Ungeschützt in die dritte Welle – das Impfdebakel wird zur Gefahr

Die Watchlist EUropa vom 17. März 2021

Erst Deutschland, dann Italien, nun auch noch Frankreich: Europa schlittert in die dritte Corona-Welle – und das ohne klare Orientierung und ausreichenden Schutz.

Doch halt: Ist es überhaupt eine dritte Welle, wie Kanzlerin Merkel behauptet? Oder nur „eine Art dritter Welle“, wie der französische Premier Castex sagt?

Und welche Rolle spielen die zahlreichen Varianten und Mutationen? Treibt uns die britische Variante ins Verderben, wie Drosten, Lauterbach & Co. prophezeien?

Oder ist es nicht eher so, dass sie sich beherrschen lässt, wie es gerade Großbritannien vormacht? Dort entspannt sich die Lage, ab Ostern sollen die Pubs öffnen.

Möglich ist dies jedoch nur, weil die Briten bei der Impfung wesentlich weiter sind als die Deutschen. Großbritannien hat schon mehr Impfungen verabreicht als Deutschland, Frankreich und Italien zusammen (siehe Link zu Grafik).

Zu zögerlich, zu wenig, zu langsam

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Jetzt rächt es sich, dass die EU zu zögerlich bestellt, zu wenig produziert und zu langsam geimpft hat. Alle Fehler fallen uns auf die Füße und machen die „dritte Welle“ zu einer echten Gefahr.

Die aktuelle Impfpause bei AstraZeneca macht es nicht besser. Dabei wäre sie nicht nötig gewesen, wenn man sich an die Absprachen gehalten und auf die Europäische Arzneimittelbehörde EMA gewartet hätte.

Nun wird sich erst am Donnerstag zeigen, wie es weiter geht. Die EMA könnte AstraZeneca für unbedenklich erklären, aber ein paar neue Vorsichtsregeln erlassen.

Ein Waterloo für die EU-Politik?

Im besten Fall hätte die EU so nur ein paar Tage verloren.

Im schlimmsten Fall verliert sie aber den „Krieg“ gegen das Virus – weil sie ungeschützt in die dritte Welle geht und später und schwächer wieder herauskommt als viele andere Länder.

Das Impfdebakel könnte zum Waterloo für die EU-Politik werden – die erste Schlacht haben wir wohl schon verloren…

Siehe auch „Die Geopolitik der Impfstoffe“ und „Die unerträgliche Langsamkeit der EU“

Watchlist

Was bringt der Impfpass? Das will EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen verraten, wenn sie am Mittwoch ihren Vorschlag für ein EU-Zertifikat präsentiert. Grün und digital soll es werden, so viel ist schon durchgesickert – und nur anerkannte Impfstoffe verzeichnen, kein dubioses Zeug wie das russische Sputnik V. Doch ob damit auch Reisen erleichtert werden – und wann – ist die große Frage. Das letzte Wort hat hier nicht von der Leyen, sondern jeder einzelne EU-Staat. Bisher gibt es nicht einmal einen Beschluss…

Hotlist

  • Berlin dringt vor dem EU-Gipfel in der kommenden Woche auf Kurskorrekturen in der Russlandpolitik. Dies geht aus einem Bericht über ein internes Treffen in Brüssel und aus einem in der EU zirkulierenden „non-paper“ aus Deutschland hervor. Demnach verlangte der deutsche EU-Botschafter in Russland, Markus Ederer, eine engere Kooperation mit Moskau in ausgewählten Bereichen. – Das klingt ganz anders als das, was Außenminister Maas immer so erzählt. Aber die Russland-Politik wird ohnehin von Kanzlerin Merkel gemacht, der Gipfel könnte spannend werden.
  • Rund 600 europäische Kinder werden immer noch in Lagern in Syrien festgehalten. Das berichtet der „EU Observer“. Pro-Islamic State Europeans stuck in Syrian camps and prisons may create a „new hotbed of Islamist violence,“ says an EU internal document, as the plight of some 600 European children there remains dire. – Nicht einmal dieses Problem hat die EU in Syrien gelöst – mehr hier
  • Weniger Seelachs, Scholle und Hering, dafür mehr Schellfisch und Wittling. Die EU, Großbritannien und Norwegen haben sich auf Fangmengen für Nordseefisch geeinigt. Zudem gab es eine Einigung mit Norwegen auf drei bilaterale Abkommen zur Nutzung von Beständen, meldet die „Welt“.Wer hätte das gedacht? Großbritannien galt doch bisher als „unmöglicher“ Verhandlungspartner, wenn es um Fisch geht...