Klima und Krieg spalten die EU, das Parlament blamiert sich beim Emissionshandel
Was bleibt von der Europapolitik der vergangenen Woche? Das Europaparlament zerstreitet sich beim Klimaschutz, treibt aber auch das umstrittene Verbrenner-Verbot voran. Zwei Vorhaben des französischen Vorsitzes scheitern. Und der Krieg in der Ukraine wird zum Spaltpilz.
Es war die Woche der Entscheidung im Europaparlament. Das Klimapaket “Fit for 55” und einige andere wichtige Dossiers standen zur Abstimmung. Doch das Plenarvotum zum Klima ging schief, für die Reform des Emissionshandels fand sich keine Mehrheit. Die sonst übliche Allianz der “Pro-Europäer” brach auseinander, ausgerechnet beim Klimathema haben sich CDU-Mann Liese und die Sozialdemokraten und Grüne zerstritten.
Es war eine der größten Blamagen der letzten Monate, der Umweltausschuß muß nun nachsitzen und einen Kompromiß suchen. Es gab aber auch ein paar Erfolge, wie ein französischer Parlamentarier zufrieden anmerkte (nicht zufällig vor dem ersten Durchgang der Parlamentswahl am Sonntag in Frankreich).
Das Parlament stimmte für einen EU-weiten Rahmen zum Mindestlohn, die Geschlechter-Parität in den Unternehmen, das Einheits-Ladegerät, das Ende des Verbrennungs-Motors ab 2035 und die Überarbeitung der EU-Verträge, um die Einstimmigkeit etwa in der Außenpolitik abzuschaffen.
Pas mal – doch all dem müssen auch noch die 27 EU-Staaten zustimmen, und das ist längst nicht sicher. Beim Verbrenner-Aus gibt es sogar in Deutschland noch Widerstand. Das Europaparlament schießt mit seinen Ambitionen oft über das Ziel hinaus und wird dann später wieder überstimmt…
Was war noch? Zwei EU-Projekte – die faire Verteilung von Flüchtlingen aus dem Mittelmeerraum und die Bankenunion – sind gescheitert. Beide waren der französischen Ratspräsidentschaft besonders wichtig, doch der Widerstand (auch aus Deutschland) war zu groß.
Und dann war da natürlich noch der Krieg in der Ukraine. Das Land ist nun völlig abhängig vom Westen – finanziell von der EU und militärisch von den USA. Das ist ein “Game-Changer”, aus dem heroischen Abwehrkampf der Ukraine ist ein Stellvertreterkrieg des Westens geworden.
Amerikaner und Europäer können, ja müssen nun mitentscheiden, wie es weiter geht – und ob es überhaupt weiter geht. In der EU wird bereits der Ruf nach einer Verhandlungslösung lauter. Deutschland, Frankreich und Italien setzen wieder verstärkt auf Diplomatie.
Doch Polen, Balten und Briten halten dagegen. Der Krieg spaltet Europa just in dem Moment, da wichtige Schlachten und Entscheidungen anstehen. So bereitet EU-Kommissionschefin von der Leyen schon den Beitritt und den Wiederaufbau der Ukraine vor, am Samstag war sie wieder in Kiew…
…wo sie schon mal ankündigte, dass die Ukraine wahrscheinlich den Kandidatenstatus für den EU-Beitritt erhalten wird. Dabei spricht die EU-Kommission erst am Montag über dieses brisante Thema, Erweiterungskommissar Varhelyi hat sich noch gar nicht geäußert…
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