Deutsche Schocktherapie, Sorge um Saporischschja – und OK für Booster

Die Watchlist EUropa vom 02. September 2022 –

Erst der Schock durch Krieg oder Katastrophe, dann der sogenannte Wiederaufbau. Erst die Zerstörung von gewachsenen Strukturen, dann der Siegeszug der Konzerne und des Marktes. So beschreibt Naomi Klein in ihrem Bestseller “Die Schock-Therapie” den Aufstieg des Katastrophen-Kapitalismus. Als Beispiele nennt sie Chile, Großbritannien oder Russland.

Nun haben wir einen neuen Schauplatz. Auch an der Ukraine wird die “Schock-Therapie” durchexerziert. Gerade erst haben Experten neoliberale Reformen für den “Wiederaufbau” gefordert.

Selbst die EU scheint nicht immun. In Frankreich verkündet der liberale Präsident Macron das “Ende des Überflusses, der Sorglosigkeit und der Gewissheiten” – und droht mit einer Rationierung von Gas.

In Deutschland schwört Kanzler Scholz die Bürger auf höhere Benzinpreise, teurere Bahntickets und eine neue Gasumlage ein. Zudem sollen alle ihre Heizung runterdrehen und weniger duschen.

Und in Brüssel plant man nach dem Notfall beim Gas nun auch noch den Notstand beim Strom. Obwohl die EU-Kommission dafür nicht zuständig ist, kremplelt sie die Energiepolitik um.

Begründet wird all dies – wie von Naomi Klein beschrieben – mit Krieg und Katastrophe. “Putin” soll an allen Zumutungen schuld sein, ein “Energiekrieg” tobe auf dem europäischen Kontinent.

Künstliche Knappheit

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In Wahrheit besteht weder ein Mangel an Gas noch an anderen Rohstoffen. Es ist die Entscheidung der EU, sich von russischer Energie “unabhängig” zu machen, die zu künstlicher Knappheit führt.

Und es sind die von der EU liberalisierten Energiemärkte, die verrückt spielen und die Preise ins Unermessliche steigen lassen. “Putin” hat damit herzlich wenig zu tun, der Kapitalismus umso mehr.

Nun kann man diesen Kapitalismus durchaus bändigen, in Deutschland hat man dafür die soziale Marktwirtschaft erfunden. Doch ausgerechnet jetzt, da es ernst wird, steht Berlin auf der Bremse.

Seit fast einem Jahr sträubt sich die deutsche Regierung gegen Eingriffe in die Energiemärkte, wie sie Frankreich, Spanien und nun auch Belgien fordern. Aktuell warnt Berlin vor einem Gaspreisdeckel.

Sakrosankte Sanktionen

Gleichzeitig verkündet dieselbe deutsche Regierung – genauer: Außenministerin Baerbock – dass die EU-Sanktionen, die maßgeblich für die Energiekrise verantwortlich sind, nicht angetastet werden.

Sie sollen sogar noch verschärft werden, erklärte Baerbock, dafür gebe sie den Ukrainern ihr Wort. Dabei sei „egal, was meine deutschen Wähler denken“, betonte die Grünen-Politikerin in Prag.

Für viele deutsche Bürger ist dies ein Schock. Baerbock verletze ihren Amtseind, Schaden vom deutschen Volk abzuwenden, argwöhnen sie. Mich erinnert es eher an die Schocktherapie von Naomi Klein…

Siehe auch Energiekrise: Eine Blase ist geplatzt, die Spekulation geht weiter und “Kopflos in die große Krise”

Watchlist

Was finden die IAEA-Inspekteure im umkämpften AKW Saporischschja heraus? Dies ist die Frage, nachdem sich die Experten trotz Artilleriebeschuss in das Kraftwerk vorgewagt haben. Bisher war keine erhöhte Radioaktivität gemessen worden, trotz der beinahe täglichen Warnungen von Ukraines Präsident Selenskyj. Das AKW wird seit Monaten vom russischen Militär besetzt gehalten und von außen beschossen – doch wer daran schuld ist, lässt sich bisher angeblich nicht herausfinden…

Was fehlt:

Das OK für den angepassten Biontech-Booster. Die Europäische Arzneimittelbehörde EMA gab grünes Licht für die Auffrischungsimpfungen von Biontech und Moderna. Der zuständige Ausschuss der EMA empfahl die Zulassung der aktualisierten Booster, die sich sowohl gegen die Omikron-Untervariante BA.1. als auch gegen den ursprünglichen Virusstamm richten. In Deutschland spielen diese Viren keine Rolle mehr. Die Hoffnung ist aber, dass dieser Impfstoff auch gegen die aktuell kursierenden Omikron-Sublinien wirkt…