Profite steigen, Löhne sinken
Während die Profite großer Konzerne steigen, müssen sich Arbeitnehmer auf sinkende Löhne gefasst machen. EU-weit könnten die Reallöhne 2022 um bis zu 2,9 Prozent sinken, warnt das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung.
Angesichts hoher Gewinne in vielen Unternehmen warnten die WSI-Experten vor „einer Umverteilung zulasten der Beschäftigten„. Dies führe zu einer sinkenden Lohnquote und einem höheren Anteil der Unternehmens- und Vermögenseinkommen am Volkseinkommen.
Hohe Lohnforderungen seien angesichts guter Unternehmensergebnisse in bestimmten Branchen durchaus gerechtfertigt, erklärten die Experten. Rechnerisch ergebe sich für die gesamte Wirtschaft in der EU und in Deutschland ein Potenzial für Lohnsteigerungen von etwa sechs Prozent.
Demgegenüber hat sich die EU-Kommission für Zurückhaltung ausgesprochen. Wirtschaftskommissar Dombrovkis stimmt die EU-Länder sogar darauf ein, den Gürtel enger zu schnallen. Der Krieg in der Ukraine zwinge alle zum Sparen.
Allerdings hat die Inflation schon lange vor dem Krieg eingesetzt. Und die EU-Sanktionen gegen Russland haben der Wirtschaft zusätzlich geschadet. Dombrovskis sollte nun gegensteuern – und sich besonders für die Arbeitnehmer einsetzen.
Schließlich steht der Kommissar für eine „Wirtschaft, die den Menschen dient“ („An Economy that Works for People“). Dies ist kein Scherz, sondern seine offizielle Aufgabenbeschreibung!
Leider sieht es bisher nicht so aus, dass er dem hohen Anspruch gerecht wird…
Mehr zur Inflation hier
P.S. Was ist eigentlich aus der Übergewinnsteuer geworden? Die EU-Kommission hat sie erwogen, bisher aber keinen Vorschlag vorgelegt. Steht da jemand auf der Bremse?
european
11. August 2022 @ 17:06
Dazu passend der neueste Blogbeitrag von H.Flassbeck auf relevante-oekonomik.com
Sehr lesenswert (wie immer eigentlich), punktgenau und teilweise beaengstigend schluessig.
https://www.relevante-oekonomik.com/2022/08/11/woran-die-demokratie-schliesslich-scheitern-wird/
european
10. August 2022 @ 09:02
Wenn in der EU alle sparen sollen, stellt sich die Frage, welches Hochlohnland ausserhalb der EU dann alle unsere Produkte kaufen soll, damit wir wieder auf die Füße kommen?
Wurden da schon Namen genannt? 😉
ebo
10. August 2022 @ 09:09
Ich vermute, die Schweiz und Taiwan 🙂
Aber nein, es wurden keine Namen genannt
Holly01
10. August 2022 @ 12:29
@ european:
Einen Markt hat nur, wer konkurrenzfähig ist.
Da bleiben in Deutschland nur wenig Firmen übrig.
In einem Land, wo der Planungshorizont für Firmen im Bereich von Wochen oder wenigen Monaten liegt und die Kosten rasant steigen, muss man eher nicht nach Kunden im Ausland suchen.
Firmen mit so einem Handlungsrahmen schauen eher nach Insolvenzverwaltern.
Arbeitnehmer die nicht einmal heute wissen können welche Lasten Sie im September und Oktober haben existenzielle Probleme, die dazu führen, das sich für viele „Arbeiten“ schlicht nicht mehr lohnt.
Bei Vielen wird H4 besser sein, als unselbstständige Arbeit.
Ein Land das im Export nicht mehr konkurrieren kann und im Binnenmarkt komplett auf „Selbstzerstörung“ hinarbeitet zerstört seinen Kapitalstock (Rücklagen/Reichtum).
Natürlich werden die 0,1% nur reicher. Da muss niemand Sorgen haben.
Die Kredite aka Schulden der 99% sind schließlich das Vermögen der 0,1%.
Wenn Sie also in 2023 hören die Privatvermögen in Deutschland sind auf neue Höchststände gestiegen sollte Sie das freuen. Man muss auch gönnen können.
Alexander
10. August 2022 @ 13:00
@Holly01: Richtig! Viele Firmen werden nicht erst schließen müssen, wenn kein Gas mehr da ist. Es genügt bereits, dass sie ihr Geschäft bei hohen Energiekosten nicht mehr profitabel betreiben können.
Ich habe vor ein paar Monaten zu einem Bekannten gesagt, dass wir froh sein können, wenn sich der Gaspreis nur verdoppelt oder verdreifacht! Mal sehen was bei einem Faktor von 10 so alles passiert …
european
10. August 2022 @ 13:45
@Holly01
Das Problem scheint mir hier weniger die Konkurrenzfaehigkeit zu sein, sondern der Markt selbst. Wenn alle sparen, weil wir das von ihnen verlangen, gibt es keinen Markt. Man graebt sich selbst das Wasser ab. Deshalb ist die Sparempfehlung an den Binnenmarkt so absurd. Wenn alle das gleiche tun und damit die Kaufkraft reduzieren, muss man sich auf die Suche nach dem Hochlohnland begeben, dass einen aus der Kurve zieht. Daher meine etwas beissende Frage 😉
Das DIW wird ja nicht muede, immer wieder darauf hinzuweisen, dass 40plus Prozent der Deutschen nicht einmal sparfaehig sind. Die fallen also schon mal aus.