Macron fordert Merkel-Club heraus
Alle fordern gemeinsame deutsch-französische Initiativen, Kanzlerin Merkel hat für März erste Vorschläge angekündigt. Doch hinter den Kulissen ist ein Kleinkrieg zwischen Merkel und Präsident Macron ausgebrochen.
Dabei geht es nicht etwa um Macrons umstrittene Vorschläge für die Eurozone, die Merkel und ihr Adlatus Altmaier bereits erfolgreich in Brüssel ausgebremst haben. Nein, es geht um die Europawahl 2019 und Merkels EVP.
Dieser Club aus CDU, CSU und anderen, zweitrangigen konservativen Parteien führt derzeit unangefochten Parlament und Kommission. Über das System der “Spitzenkandidaten” will die EVP auch 2019 ihre Macht erhalten.
Doch Macron fordert nicht nur dieses System heraus, mit dem zuletzt ein Politiker an die Macht kam, der es nicht einmal für nötig befand, für das Europaparlament zu kandidieren (Kommissionschef Juncker).
Der liberale Franzose attackiert auch Merkels EVP-Club. In der EVP werde die europäische Idee von Leuten wie Berlusconi oder Orban verraten, sagte Macron – und kündigte eine eigene, neue Bewegung an.
Er strebe eine Neuordnung des europäischen Parteiensystems an, sagte Macron just in dem Moment, da Juncker die EVP gegen Kritik verteidigte und für eine Neuauflage der “Spitzenkandidaten” plädierte.
Folgt man der “FAZ”, so soll die neue Macron-Partei “progressiv” und “pro-europäisch” sein – aber auch der CDU offen stehen. Doch erstmal müsste Merkel wohl sagen, wo sie eigentlich steht.
Sie hat sich bisher weder zu Europa-Wahllisten à la Macron noch zu Spitzenkandidaten à la Juncker bekannt. Und eigene europapolitische Ideen hat sie seit Monaten auch nicht mehr geäußert.
Hatte sie eigentlich je welche?
Siehe auch “Eine Niederlage für Macron (und die Demokratie)” sowie “Das Problem mit den Spitzenkandidaten”
Concordius
15. Februar 2018 @ 17:31
“Progressiv” und “proeuropäisch” – hm, täusche ich mich, oder könnte man das Ganze etwas einfacher auch einfach “marktkonform, bloß mit neuem Schwung” nennen…? – Damit wäre der zunehmenden Unkenntlichkeit der christlichen und sozialdemokratischen/sozialistischen Parteienfamilien gerade nicht abgeholfen. “Die Ausbreitung des Neoliberalismus wurde organisiert als Krieg gegen die Hauptanliegen von Sozialdemokratie und christlicher Soziallehre. Doch die Traditionsparteien begriffen ihre Entmächtigung als wissenschaftlichen Fortschritt.” ( S. Schulmeister, http://stephan.schulmeister.wifo.ac.at/fileadmin/homepage_schulmeister/files/RechtspopulistenCDSP_Blaetter_07_2016.pdf ) Weder Merkel noch Macron traue ich zu, hier einen WIRKLICHEN Reset zu starten. Es geht bei diesem “Kleinkrieg” doch nur darum, wer im gemeinsamen, neoliberalen Merkel-Macron-Club den Ton angibt, nicht um zwei verschiedene Clubs.
ebo
15. Februar 2018 @ 19:07
Man kann Macron durchaus als neoliberalen Politiker bezeichnen, aber im Europaparlament hat er noch keinen einzigen Abgeordneten. Deshalb führt die Gleichsetzung der progressiven und proeuropäischen Europaabgeordneten mit “marktkonformer” Politik in die Irre.