Wie Kallas die Welt sieht, Macrons neuer Premier – und Schengen wächst
Die Watchlist EUropa vom 14. Dezember 2024 – heute mit der Wochenchronik.
Es war ihre erste große Bewährungsprobe. Beim Umsturz in Syrien sollte die neue EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas zeigen, was sie kann. Die ehemalige estnische Regierungschefin war in Brüssel mit dem Anspruch angetreten, eine starke außenpolitische Stimme Europas zu werden. Doch daraus wurde nichts.
Erst kam tagelang nichts – Kallas fand zum Vormarsch der islamistischen HTS-Miliz keine Worte. Dann teilte sie dem staunenden Publikum mit, dass sie die Lage aufmerksam beobachte – eine Selbstverständlichkeit.
Als Syriens Machthaber Assad schließlich gestürzt war, sprach sie von einer „positiven und lange erwarteten Entwicklung“ – barer Unsinn, denn erwartet hatte das niemand.
Schadenfreude
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Assads Sturz zeige die Schwäche seiner Verbündeten in Russland und Iran, betonte Kallas. Aber viel mehr als Schadenfreude kam in dem hektisch abgesetzten Tweet nicht zum Ausdruck.
Erneut fehlte jedes Wort zu den neuen, islamistischen Herrschern. Auch zur Rolle der Türkei, Israels oder der USA schweigt sich Kallas aus.
Dabei ist nicht zu übersehen, dass sich diese Länder – aber auch Katar, Jordanien und wohl sogar die Ukraine – aktiv eingemischt haben, wobei sie die territoriale Integrität und Souveränität des Landes mit Füßen treten.
Bei anderen Konflikten ist die EU nicht so zimperlich. Wenn es um die Ukraine und ihre territoriale Integrität geht, sind die Europäer an vorderster Front.
Ukrainische Brille
Kallas’ erste Amtshandlung war ein Besuch in Kiew, wo sie ein Bekenntnis zur Ukraine ablegte und gelobte, alles zu tun, um den „Sieg“ gegen Russland zu ermöglichen.
Besserung ist nicht zu erwarten. Denn in Brüssel hat sich eine eigenartig engstirnige Weltsicht durchgesetzt.
Alle geopolitischen Ereignisse werden zuerst durch die ukrainische Brille betrachtet. Nützt es der Ukraine, schadet es Russland – das war denn auch die erste Frage, die sich Kallas beim Umsturz in Syrien gestellt hat.
Nach europäischen Interessen hat sie nicht gefragt…
Dies ist ein Auszug aus meiner neuen Kolumne im “Makroskop” (Paywall). Siehe auch “Kallas fehlen die Worte” und “Ein bißchen Weltkrieg”
Was war noch?
- Frankreichs angeschlagener Staatschef Macron hat einen neuen Premier ernannt. Der “Zentrist” Francois Bayrou soll versuchen, die von Macron und seinem Amtsvorgänger Barnier hinterlassenen Scherben zusammenzukehren. Er hat sich selbst ins Hôtel Matignon katapultiert – mit der Drohung, Macrons liberalem Lager andernfalls die Unterstützung zu entziehen…
- Die Schengen-Zone des freien Reiseverkehrs wächst. Nach einem Beschluss der EU-Innenminister werden rund 20 Jahre nach ihrem EU-Beitritt nun auch Bulgarien und Rumänien aufgenommen. Allerdings sind beide Länder äußerst instabil. In Bulgarien stürzt regelmäßig die Regierung, in Rumänien wurde gerade erst die Präsidentschaftswahl annulliert…
- Georgien hat einen neuen Präsidenten. Er heißt Micheil Kawelaschwili, war früher Profifußballer bei Manchester City und sitzt seit 2016 im Parlament. Seine Wahl durch eine neu geschaffene Wahlversammlung wurde von der Opposition boykottiert. Die proeuropäische Amtsinhaberin Surabitschwili hat angekündigt, ihren Platz nicht räumen zu wollen…
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Monika
15. Dezember 2024 @ 17:02
Hinweis an ebo
Surabischwili heißt die an ihrem Sitz klebende Präsidentin.
Sie haben oben unter dem Punkt Georgien von einer Frau Surabitschwili geschrieben.
Sie mag zwar eine sein, aber nicht dass Sie Ärger kriegen wegen Beleidigung, wir brauchen ihre wertvolle Arbeit noch!
Herzlich Monika
ebo
15. Dezember 2024 @ 17:55
Jeder schreibt sie anders…
Somebody
15. Dezember 2024 @ 19:13
Vielleicht gleicht es sich ja aus, wenn er die Tage über die Kämpfe in Manbidsch schreibt? 😉
Klarer Vorteil für die Tourismussteigerung, einfach Ortsnamenschilder mit der Deutschen Schreibweise anbringen und man vll. gibt es einen Fuckingeffekt xD.
Monika
15. Dezember 2024 @ 16:50
…Auch zur Rolle der Türkei, Israels oder der USA schweigt sich Kallas aus…
Vielleicht zeigt folgende von ca. 600 internationalen Wissenschaftlern und Experten unterzeichnete Petition an die UN-Generalversammlung auf, was geboten und möglich wäre, wenn Mann/Frau sich im europ. Parlament ernsthaft mit den Konflikten befassen würde, und nicht sich nur im Geifern gegen … und im Übertreffen von … und dem eigenen Macht- und Pfründeerhalt beschäftigen würde.