Der Weg der EU in den Krieg (9): Germans to the front

Am 9. Dezember 2012 bekam die EU den Friedensnobelpreis. Knapp elf Jahre später unterstützt sie die Ukraine im Krieg gegen Russland. Wie konnte es dazu kommen? Was waren die wichtigsten Wendepunkte? Ein kritischer Rückblick in zehn Folgen. – Teil 9: Germans to the front.

Nachdem die schwedische EU-Präsidentschaft den “Sieg” der Ukraine zum Politikziel erklärt (und den Frieden gestrichen) hatte, nahm die europäische Debatte eine überraschende Wendung: Plötzlich hieß es “Germans to the front” oder “Free the Leopards”.

Der Panzerstreit war ausgebrochen. Ukraines Präsident Selenskyj hatte sich in Washington eine Abfuhr eingehandelt – US-Präsident Biden wollte keine Abrams-Panzer schicken. Also mobilisierte er seine Hilfstruppen in Berlin und Brüssel.

Plötzlich wurde Deutschland vorgeführt und getrieben – dabei hatte Kanzler Scholz gerade erst den leichten Schützenpanzer Marder freigegeben. Das Europaparlament forderte eine “europäische Panzerallianz” und appellierte an Scholz, den Weg endlich frei zumachen.

Eine gezielte Kampagne

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Es war eine gezielte Kampagne, gesteuert von der Ukraine, orchestriert in Polen, Großbritannien und den baltischen Staaten. Sie sollte den Eindruck erwecken, von Deutschland und seinen “Leos” hänge das Schicksal ganz EUropas ab.

Das war natürlich Unsinn, die Ukraine braucht nach eigener Darstellung mindestens 300 Kampfpanzer und nicht ein paar Dutzend. Falsch war auch die Behauptung, die “Panzerallianz” scheitere nur an Deutschland, die EUropäer stünden Gewehr bei Fuß.

Doch die Kampagne zeigte Wirkung. Scholz entließ seine Verteidigungsministerin, holte Pistorius – und übte Druck auf Biden aus, damit dieser auch Abrams-Lieferungen zusagte. Damit war der letzte Damm gebrochen – seither gibt es bei Waffen kein Tabu mehr.

Panzer, Kampfflugzeuge, Schiffe, Flugabwehr und weitreichende Raketen – schon am Tag nach dem deutschen “Go” überschlugen sich die Forderungen aus Kiew. Untermauert wurden sie auf diversen Kriegsgipfeln – erst in Kiew, dann in Paris und Brüssel.

EU-Gipfel als Waffenbasar

Beim EU-Gipfel in Brüssel bekam Selenskyj sogar Gelegenheit, die 27 EU-Mitgliedsländer zu bearbeiten. Der Heeresführer durfte seine Forderungen in Kleingruppen vorbringen – zugeschnitten auf jedes Land, offenbar gestützt auf Geheimdienst-Erkenntnissse.

Ein unerhörter Vorgang, der jedoch kaum noch Aufmerksamkeit erregte. Die Hauptsache war, dass Deutschland den Widerstand aufgegeben und die “Führung” übernommen hatte – sogar allein, ohne die versprochene “Panzerallianz” und ohne “Abrams”.

Damit war auch das größte und wichtigste EU-Land kriegsbereit. Und das nicht nur an der publizistisch mobilisierten “Heimatfront”, sondern auch in der Ukraine – überall, ohne Ausnahmen etwa für die Krim. Jetzt fehlen eigentlich nur noch deutsche Soldaten…

Die anderen Teile dieser Serie finden sich hier

P.S. Nach unbestätigten Berichten sollen Scholz und Präsident Macron bei ihrem Treffen mit Selenskyj in Paris auch über mögliche Verhandlungen und eine eventuelle Friedensperspektive gesprochen haben. Doch viel erreicht haben sie offenbar nicht – auf EU-Ebene trugen die Gespräche keine Früchte…