Massenproduktion angeeignet haben“ sagt Guido B.
Stimmt, der Kapitalismus hat selbst für diesen Umstand gesorgt, um kurzfristig möglichst viel Geld für Wenige zu generieren das bei möglichst geringer eigener Arbeitsleistung. Die Produktion in Schwellenländer war „billiger“ (kein Arbeiterelend und kein Dreck im eigenen Land), und die dadurch billigeren Produkte konnten unseren heimischen „sozial Schwachen“ die Illusion von Wohlstand vermitteln, weil sie sich bei Dicounter für 2.99 T-Shirts „leisten“ konnten. Jetzt wo ein Großteil der Bevölkerungen ahnen, dass dieser Baum nicht weiter in den Himmel wächst und sich auf wieder mehr Eigenständigkeit besinnt (das ist schließlich der Kern der nationalistischen „Rechts“rucke) sehen die Plutokraten das Ende ihrer Goldader, und sehen ihr letztes Heil erst im Krieg und dann im Geschäft des Wiederaufbaus. Plutokraten als Phönixe, die immer wieder aus der Asche steigen, so ihre Phantasie.
Der Rest? Leidet, die kurzen und immer kürzer werdenden „Aufbauphasen“ ausgenommen. Der Rest sollte mehr Robin Hood wagen. (Meine Phantasie..). .
Arthur Dent
14. Dezember 2024 @ 16:07
Hysterie und Paranoia allenthalben – wo ist eigentlich Sigmund Freud, wenn man ihn mal braucht.
Auch „unsere Führer“ haben ein Recht auf Dummheit, das gehört zur freien Entfaltung der Persönlichkeit
Guido B.
13. Dezember 2024 @ 17:50
Wir erleben das letzte Aufbäumen eines niedergehenden Imperiums. Der kolonialistische Ausbeutungsmechanismus, der einige Jahrhunderte funktioniert hat, zerschellt an der Emanzipation dynamisch wachsender Nationen, welche die Mehrheit der Weltbevölkerung repräsentieren. Sie beanspruchen Wohlstand und die dafür notwendigen Ressourcen. Der Gegner des westlichen Kapitalismus ist nicht mehr der Kommunismus, sondern der Konsumismus der “Entwicklungs- und Schwellenländer”, die sich längst das Know-how der Massenproduktion angeeignet haben. Die westlichen Eliten ahnen, dass die liberalen Demokratien abschmieren, wenn es mit dem Wohlstand rassig bergab geht. Sie verlieren an allen Fronten: im internationalen Wettbewerb und in den internen Wahlkämpfen. Darum greifen sie zum letzten Mittel eines Imperiums – seiner Kriegstüchtigkeit. Uns stehen schlimme Zeiten bevor.
Robby
13. Dezember 2024 @ 17:15
Zumindest kann man diesmal sagen, dass es keine Schlafwandler waren die uns in die Katastrophe des 21. Jahrhunderts geführt haben.
ebo
13. Dezember 2024 @ 17:20
So ist es, leider.