Subventionen & Sanktionen: Wie die USA die EU vorführen

Seit Beginn des Ukraine-Krieges ist die EU in der Defensive. Schuld daran ist nicht allein Russland – auch die USA führen die 27 vor. Mit Sanktionen und dem “Inflation Reduction Act” schwächen sie die (noch) größte Handelsmacht.

Beginnen wir mit dem Handel: Dort sind die USA derzeit besonders aktiv, zu Lasten der EU. Mit dem “Inflation Reduction Act” (IRA) bekämpfen sie die Inflation – und die Konkurrenz aus EUropa. Der IRA enthält nicht nur massive Subventionen. Er bevorzugt auch Unternehmen, die in den USA produzieren.

Dies sei mit dem WTO-Recht nicht vereinbar, sagt der Chef des Handelsausschusses im EU-Parlament, Bernd Lange (SPD). Es drohe ein Handelskrieg, die EU müsse entschieden dagegenhalten.

Doch Brüssel unternimmt – nichts. Die EU-Kommission will den Streit in einer neuen transatlantischen “Taskforce” ansprechen, die aber erst Anfang Dezember tagt. Eine mögliche WTO-Klage wird auf die lange Bank geschoben.

Verantwortlich dafür ist vor allem Deutschland. Die größte Exportnation hat zwar am meisten zu verlieren, ist jedoch auch am zögerlichsten bei der Gegenwehr. Finanzminister Christian Lindner steht auf der Bremse.

Wegen neuer Gesetze der US-Regierung sei er besorgt, dass es eine noch stärkere Blockbildung im Handel geben könnte, sagte der FDP-Chef. Die US-Maßnahmen sollten aber nicht automatisch zu Vergeltung führen.

“Das Gegenteil müsste passieren”, so Lindner. Europa müsse noch stärker das Gespräch mit der Regierung in Washington suchen. Wertepartner sollten auch bevorzugte Handelspartner sein.

Dabei macht Lindner einen Fehler: Er verwechselt Werte mit Interessen. Die USA sind nicht so naiv. Sie setzen ihre Interessen knallhart durch – nicht nur beim IRA, sondern auch in anderen Fragen.

Gezielte Abwerbung aus EUropa

So werben sie deutsche Unternehmen gezielt ab – mit dem Hinweis auf niedrigere Lohnkosten und günstige Energie. Gleichzeitig verkaufen sie ihr Flüssiggas zu Mondpreisen nach EUropa.

Das für Deutschland und die EU wichtige China-Geschäft wird durch neue, amerikanische Restriktionen bei Mikrochips erschwert, die auch deutsche Firmen treffen. Bald dürften weitere Sanktionen hinzukommen.

Als “Vorbild” gelten die Strafmaßnahmen gegen Russland, die vor allem EUropa treffen. Nun plant Präsident Biden ähnliche Sanktionen gegen China, die als “Schutz für Taiwan” verkauft werden.

Keine Gegenwehr aus Brüssel

Washington warnt bereits vor dem “Taiwan-Schock” (durch eine chinesische Blockade oder westliche Sanktionen). Er würde wiederum vor allem Deutschland und Europa schaden.

Auch hier gibt es keine Gegenwehr aus Berlin oder Brüssel. Stattdessen versuchen die EU-Politiker, schnell noch ein paar Freihandelsabkommen mit anderen Regionen zu schließen…

Doch auch das ist naiv. Denn kleine Deals mit Australien oder Neuseeland können das große China nicht ersetzen. Und die Sanktionspolitik ist kein Schicksal – sondern ein Instrument, das die USA gezielt für ihre Zwecke einsetzen.

Wirtschaftskrieg gegen EUropa

Das sagt G. Steingart, der einflußreichste deutsche Wirtschaftsjournalist. Das neue Geschäftsmodell der US-Amerikaner bestehe darin, missliebige Staaten am Geschäftemachen zu hindern, schreibt er.

Damit beschädigten die USA das deutsche Exportmodell. Getroffen wird aber auch der europäische Handel. Der amerikanische Wirtschaftskrieg geht zulasten der europäischen “Wertepartner”.

Für die EU könnte sich das als fatal erweisen. Nach ihrer “raison d’être” – dem Frieden – und der viel gerühmten, aber verblassten “Soft Power” droht sie nun auch noch ihren wichtigsten Trumpf zu verlieren: die Handelsmacht.

Das kommt davon, wenn man von Werten redet – und die europäischen Interessen vernachlässigt…

Siehe auch “Mit Biden wird es nicht besser”, “Wo bleibt das europäische Interesse?” und “Sanktionen made in Washington: Wie von der Leyen den USA folgt”

P.S. SPD-Chef Klingbeil war gerade in Washington und warnt nun in der “Welt” vor einer „Wirtschaftspolitik gegen uns“. Doch was ist seine Konsequenz? Er will neue Handelsabkommen mit den USA…