Hoffnung aus USA, Widerstand aus Osteuropa

Was bleibt von der EU-Politik der vergangenen Woche? Die Hoffnung, dass mit dem kommenden US-Präsidenten Biden alles besser wird. Und die Angst, dass Ungarn und Polen das wichtigste Vorhaben des deutschen EU-Vorsitzes zunichte machen.

Es war eine gute Woche für die EU. Erst wurde der verhasste US-Präsident Trump abgewählt, dann machte das Europaparlament den Weg für das neue EU-Budget frei, und schließlich kam auch noch die Nachricht von einem neuen Corona-Impfstoff made in Germany.

Seitdem sprühen die EU-Politiker vor Optimismus. Kanzlerin Merkel und Kommissionschefin von der Leyen planen den Schulterschluß mit Trump-Nachfolger Biden – vor allem im Kampf gegen Corona, beim Handel und in der Klimapolitik erwarten sie Fortschritte.

Das Europaparlament lobt sich selbst dafür, dass es das 1,8 Billionen Euro schwere neue EU-Budget (incl. Corona-Aufbaufonds) um vergleichsweise bescheidene 17 Mrd. Euro aufgestockt hat – vor allem für den Klimaschutz und für die Gesundheit soll es (etwas) mehr Geld geben.

Und die deutsche Politik kann nicht oft genug betonen, dass es deutsche bzw. deutsch-türkische Forscher waren, die den neuen, viel versprechenden Corona-Impfstoff entwickelt haben. Ein “Durchbruch” sei das, auch wenn längst nicht alle Details bekannt wurden.

Ich möchte kein Wasser in den Wein gießen, schließlich braucht die EU dringend gute Nachrichten. Doch noch ist Biden nicht im Amt, noch ist das neue EU-Budget nicht in trockenen Tüchern, und noch wurde das neue Corona-Wundermittel nirgendwo in der Welt zugelassen.

Ein Rückschlag droht vor allem beim Budget. Denn Ungarn und Polen leisten Widerstand gegen den Rechtsstaats-Mechanismus, der an den neuen Haushalt gekoppelt ist. Sie drohen, den “historischen” Finanzplan mit einem Veto zu stoppen – was eine Ohrfeige für den deutschen EU-Vorsitz wäre.

Schließlich ist Kanzlerin Merkel den Osteuropäern weit entgegen gekommen. Sie hat den Mechanismus verwässert und seine Reichweite eingeschränkt. Mit Kürzungen muß nur rechnen, wer das neue Budget gefährdet – bereits erfolgte Übergriffe auf den Rechtsstaat werden nicht geahndet.

Ein Veto wäre aber auch ein Dämpfer für alle jene, die glauben, die Niederlage von US-Präsident Trump werde auch die Rechtspopulisten in Europa schwächen. Bisher sieht es eher so aus, als würden Orban & Co., von der Wut der Verzweifelung getrieben, noch mehr Widerstand leisten…

Siehe auch “Streit um Rechtsstaat eskaliert” und meinen Kommentar im “Freitag”