Die unerträgliche Langsamkeit der EU

Der US-Kongress hat das billionenschwere Corona-Hilfspaket verabschiedet. Es wird auch die Konjunktur in Europa ankurbeln. Derweil wartet die EU weiter auf die eigenen Aufbauhilfen. Auch sonst herrscht eine unerträgliche Langsamkeit.

Der Recovery Fund der EU war im Juli beschlossen worden – vier Monate vor der Präsidentschaftswahl in den USA. Doch er wird erst im Sommer so richtig funktionieren – ein halbes Jahr nach Amtsantritt von Joe Biden in Washington.

Und bis das Geld bei den Bürgern ankommt, dürften noch einmal mehrere Wochen vergehen. Der direkte Vergleich zeigt: Die EU ist viel langsamer als die USA. Unerträglich viel langsamer. Sie gerät in Rückstand – wieder einmal.

Dasselbe gilt für die Impfungen. Auch hier dasselbe Bild: US-Präsident Biden kommt, obwohl erst seit Januar im Amt, viel schneller voran als EU-Präsidentin von der Leyen. Dabei hat sie schon im Dezember “Europas Moment” ausgerufen.

Drittes Beispiel: Die Klimapolitik. Der “European Green Deal” wurde im Dezember 2019 verkündet, das EU-Klimagesetz vor rund einem Jahr. Geschehen ist seither praktisch nichts. Wir haben lediglich neue Ziele – für 2030 und 2050.

Neue Ziele gibt es auch für das soziale Europa und die Armutsbekämpfung, ebenfalls für 2030. Und seit dieser Woche auch für die Digitialisierung. Bis 2030 wird die EU “digital souverän” sein. Vielleicht. Wenn man von der Leyen (noch) glaubt.

Dabei zählen für die EU-Bürger nur Taten und Ergebnisse – nicht irgendwelche Ziele und Strategien für morgen und übermorgen. Darauf weist der britische Historiker T. G. Ash in einem lesenswerten Weckruf an die Europäer hin.

The main lesson to be learned? For the next three years, the EU must have a single-minded focus on delivery. An EU-wide opinion poll recently done for my research team at Oxford university underscores what other analysts have also found: the EU’s legitimacy derives more from what it delivers than from the political and institutional process by which it gets there. Thus, while a large majority of our respondents said it is important to have a European Parliament, no less than 59% agreed with the statement that ‘as long as the EU delivers effective action, the presence or absence of the European Parliament is of secondary importance’. Delivery is all.

T. G. Ash auf Voxeurope

Delivery is all – es kommt auf die Ergebnisse an. Ash geht sogar noch weiter – und fordert, auf die Bürgerkonferenz zur Zukunft Europas zu verzichten. Das sei nur eine “onanistic orgy of introspection”.

Die EU als Club der Selbstbefriediger – darauf wäre ich nun wirklich nicht gekommen…

Siehe auch “Wovon die Bürger träumen: Was bringt die Zukunftskonferenz?” und “Coronakrise: Biden macht es besser”