China sticht EUropa aus, Seehofer schont den Islam – und Erdogan provoziert erneut
Die Watchlist EUropa vom 16. November 2020 –
Erinnert sich noch jemand an TTIP? Mit der “Transatlantic Trade and Investment Partnership” wollte die EU den “größten Markt” der Welt schaffen – zusammen mit den USA. Das Projekt war gegen China gerichtet, scheiterte jedoch an unseren amerikanischen Freunden.
Nun hat China den größten Handelsraum geschaffen – zusammen mit Australien, Japan und anderen ostasiatischen Staaten. Die “Umfassende Regionale Wirtschaftspartnerschaft (RCEP)” wurde am Sonntag bei einem Video-Gipfel in Hanoi besiegelt.
In Deutschland wird sie als Antwort auf US-Präsident Trump und seinen Handelskrieg gesehen. Doch das ist falsch. Die Verhandlungen laufen schon seit 2012, das war vor Trump. RECEP war ursprünglich als Gegengewicht zum Transpazifischen Freihandelsabkommen TPP gedacht.
Auch das war ein US-Projekt. Nun konterkarieren die Chinesen vor allem die EU, die mit Japan vor zwei Jahren das “größte Freihandelsabkommen” geschlossen hatte. Die USA spielen eigentlich keine Rolle mehr, sie haben sich dem Protektionismus verschrieben und wollen keinen Freihandel, so Trump.
Ob sich das unter US-Präsident Biden ändern wird, ist fraglich. Auch der Nutzen von Freihandelsabkommen ist zweifelhaft geworden – denn die Aufhebung von Zollschranken und nicht-tarifären Hindernissen ist weitgehend ausgereizt, irgendwann geht der Grenznutzen gegen Null.
Doch das hat man in Brüssel noch nicht erkannt. Hier geben die Freihändler, geführt von der deutsche EU-Beamtin S. Weyand, immer noch den Ton an. Ob sie angesichts des China-Deals bald wieder nach TTIP rufen werden? Es würde mich nicht überraschen…
Watchlist
Machen Ungarn und Polen ernst mit ihrer Drohung, das neue EU-Budget zu blockieren? Das dürfte sich am Montag zeigen, wenn der deutsche EU-Vositz das 1,8 Bill. Euro schwere Finanzpaket (incl. Wiederaufbau-Fonds) zur Abstimmung stellt. Budapest und Warschau haben mit einem Veto gedroht, weil ihnen der neue, an das Budget gebundene Rechtsstaats-Mechanismus nicht paßt. Falls sie ihre Drohung in die Tat umsetzen, so geht der Streit wohl auf den EU-Videogipfel am kommenden Donnerstag. – Mehr zum Thema hier
Was fehlt
Ein kritisches Wort zum Islamismus bzw. zum “politischen Islam”. Beim Treffen der EU-Innenminister am Freitag gab es zwar eine Erklärung zum Terrorismus, sogar das Wort “islamistische Attacke” taucht einmal auf. Ansonsten hat der amtierende Ratsvorsitzende Seehofer aber jeden Verweis auf den Islam streichen lassen. “Our fight against terrorism is not directed against any religious or political beliefs, but against fanatical and violent extremism” heißt es nun in der vom deutschen Ratsvorsitz weich gespülten Fassung.
Das Letzte
Der türkische Sultan Erdogan hat sich eine neue Provokation einfallen lassen. Nun fordert er eine “Zweistaaten-Lösung” für Zypern, dessen Nordhälfte seit 1974 von türkischen Truppen besetzt ist. Damit fordert Erdogan das EU-Mitglied Zypern heraus, das Anspruch auf die ganze Insel erhebt und eine Wiedervereinigung anstrebt. Um seinen nach internationalem Recht illegalen Anspruch zu unterstreichen, besuchte Erdogan am Sonntag die Küstensiedlung Varosha. Bereitet er eine Annexion vor – und was macht die EU?
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Holly01
16. November 2020 @ 09:03
@ ebo:
Es sind 2 Handelsabkommen, die geschlossen wurden.
Die haben etwas unterschiedliche Ausrichtungen und die Teilnehmer sind geringfügig anders gemischt.
Das eine (große) ist eine weitgehende Handelserleichterung. Anerkennung von Normen und Fertigungsverfahren.
Das andere geht tiefer. Das ist eine Annäherung bei den Patenrechten und dem Handelsrecht.
Interessanter Nebenschauplatz ist Indien. Indien setzt voll auf die USA und die EU und positioniert sich gegen China.
Die Abkommen wurde überhaupt erst möglich, als sich Indien (auf Trumps Betreiben) aus den Verhandlungen zurück gezogen hat.
Dieser Akt der Solidarität mit den USA (die sind auch ausgestiegen) ist also ein echter Rohrkrepierer.
Auch interessant das fast alle alten Kolonien des Empire in der Region dabei sind. Der Commonwealth ist also genau so eingebunden, wie die EU über Japan.
Darum musste der deal mit Japan auch erst über den Tisch gehen. Damit die beiden Abkommen (bzw die Staaten die teilnehmen) wissen, welche Türen sie öffnen.
und ja …. die USA sind draußen. Die werden mit EINEM Staat aus dem Wirtschaftsraum einen deal machen.
Nein. Das UK kann es über die EU nicht mehr sein. Ich setze auf Japan, die entwickeln sich da immer mehr zur Drehscheibe für Waren und Rechte.
vlg