Projekt Groß-EUropa

Nach Kanzler Scholz hat sich nun auch Kommissionschefin von der Leyen für eine neue Erweiterungsrunde ausgesprochen. Das Projekt Groß-Europa steht jedoch auf wackeligen Füssen.

Jahrelang lag die EU-Erweiterung auf Eis. Sie war unpopulär, zudem musste die EU erstmal ihre Wunden lecken – Stichwort Eurokrise, Flüchtlingskrise und Brexit. Doch ausgerechnet jetzt, da die EU schon wieder und noch tiefer in die Krise rutscht – mit Krieg und Wirtschaftskrieg – planen Berlin und Brüssel einen neuen Big Bang.

Nach Kanzler Scholz hat sich auch Kommissionschefin von der Leyen für die Aufnahme des gesamten Westbalkans sowie der Ukraine, Moldaus und sogar Georgiens ausgesprochen.

Das Projekt Groß-EUropa ist offenbar als Antwort auf die imperiale Politik Russlands gedacht. Es soll auch Großbritannien und die Türkei an die EU binden – über eine lockere “geopolitische Gemeinschaft”, wie sie Frankreichs Präsident Macron vorgeschlagen hat.

Das Ganze steht jedoch auf wackeligen Füssen.

Großbritannien und die Türkei wollen sich nicht einbinden lassen, beide Länder verfolgen ihre ganz eigene geopolitische Agenda. Sie stehen teilweise auf Kriegsfuss mit der EU, wie die türkischen Drohungen gegen Griechenland zeigen.

Zudem tobt innerhalb der EU ein Machtkampf zwischen Deutschland und Frankreich auf der einen und Polen und Balten auf der anderen Seite. Im Ukraine-Krieg wollen die Osteuropäer den Ton angeben. Sie stützen sich dabei auf Großbritannien und die USA.

Nun kommt auch noch ein deutscher Führungsanspruch hinzu. Der steht zwar nur auf dem Papier. Er kann auch als “Partnership in Leadership” gemeint sein – zusammen mit Frankreich und/oder den USA.

Dass man im fußlahmen Berlin plötzlich über Führung spricht, zeigt aber, wie ernst der Machtkampf ist.

Es geht darum, die Nase vorn zu haben, wenn die Karten in EUropa und in der Welt neu verteilt werden. Und es geht darum, sich gegen den rasanten Bedeutungsverlust zu stemmen, der schon im Vorfeld des Ukraine-Kriegs deutlich wurde.

Nicht erweiterungsfähig

Das Hauptproblem ist aber, dass die EU gar nicht erweiterungsfähig ist. Sie hat es auch nach dem Brexit nicht geschafft, sich zu reformieren, und ist weder institutionell noch finanziell auf einen “Big Bang” vorbereitet.

Scholz und von der Leyen fordern deshalb Änderungen, etwa die Abschaffung des Vetorechts in der Außenpolitik. Neuerdings reden sie sogar von einem Konvent, der den EU-Vertrag ändern könnte.

Doch in Zeiten des Krieges ist das unrealistisch. Die Osteuropäer haben schon Nein gesagt.

Das weiß man natürlich auch in Berlin und Brüssel. Vermutlich ist Scholz und von der Leyen auch klar, dass ein Projekt Groß-EUropa nirgendwo auf Begeisterung stößt. Doch die alte EU ist tot. Und etwas besseres als eine EU XXL fällt ihnen offenbar nicht ein…

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P.S. Russland ist in dem paneuropäischen Projekt übrigens nicht enthalten. Obwohl es historisch immer auch zu Europa bekannte, planen Brüssel und Berlin den definitiven Bruch…