Merkels Macht verfällt – CDU bei 19 Prozent
Der Machtverfall in Berlin hat sich beschleunigt. Die CDU steht laut einer Umfrage nur noch bei 19 Prozent – Kanzlerin Merkel warnt vor einem Linksrutsch.
In seinem Buch “Machtverfall” – wir haben es hier besprochen – beschreibt der “Welt”-Journalist R. Alexander, wie Kanzlerin Merkel nach und nach die Fäden der Berliner Politik entglitten sind.
Als das Buch entstand, lag die CDU in den Umfragen noch bei 25 Prozent. Nun liegt sie bei 19 (ein historischer Tiefststand). Die SPD kann sich in der Forsa-Umfrage um zwei Punkte auf 25 Prozent verbessern.
Wie ist das zu erklären? Liegt es nur an SPD-Kandidat Scholz, der sich erfolgreich an die Spitze “merkelt”? Oder an seinem CDU-Rivalen Laschet, der im Schlafwagen zur Macht wollte und nun abgehängt wird?
Nein, diese Zahlen fallen auch auf Noch-Kanzlerin Merkel zurück. Schließlich war sie es, die die CDU, die sie einst unangefochten führte, in den aktuellen, desolaten Zustand hinterlassen hat.
Klar, sie hat versucht, eine Nachfolgerin aufzubauen. Doch dann hat sie A. Kramp-Karrenbauer im Streit um die Landtagswahl in Thüringen fallen lassen. “Diese Wahl muß rückgängig gemacht werden”, erklärte Merkel.
Danach hat AKK die Brocken hingeworfen. Und der Links-Politiker B. Ramelow bekam eine neue Amtszeit. Er führt Thüringen pragmatisch, von einer Einführung des Sozialismus ist das Land weit entfernt.
Vor diesem Hintergrund sind die Warnungen vor einem Linksrutsch nicht besonders glaubwürdig. Merkel sollte lieber vor einem Zusammenbruch des bürgerlich-konservativen Lagers warnen – also ihrer eigenen Basis.
Die läuft CDU (und CSU) in Scharen davon – zur SPD und zu den Grünen. Denn dort hatte sich Merkel in ihrer Regierungszeit immer wieder Stimmen geliehen. Nun sind sie futsch, die Königin ist nackt…
Mehr zu Merkel hier, mehr zur Bundestagswahl hier
Alexander
9. September 2021 @ 00:03
@european, @ebo:
Ich bin der Ansicht, Ihr unterschätzt, wie desorientiert und politisch unzurechnungsfähig die große Mehrheit der Bevölkerung ist! Hätte diese furchtbare Frau wieder kandidiert, dann hätte sie auch die Wahl mit 30%+ gewonnen!
Volker Pispers hat vor etwa einem Jahrzehnt (sinngemäß) gesagt: “Auf legalem Weg werden wir die doch nie wieder los!”
Dass sie nun (vermutlich innerlich *sehr* beleidigt) selber verzichtet hat, statt Kanzlerin auf Lebenszeit zu werden, ist doch eher auf einen politischen Zufall zurückzuführen. Heute wäre der “Club Deutscher Unternehmer” (CDU) doch froh, wenn dieses irrsinnigerweise bei der Bevölkerung so beliebte NICHTS noch auf dem Stimmzettel stünde!
ebo
9. September 2021 @ 08:53
Natürlich hätte sie das!
Mein Kalkül ist simpel:
CDU mit Merkel = 30+
CDU ohne Merkel = 20-
Die Differenz geht an SPD und Grüne
Das ist es doch, was wir aktuell sehen, oder?
european
9. September 2021 @ 09:43
Ich glaube auch, dass sie wieder knapp gewonnen hätte. Das macht die Aussagen vorher aber nicht falsch. Die CDU war vor Corona schon bei knapp über 20 Prozent angekommen. Durch die Pandemie erhielt die Regierung einen Krisenbonus, der übrigens völlig normal ist. Selbst Bolsonaro konnte von so etwas profitieren. Man glaubt es kaum.
Pispers hatte auch völlig recht. Es stand zu befürchten, dass man sie nie wieder los wird. Ich hatte die Befürchtung auch. Es wäre der Untergang Europas geworden.
Ein großer Teil der deutschen Bevölkerung hat von der letzten Finanzkrise nichts mitbekommen. Beamte, gut situierte Pensionäre, Rentner, Teile des gehobenen Mittelstandes uvm. Denen konnte man auch gut das Märchen vom verschwenderischen Süden erzählen, das heute immer noch von großen Teilen der CDU und der FDP erzählt wird. Dazu das Ammenmärchen von der angeblich horrenden Staatsverschuldung, die noch angeblicher zu Lasten der nächsten Generationen geht. Der Blödsinn, dass wir so gut aus der Krise gekommen sind, weil wir vorher so gut “gespart” hatten, schlägt dem Fass dann den Boden aus – aber auch das wird so gern geglaubt. Wo ist das Heer der Banker, Steuerberater, Bilanzbuchhalter, die alle etwas von Buchführung verstehen müssen? Ich fasse es nicht. Der Bildungsnotstand ist höher als angenommen.
