Nein, die EU hat keinen Impfpass für den Sommerurlaub beschlossen
Was ist nur mit den deutschen Medien los? Sogar das ZDF meldet, die EU habe die Einführung eines Corona-Impfpasses beschlossen. Dem ist aber nicht so, wie ein Blick in die Presseerklärung des EU-Sondergipfels zeigt.
Hier die Passage aus dem Gipfeldokument:
“Wir rufen dazu auf, die Arbeit an einem gemeinsamen Konzept für Impfbescheinigungen fortzusetzen, und werden uns erneut mit diesem Thema befassen.”
Erklärung der Mitglieder des Europäischen Rates
Das ist alles. Die EU hat weder einen offiziellen Beschluß gefasst, noch ein konkretes Datum genannt. Die viel zitierten drei Monate sind nur eine Schätzung der EU-Kommission, die mit der Erarbeitung des “Konzepts” beauftragt wurde.
Was dann aus dem Plan wird, ist noch völlig offen. Wenn es gut läuft, wird er rechtzeitig vor den Sommerferien fertig. Aber das heißt noch lange nicht, dass er dann auch für Vorteile beim Reisen sorgt.
Dafür braucht es einen weiteren, formellen Beschluß – und nicht nur eine Absichtserklärung. Deshalb sind alle Meldungen, wonach die EU den Sommerurlaub ermöglicht, falsch.
Merkel hat dies übrigens klar gesagt. Diesmal würde ich nicht von einem “Versprechen” der EU sprechen – eher von Wunschdenken mancher Medien…
Siehe auch “Ein Jahr Corona: Merkel & co. halten die Bürger hin”
P.S. Ein Gesetzentwurf zum Impfpass soll noch im März kommen, sagt EU-Kommissionschefin von der Leyen. Doch auch sie legt sich nicht fest, ob der Pass am Ende für Reisen in den Sommerurlaub genutzt werden kann.
We’ll present this month a legislative proposal for a Digital Green Pass. The aim is to provide:
— Ursula von der Leyen (@vonderleyen) March 1, 2021
•Proof that a person has been vaccinated
•Results of tests for those who couldn’t get a vaccine yet
•Info on COVID19 recovery
It will respect data protection, security & privacy
european
27. Februar 2021 @ 12:07
Aber irgendetwas muss dran sein, denn heute schreibt das Handelsblatt:
“Die Chefin der EU-Exekutive hatte am Donnerstagabend nach dem ersten Tag des EU-Videogipfels behauptet: „Google und Apple bieten der WHO bereits Lösungen an. Und das sind sensible Informationen, also wollen wir hier sehr deutlich machen, dass wir eine europäische Lösung anbieten.“”
https://www.handelsblatt.com/politik/international/eu-kommission-von-der-leyen-rudert-zurueck-apple-und-google-arbeiten-doch-nicht-an-digitalem-impfpass/26956076.html?ticket=ST-6635647-IY3sdvDgaTic1DPw3ten-ap5
Der größte Teil des Textes ist hinter einer paywall, also für mich leider nicht lesbar. Zu lesen ist aber, dass sowohl Apple als auch Google nichts von einer solchen Zusammenarbeit mit der WHO wissen. Von der Leyen rudert wieder mal zurück. (Wohin eigentlich? Wo landet man, wenn man immer nur zurückrudert?) Es war wohl eine Verwechslung….(mit wem oder was?)
Gleichzeitig sagt sie aber hier:
https://www.handelsblatt.com/politik/international/videogipfel-zur-pandemie-eu-fuerchtet-digitalen-impfpass-von-google-und-apple/26954696.html
“Die Kommissionschefin warnt vor der Offensive der amerikanischen Internetgiganten im Gesundheitsbereich. „Es ist wichtig, eine europäische Lösung zu haben, weil sonst andere in dieses Vakuum eindringen werden“, forderte sie.”
ebo
27. Februar 2021 @ 12:19
Ja, aber das ist nur eine Ankündigung. Die EU-Kommission will ein Konzept erarbeiten, das könnte drei Monate dauern – oder auch mehr. Erst danach fällt die Entscheidung, ob daraus ein Impfpass wird – und wofür er gut ist. Bei n-tv steht es (ungefähr) richtig: https://www.n-tv.de/politik/Merkel-EU-Impfpass-soll-Reisen-erlauben-article22387623.html
Michael Buckup
27. Februar 2021 @ 11:41
Unser Journalismus ist inzwischen auf einem Tiefpunkt angekommen, der kaum noch zu unterbieten ist. Nachbeten, nachplappern und den Mächtigen nach dem Munde reden. Und dann muss alles sensationell sein. Recherche versaut einem nur eine tolle Story. Ich kann mich für meine Zunft nur noch schämen. Gut, dass ich diesen Flachsinn und freiwillige Gleichschaltung nicht mehr mitmachen muss.
Evelyn
27. Februar 2021 @ 10:12
Im Gegenteil, der Europarat empfiehlt den Mitgliedsstaaten und der EU in seiner Parlamentarischen Versammlung vom 27.01.2021 im Bezug auf die Impfbeteiligung unter Punkt 7.3.1.:
“sicherzustellen, dass die Bürger darüber informiert werden, dass die Impfung NICHT verpflichtend ist und dass niemand politisch, gesellschaftlich oder anderweitig unter Druck gesetzt wird, sich impfen zu lassen, wenn er dies nicht selbst möchte;”
und unter Punkt 7.3.2:
“sicherstellen, dass niemand diskriminiert wird, weil er nicht geimpft wurde, aufgrund möglicher Gesundheitsrisiken oder weil er sich nicht impfen lassen möchte;”
Link: https://pace.coe.int/en/files/29004/html
Das hat bis jetzt fast niemand in der Presse berichtet!