“Freundliche Gleichgültigkeit”

Wie schaffen wir eine europäische Öffentlichkeit? Und was interessiert Otto Normalverbraucher eigentlich an der EU? Das war eines der ersten Themen beim EuropaForum der Zeit-Stiftung in Hamburg.

Aufs Podium geladen waren nur Männer, und die auch nur von etablierten Medien. Blogger, YouTuber und andere Social-Media-Menschen hatten keine Chance, wie der Berliner EU-Blogger J. Worth kritisierte.

“Aber wir nutzen doch auch soziale Medien”, gaben die Vertreter von NDR, Politico und Hamburger Abendblatt zurück. Doch offenbar lesen sie sie nicht. Dann wüßten si nämliche, wie kritische die neue Öffentlichkeit der EU gegenübersteht.

Immerhin gab es ein paar ehrliche Eingeständnisse. Die Hamburger stünden der EU mit “freundlicher Gleichgültigkeit” gegenüber, sagte der Kollege vom Abendblatt. Sankt Pauli oder Buxtehude wären ihnen einfach wichtiger.

Wenn überhaupt, dann horche der Hamburger nur auf, wenn es um die EU-Position zur Elbvertiefung oder zur Pleite der HSH Nordbank geht. Da allerdings hat Brüssel viel mitzureden.

Und was ist nun mit der europäischen Öffentlichkeit? Nicht unser Ding, sagten die Medienprofis. “Mein Job ist es nicht, eine europäische Öffentlichkeit herzustellen – ich will EU-Mächtigen auf Finger schauen”, sagte K. Küstner vom NDR.

Die europäische Öffentlichkeit wäre für ihn nur ein “willkommener Kollateral-Nutzen”. Das ist mal eine ehrliche Ansage. Schade nur, dass sich dieser Nutzen immer weniger einstellen will.

Seit Eurokrise und Brexit beobachte ich das genaue Gegenteil – eine Renationalisierung der Politik und der Öffentlichkeit. In der Schuldenkrise um Griechenland 2015 zählte nur noch der (negative) deutsche Diskurs.

Sogar BBC und “Le Monde” starrten gebannt darauf, was “Bild” und “Spon” als Nächstes vom Stapel lassen würden…

Siehe auch “Citoyens verzweifelt gesucht”