Merkel hat immer auch im linken Lager gefischt, was ihr mehr Stimmen eingebracht hat, als Merz und Co jemals in der Lage wären einzusammeln. Das liegt aber eher daran, dass die CDU sich überholt hat, bzw. von der Realität überholt wurde. Was gilt denn? Werteunion? Frauenunion? Resteunion? CSU? Die Blaubraunen vielleicht, denn schließlich waren die ja mal Teil der CDU?
Heute morgen war ein Interview mit Janine Wissler im WDR, in dem sie nochmal ihre Forderungen zur NATO erklärt hat. Es ist nicht (mehr) von Austritt die Rede, aber von Reformen, so wie Macron es gefordert hat.
https://www1.wdr.de/mediathek/audio/wdr5/wdr5-morgenecho-interview/audio-wissler-linke-fordert-nicht-austritt-aus-der-nato-100.html
Gestern twitterte Feldenkirchen, dass die Programme von SPD, Grünen und den Linken zu 90% kompatibel sind und dass mit den Linken wesentlich mehr machbar sein wird, als mit dem Bremsklotz FDP. Dem kann man nur zustimmen:
https://twitter.com/MFeldenkirchen/status/1435480588304195586
Und sollte sich noch irgendjemand darüber wundern, dass EU-weit, aber besonders in der Eurozone die Rechtsaußen-Parteien wie die Pilze aus dem Boden geschossen sind, der folge bitte Philipp Heimberger, der dazu gestern folgendes twitterte:
https://twitter.com/heimbergecon/status/1435503284694003714
“Fiscal austerity helped bring the Nazis to power. This recent paper in the Journal of Economic History provides evidence by directly linking German regional voting outcomes from four elections (1930-1933) to fiscal austerity:”
Mit ein bisschen Geschichtsbewusstsein hätten gerade wir Deutschen das wissen müssen. Nicht nur ist Austerität ein kontraproduktives Mittel, weil in einem Staatshaushalt Einnahmen und Ausgaben untrennbar miteinander verbunden sind und sinkende Ausgaben zu sinkenden Einnahmen führen. Sie führt auch zudem noch zu Arbeitslosigkeit, staatlicher Unbeweglichkeit, Investitionsstaus uvm. Deutschland hat das nur durch seine Exportüberschüsse ausgeglichen, weil es zu Lasten der Nachbarn seine Löhne gesenkt hat. Sie haben es “Wettbewerbsfähigkeit” getauft. Klingt auch besser als Lohndumping. Ist dem Land aber letzlich auch nicht bekommen. Mittlerweile haben wir so viele Baustellen und Investitionsstaus, dass wir den Überblick verlieren.
Dazu zum Schluss noch etwas Humor, denn nur so kann man das noch ertragen. Eine Firma in Schmallenberg-Oberkirchen, NRW, Laschet-Land, hat den ultimativen Test gemacht. Was ist schneller, das Internet oder das Pferd? Möchte jemand Wetten abgeben? 🙂 🙂 🙂
https://www1.wdr.de/nachrichten/westfalen-lippe/pferd-internet-daten-transfer-wettbewerb-schmallenberg-100.html
Alexander
9. September 2021 @ 11:29
@european: Scholz dürfte schwer hoffen, dass es erst gar nicht zu einer rechnerischen Mehrheit mit der Linkspartei kommt! Dann müsste er als strahlender Wahlsieger nur noch die Parteispitze loswerden sowie Kühnert kaltstellen und könnte dann als neuer Genosse der Bosse stets darauf verweisen, dass er ja sehr gerne eine sozialere Politik machen würde, aber leider, leider an den hart verhandelten Koalitionsvertrag mit der FDP gebunden ist.
Sollte er eine Koalition mit der Lindner-Partei hinbekommen, dann kann er sich als großen Politstrategen feiern lassen, der aus aussichtloser Ausgangslage dafür gesorgt hat, dass die C-Parteien für längere Zeit keine Machtperspektive mehr haben. Vielleicht mag Herr Kahrs dann ja auch wieder mitmachen, nachdem Herr Clement ja bedauerlicherweise längerfristig verhindert ist?
ebo
9. September 2021 @ 11:31
Das ist ein Szenario.
