Neue Vorwürfe gegen VDL, Freibrief für Tusk – und KI können wir auch nicht
Die Watchlist EUropa vom 30. Mai 2024 – Heute mit von der Leyens umstrittener Israel-Politik, dem Ende des Rechtsstaats-Verfahrens gegen Polen und der nächsten europäischen Technologie-Lücke
Die Rolle von Kommissionschefin von der Leyen im Krieg in Gaza sorgt schon seit einiger Zeit für Streit. Nach dem Terror-Angriff der islamistischen Hamas am 7. Oktober hatte sich die deutsche Politikerin sofort und bedingungslos hinter Israel und die Regierung Netanjahu gestellt.
Dies wurde ihr vorgehalten – von EU-Staaten wie Spanien und Irland, die eine eher pro-palästinensische Linie vertreten, aber auch von Mitarbeitern der EU-Institutionen, die eine ausgewogene Nahost-Politik anmahnen.
So berichtet der “Guardian” von einem offenen Brief, in dem sich mehr als 200 EU-Mitarbeiter über die “Untätigkeit” der Kommission beklagen. Selbst die jüngsten Urteile internationaler Gerichte hätten daran nichts geändert, schreiben sie “mit großer Sorge”.
Nun gibt es neue Vorwürfe: Von der Leyen habe tatenlos zugesehen, es womöglich gar gebilligt, dass sich der ungarische EU-Kommissar Varhelyi in Israel mit Verteidigungsminister Gallant getroffen hat – dabei ist gegen Gallant ein Haftbefehl wegen möglicher Kriegsverbrechen in Gaza beantragt.
Der ICC soll ermitteln
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Einige Menschenrechts-Aktivisten gehen noch weiter: Die Kommissionschefin selbst müsse von der internationalen Gemeinschaft belangt werden, weil sie nicht nur Gallant, sondern auch Premierminister Netanjahu gedeckt habe. Damit trage sie eine Mitschuld für die Gräuel in Gaza.
Es gibt sogar eine Eingabe beim Internationalen Strafgerichtshof. Das “Geneva International Peace Research Institute (GIPRI)” fordert den ICC auf, Ermittlungen aufzunehmen. Es gebe Hinweise, dass sich von der Leyen der “Komplizenschaft” bei Kriegsverbrechen schuldig gemacht habe.
Noch sind dies nur Vorwürfe und Klagen – keine offiziellen Verfahren wie beim “Pfizergate”, wo sogar die Europäische Staatsanwaltschaft aktiv geworden ist. Doch mitten im Wahlkampf wiegen sie schwer.
Die Bürger sollten zumindest wissen, welche Nahost-Politik von der Leyen verfolgt – und ob sie bereit ist, mögliche israelische Kriegsverbrechen in Gaza genauso hart zu ahnden wie russische Untaten in der Ukraine.
Doch auf Nachfrage wollte ihr Sprecher nicht antworten. Auch EU-Chefdiplomat Borrell hält sich bedeckt. Der ist zwar – genau wie Varhelyi – der Kommissionspräsidentin unterstellt. Er vertritt in der Nahost-Politik aber eine andere, viel ausgewogenere Linie…
Mehr zu Gaza hier, zu von der Leyens Affären hier
News & Updates
- Freibrief für Tusk: Die EU-Kommission hat ihr Rechtsstaats-Verfahren gegen Polen eingestellt. Die Entscheidung zum Ende des sog. Artikel-7-Verfahrens kommt rund sieben Monate nach der Abwahl der rechten PiS-Regierung, die Polen von 2015 bis 2023 geführt hat. Sie hatte das Justizsystem umgebaut und damit die Gewaltenteilung eingeschränkt. Der neue Premierminister Donald Tusk will den Rechtsstaat nun wiederherstellen. Doch obwohl er noch ganz am Anfang steht und ziemlich rabiat vorgeht, bekommt er nun einen Freibrief – und viele Milliarden aus Brüssel...
- Macron will EU-Budget verdoppeln. Deutschland und Frankreich sehen sich weiter als Zugpferde der EU. Dies erklärten Kanzler Scholz und Präsident Macron nach einer Klausurtagung in Meseberg. Doch schon beim künftigen EU-Budget gehen die Meinungen weit auseinander. Macron schlug vor, das laufende EU-Budget zu verdoppeln. Die EU brauche einen “Investitions-Schock”, sagte er. Das zusätzliche Geld soll vor allem für Rüstung, aber auch für den Klimaschutz und die sogenannte Künstliche Intelligenz genutzt werden. Scholz ist dagegen – jedenfalls bisher. Mehr im Blog.
- Durchsuchung im Europaparlament. Rund anderthalb Wochen vor der Europawahl hat es erneut Durchsuchungen im Parlament gegeben – diesmal wegen des Verdachts der russischen Einflussnahme. Das teilte die belgische Staatsanwaltschaft am Mittwoch mit. Der Spitzenkandidat der AfD bei der Europawahl, Maximilian Krah, bestätigte, dass sich die Durchsuchungen in Brüssel und Straßburg gegen einen früheren Mitarbeiter richteten. Inzwischen arbeitet der Mann für den niederländischen EU-Abgeordneten Marcel de Graaff von der extrem rechten Partei Forum für Demokratie.
Das Letzte
KI können wir auch nicht. Bei Sonnenkollektoren und Windrädern hat Europa nichts mehr zu melden – die Produktion ist nach China abgewandert. Nun kommt die nächste Hiobsbotschaft: Künstliche Intelligenz können wir auch nicht! “Die KI-Investitionen der EU sind im Zeitraum 2018 bis 2020 zwar stetig angestiegen”, meldet der EU-Rechnungshof in Luxemburg. Dennoch habe sich die Investitionslücke zwischen den USA und der EU mehr als verdoppelt. “Die EU liegt um über 10 Milliarden Euro zurück”, so der Rechnungshof. Deutschland und Frankreich haben zwar mehr Geld für die KI-Förderung versprochen. Allerdings hätten vier EU-Länder noch nicht einmal eine eigene Strategie, monieren die Rechnungsprüfer. Und die europäischen Firmen investieren auch nicht genug. Demgegenüber nehmen US-Unternehmen immer mehr Geld in die Hand; Internet-Konzerne wie Google (Alphabet) und Microsoft überbieten sich gegenseitig – und überschwemmen EUropa mit ihren “intelligenten” Systemen. Da kommt nicht mal das erste KI-Gesetz mit, das gerade erst in Brüssel verabschiedet wurde. Es ist im Grunde schon wieder überholt! – Siehe auch Datenschutz und KI: Die EU hilft einen Sch…“
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