Great Reset in der EU: Die Coronakrise

The Great Reset ist eine Initiative des Weltwirtschaftsforums, die eine Neugestaltung der Gesellschaft und Wirtschaft im Anschluss an die COVID-19-Pandemie vorsieht. Was bedeutet das für die EU? Dem gehen wir in unserer neuen Serie nach. In Teil 2 geht es um die Coronakrise.

Wenn man Ursula von der Leyen glauben mag, dann hat sie ihren Job vorbildlich erfüllt. Erst habe die EU einen “historischen” Wiederaufbauplan gegen die Coronakrise auf den Weg gebracht – und nun auch noch genug Impfstoff für alle bereitgestellt.

Tatsächlich sind die Zahlen beeindruckend. 750 Mrd. Euro umfasst die “Next Generation EU“, wie der Aufbauplan offiziell heißt. Mehr als 500 Millionen Impfdosen wurden mithilfe der EU-Kommission ausgeliefert. Zudem führt die EU bei den Vakzin-Exporten.

Doch gerade die Coronakrise hat viele Bürger an der EU zweifeln lassen. Die “Union, die schützt” (so ein Slogan von Leyens Amtsvorgänger Juncker) hat Millionen schutzlos der Pandemie ausgeliefert. Wochenlang war Europa das Epizentrum der Krise.

Die von den Lockdowns ausgelöste Wirtschaftskrise ist tiefer und länger als in den USA, China und vielen anderen Ländern. EUropa fällt wirtschaftlich weiter zurück. Bisher wurde noch kein Geld aus der “Next Generation EU” ausgezahlt, erst Ende Juli geht es los.

“Too little, too late” gilt auch in dieser Krise, denn die 750 Mrd. Euro sind nach Ansicht vieler Experten zu wenig. “Too late” kam auch die Impfkampagne. Das “Impfdebakel” Anfang 2021 wirkt bis heute nach, da die Delta-Variante EUropa überrennt.

Ähnlich wie in der Klimakrise stecken wir zwischen Baum und Borke – die EU hat viel getan, aber es wirkt (noch) nicht richtig. Ausgerechnet für die Gesundheit und das viel beklatschte Personal gibt es kaum Geld aus dem Aufbaufonds.

Kuddelmuddel zwischen EU und Nation

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Das Hauptproblem liegt aber woanders. Es geht an den Kern der EU – die problematische Interaktion zwsichen nationaler und europäischer Ebene. Als die Pandemie begann, machte sich Nationalismus breit, denn die Gesundheitspolitik ist eine nationale Domäne.

Später kam dann zwar auch die EU zum Zuge. Doch die Kompetenzen wurden nicht neu geordnet, was nun zu massiven Reibungsverlusten führt. Ich meine nicht nur die Impfstoff-Bestellung, sondern auch die nationalen Corona-Maßnahmen.

Sie sind, auch in der beginnenden vierten Welle, widersprüchlich und antieuropäisch. Das größte EU-Land, Deutschland, fühlt sich nicht einmal an Absprachen gebunden und verhängt Reisesperren, wie es dem RKI und dem AA gefällt.

Die EU-Kommission ist jedoch offensichtlich nicht in der Lage, nationale Alleingänge zu verhindern. Sie schafft es nicht einmal, den mit der Coronakrise einhergehenden Abbau bürgerlicher Grundfreiheiten und -Rechte einzudämmen.

Gerettet wurde zuerst der Binnenmarkt

Die Brüsseler Behörde hat sich in der Coronakrise neue Kompetenzen angeeignet und mehr Ressourcen denn je verschafft (das EU-Budget wurde über massive Schuldenaufnahme fast verdoppelt) – in Bereichen, für die sie laut Vertrag gar nicht zuständig ist, und auf die sie auch nicht vorbereitet war.

Gleichzeitig vernachlässigt sie ihre Kernkompetenz, wozu Reisefreiheit und Gewerbefreiheit zählen. Gegen die Folgen nationaler Lockdowns, Reisesperren und Hygiene-Maßnahmen ist Brüssel machtlos. Gerettet wurde zuerst und vor allem der Binnenmarkt, nicht die Menschen.

Damit ist die Coronakrise zu einem Sinnbild für die Krise der EU geworden. “Mehr Europa bedeutet nicht immer mehr Schutz oder Hilfe – es kann auch zu einem heillosen Durcheinander führen und Europa am Ende sogar zurückwerfen…

Teil 1 steht hier, Teil 3 folgt am Dienstag. Zu diesem Thema gibt es auch ein E-Book, schauen Sie doch mal rein!

P.S. Kritisch ist auch die internationale Rolle der EU in der Coronakrise zu bewerten. Obwohl sie mehr Impfstoff exportiert als alle anderen, steht sie einer Freigabe der Patente im Wege. Dies trägt ihr sogar Kritik von WTO und WHO ein. Zudem fühlen sich viele Länder durch das EU-Impfzertifikat diskriminiert, weil nichteuropäische Vakzine nicht berücksichtigt werden…