Das andere ist, dass es für Rot-Gün reicht – dann hätten Kühnert & Co. durchaus noch etwas zu melden…
Alexander
9. September 2021 @ 12:25
@ebo: Ich bin gespannt, ob Scholz & Friends noch eine Offensive mit dem Ziel starten werden, die Linke unter 5% zu bekommen! Eben habe ich beim ehemaligen Nachrichtenmagazin gelesen “Scholz findet warme Worte für Lindner”.
(Einige in der €DU wollen übrigens Zwangsarbeit für Langzeitarbeitslose einführen. Von Lagern war bisher zum Glück noch nicht die Rede.)
european
9. September 2021 @ 12:33
Wenn man konsequent ist, dürfte man überhaupt nicht wählen und dann wird es noch schlimmer, weil die Radikalinskis nämlich wählen gehen.
Hoffentlich reicht es für Rot-Grün, wobei ich nichts gegen Rot-Rot-Grün hätte. Wäre ich Thüringerin würde ich auch Ramelow wählen. Wie sagte Georg Schramm dazu: “Ramelow ist wie SPD vor HartzIV”.
Ich hab allerdings etwas gegen die FDP. Nicht nur wegen ihrer Klientelpolitik, sondern auch wegen dem Unsinn, den Christian Lindner immer verbreitet. Außerdem fühlt er sich schon als ernannter Finanzminister bevor die WählerInnen überhaupt zur Urne gegangen sind. Was für eine Chuzpe. Man hat Mühe, dass einem nicht schlecht wird.
Alexander
9. September 2021 @ 13:32
Der Satz von Schramm ist aber schon älter! Ramelow ist in meinen Augen so links, wie Kretschmann grün ist. Ramelow hat zum Beispiel im Bundesrat der PKW-Maut zugestimmt und zuletzt sogar einem AFDler seine Stimme gegeben! Für mich ist der unwählbar und einer der Gründe, mein Kreuz nicht bei der Linkspartei zu machen.
Was habe ich mich 1998 über Rot-Grün gefreut! Und dann haben die Dinge verbrochen, für die sie absolut *kein*Mandat* hatten! Das ist unverzeihlich!
european
9. September 2021 @ 14:31
Der Satz von Schramm stammt aus dem politischen Aschermittwoch 2020, ist also so alt nicht. Welchem AfD-Kandidaten hat Ramelow seine Stimme gegeben? Über die Geschichte mit der Maut weiß ich zu wenig. Das ist Scheuer-Geklüngel und irgendwann habe ich da den Anschluss verloren.
Wir sind auch schon zu lange weg.
Alexander
9. September 2021 @ 14:50
@european:
Bitte sehr:
https://www.fr.de/politik/thueringen-ramelow-afd-landtags-vize-kaufmann-zr-13572340.html
Ich kann mir gut vorstellen, was los wäre, wenn S. Wagenknecht sich so verhalten hätte!
Insgesamt ist die Lage so, dass ich überlege, mich nur noch meinen eigenen Kram zu kümmern. Das ist besser für meine Gesundheit und wenn für mich von den sechs im Bundestag vertretenen Parteien etwa fünfzweidrittel nicht wählbar sind, dann ergibt es ja auch keinen Sinn, diese Veranstaltung weiter zu verfolgen.
Wir sind im Gesäß. Das was kommt, wird furchtbar werden!
european
8. September 2021 @ 19:44
Merkel’s Macht war vor Corona schon verfallen. Deshalb ist sie ja auch vom CDU-Vorsitz zurückgetreten und hat versprochen, dass sie nicht wieder antritt. Für mich sind auch die Lobeshymnen über ihre Kanzlerschaft, ihr Wirken als Krisenkanzlerin, völlig daneben. Heißt nicht, dass andere es besser gemacht hätten, aber sie hinterlässt ein Schlachtfeld in Deutschland und Europa. Laschet ist m.E. auch nicht die Ursache für den Zustand der Union, sondern ein Symptom für eine konzeptionslose Partei ohne Kompass. Es ist höchste Zeit für die Oppositionsbank.
Man kann den Leuten auch nicht mehr zuhören. Was die jetzt alles so vorhaben – unglaublich. Entfesselung. Ein Jahrzehnt der Erneuerung. Ja, wer hat denn in den letzten 16 Jahren regiert? Waren es etwa doch die Reptiloiden? 😉
ebo
8. September 2021 @ 21:28
Ich denke, die 19-20 Prozent sind etwas das, was von der CDU ohne Merkel bleibt. Laschet kann vielleicht noch einmal 5 Prozent drauflegen, wenn er keine Fehler mehr macht, Söder hätte womöglich 10 Prozent geschafft. Aber die 19-20 sind das Vermächtnis von Merkel an die CDU.
Alexander
8. September 2021 @ 13:10
Hier eine Antwort auf die oft gestellte Frage, weshalb jemand wie Herr Scheuer noch im Amt ist:
https://twitter.com/Storch_i/status/1435318753315770369