Wo Gabriel recht hat (so halb)
War es ein kluger Schachzug von SPD-Chef Gabriel, dem Europapolitiker Schulz den Vortritt zu lassen? Angesichts der EU-Krise und Schulz‘ Nähe zum „Raumschiff Brüssel“ ist dies fraglich. Aber in einem Punkt liegt Gabriel richtig – so halb.
Gemeint ist die Rolle von Kanzlerin Merkel und Finanzminister Schäuble bei der krisenhaften Zuspitzung im „deutschen Europa“. Zitat Gabriel: Merkel und Schäuble hätten
„entscheidend zu den immer tieferen Krisen in der EU seit 2008, zur Isolierung einer dominanten deutschen Außenpolitik und … zur hohen Arbeitslosigkeit außerhalb von Deutschland beigetragen“.
Eine Folge dessen sei die Stärkung antieuropäischer populistischer Parteien gewesen. „Kein deutscher Bundeskanzler vor ihr (Merkel) hätte eine so große wirtschaftliche, soziale und politische Spaltung riskiert“.
All das ist völlig richtig. Allerdings verschweigt Gabriel, dass die SPD – und auch Genosse Schulz – die Politik der Kanzlerin aktiv mitgetragen haben, vor allem in der Schuldenkrise um Griechenland 2015.
Schulz hat damals sogar den Rücktritt von Premier Tsipras und die Einsetzung einer „Technokraten-Regierung“ gefordert. Gabriel beschimpfte die Syriza-Regierung als „Kommunisten“ und Schmarotzer.
Der Hauptfehler aber war, Merkel und den Ihren vor vier Jahren freie Bahn bei der Koalitionsvereinbarung zu Europa zu lassen. Die Sozis haben in der GroKo alles abgenickt, statt gegenzusteuern.
Jetzt versuchen sie, sich von Merkel abzusetzen, der Wahlkampf lässt grüßen. Glaubwürdig ist das aber nur, wenn Schulz & Co. nun ein alternatives Programm zur Europapolitik vorlegen…
Siehe auch „Endlich Streit“
Ein Europäer
25. Januar 2017 @ 12:44
„..Glaubwürdig ist das aber nur, wenn Schulz & Co. nun ein alternatives Programm zur Europapolitik vorlegen…“
Emmanuel Macron war schneller, diesmal. Macron in den heutigen Financial Times :
1. We must create a European defence fund…
2. Central to this is a Franco-German relationship that is strong enough to ensure that Europe can act credibly …
3.The permissive consensus that allowed Europe to be governed by the elite for the elite is over….
4. ..we must rebuild Europe’s institutional and democratic foundations..
5. if the US wants to pursue unilateral trade or tax ..we will change our trade policies and corporate tax rules in response.
Ich bin mal gespannt, ob der Herr Schulz und die Sozialdemokraten (mit der Franzosen zusammen) für ein übergreifendem neuen Konsens in der Europa- und Außenpolitik dazu bereit sind. Ich würde sagen, Tee trinken und abwarten.
Ein Europäer
25. Januar 2017 @ 12:46
https://www.ft.com/content/3d0cc856-e187-11e6-9645-c9357a75844a
S.B.
26. Januar 2017 @ 08:49
@Ein Europäer: Die alte Elite, die EUropa erst so richtig in den Sumpf gefahren hat, baut jetzt ein neues demokratisches EUropa. Darauf würde ich keinen Pfifferling verwetten. Und wählen würde ich diese Damen und Herren für eine derartige Wahlkampf-Lüge schon gar nicht. Das ist absolut unglaubwürdig. Aber die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt…
S.B.
25. Januar 2017 @ 10:57
„Gabriel beschimpfte die Syriza-Regierung als „Kommunisten“ und Schmarotzer.“
Gabriel ist eben ein echter Rotzlöffel ohne Stil, der gerne hart und unsachlich austeilt (ich sage nur: „Pack“), aber selbst nichts, aber auch wirklich gar nichts auf die Beine stellt. Der Typ ist schlicht selbst nur ein Schmarotzer. Man sieht es ihm regelrecht an.
„Die Sozis haben in der GroKo alles abgenickt, statt gegenzusteuern.“
Ja, die Sozis waren die passiven Abnicker. Aber dann hinterher Merkel in den Rücken fallen. Da kann sogar Merkel sagen: Wer hat mich verraten, es waren die Sozialdemokraten. 😉
Zu Schulz: Mit dem abgehalfterten Ex-EU-Kasper machen sich die Sozis erst recht lächerlich. Gabriel ist gegangen, weil er die Katastrophe auf die SPD, vor allem aber auf sich zukommen sehen hat. Rette sich, wer kann…
kaush
25. Januar 2017 @ 10:31
„Glaubwürdig ist das aber nur, wenn Schulz & Co. nun ein alternatives Programm zur Europapolitik vorlegen…“
Da muss man sich bei der SPD keine Sorgen machen.
Da wird man ein gaaaanz dolles Programm raushauen – und dann kommt:
„Ich bleibe dabei: Das wir oft an Wahlkampfaussagen gemessen werden, ist nicht gerecht“. (Müntefering)
Wer glaubt denn dieser ehemaligen Volkspartei noch was?
Peter Nemschak
25. Januar 2017 @ 10:17
Im Kern geht der Streit um Transferunion innerhalb der Eurozone oder nicht. Die SPD sympathisiert damit, die CDU/CSU nicht. Nichts ist alternativlos, auch die Verkleinerung der Eurozone wäre eine diskutierbare Alternative zur Transferunion. Die Sorge, dass Südeuropa bei einer Transferunion Dauertransferempfängerl bleibt und keinen Anreiz hätte seine Wirtschaftsstrukturen effektiver zu machen, ist berechtigt. Ein wirtschaftlich starkes Europa wäre damit gefährdet.