Früher war Merkel in Südeuropa verhasst, nun verscherzt sie es sich mit Osteuropa
Mit ihrem Last-Minute-Deal zu Nord Stream 2 hat es sich Kanzlerin Merkel mit Osteuropa verscherzt. Die Ukraine, Polen und Litauen leisten Widerstand – die gemeinsame EU-Außenpolitik wird noch komplizierter.
Nach der Ukraine und Polen hat auch Litauen den Deal kritisiert. “Ich denke, dies ist ein Fehler und dieser Fehler wird uns teuer zu stehen kommen”, sagte Außenminister Landsbergis. Die neue Gasleitung von Russland nach Deutschland durch die Ostsee sei ein “riesiger Sieg” für Kremlchef Wladimir Putin.
Landesbergis hofft nun auf einen Regierungswechsel in Berlin. Eine neue Koalition könne Nord Stream 2 als “Hebel” einsetzen – und den Betrieb an Vorbedingungen binden. So könnten etwa der Abzug russischer Truppen aus der Ukraine oder eine klare Aussicht auf eine Nato-Mitgliedschaft durchgesetzt werden.
Auf Merkel hingegen setzen die Ukrainer und Balten nicht mehr. In ihren Augen hat die Kanzlerin die Interessen Osteuropas verraten – um eine falsche deutsche Politik durchzusetzen. Viele sind auch enttäuscht, dass US-Präsident Biden den deutschen Alleingang duldet und nicht “Stopp” gesagt hat.
Im Ergebnis dürfte die EU-Außenpolitik noch komplizierter werden – und Deutschland noch dominanter. Bisher haben Griechenland, Zypern und Ungarn oft ein Veto eingelegt – und so gemeinsame Positionen verhindert. Im Falle Griechenlands und Zypern richtete sich dies gegen die – aus ihrer Sicht – zu wohlwollende deutsche LInie gegenüber der Türkei.
Nun kommen auch noch die Osteuropäer hinzu, die eine härtere Linie gegen Russland fordern. Immerhin ist im Merkel-Deal mit den USA ja schon ein Sanktions-Mechanismus gegen Russland vorgesehen; er soll sogar die EU binden. Es ist ein deutsch-amerikanischer Deal zu Lasten Dritter – der EUropa weiter schwächt.
Zu Beginn ihrer Amtszeit hat sich Merkel mit Südeuropa angelegt und Griechenland, Spanien, Italien und Frankreich mit einer verfehlten Wirtschafts- und Migrationspolitik verprellt. Wer hätte gedacht, dass sie es sich am Ende auch noch mit Osteuropa verscherzen würde, wegen einer nicht vermittelbaren Energiepolitik…
Siehe auch “Nord Stream 2: Nuland verkündet Deal zu Lasten Dritter” Mehr zu Merkel hier
P.S. Man muß auch das Gute sehen, z.B. im “Spiegel”: “Liefert uns die Ukraine bald grünen Wasserstoff?” fragt das Blatt – und gibt auch gleich die Antwort: “Das muß unbedingt gelingen”. Na klar, wir in Berlin bzw. Hamburg wissen ganz genau, wie “uns” die Ukraine helfen kann. Genau diese Haltung macht “uns” so beliebt – nun auch in Osteuropa…
Herbert Steffes
24. Juli 2021 @ 11:24
Das ist ein ungewöhnlich peinlicher Bericht: vollkommen einseitig, dumm, verlogen, völlig an den Realitäten vorbeigehend. Dieses Niveau ist unterirdisch. Ich bin total überrascht. Ich zweifle an Eurer Kompetenz.
Buten_un_Binnen_Wagen_un_Winnen
23. Juli 2021 @ 12:43
Aus beruflichen Gründen bin ich regelmäßig in Südosteuropa unterwegs, insbesondere in Bulgarien und auf dem Westbalkan. Dort hat es sich Merkel bereits wegen vieler anderer politischer Entscheidungen verscherzt. Angefangen von der Flüchtlingspolitik bis aktuell zur „LGBT“-Politik. Dort stehen selbst „hoch gebildete“ Akademiker und in anderen Fragen hochvernünftige Menschen voll hinter Ungarns Orban Anti-LGBT Haltung. Mir als Ausländer aus Deutschland fällt es schwer für eine tolerante Haltung zu argumentieren. Die kulturellen Gegensätze zwischen Ost und West sind gerade auch in dieser Frage noch unüberbrückbar und die Haltung erinnert an Stand der CDU der 50er Jahre. Insofern sollten wir uns in Westeuropa auch immer an die eigene Nase fassen und an die eigene, langwierige Entwicklung und Veränderung von Einstellungen denken. Arroganz, Belehrungen und Herabschauen auf andere führt zum Gegenteil und wir müssen die Kulturunterschiede aushalten und mit Geduld und Klugheit versuchen zu ändern. Ansonsten entsteht aus Trotz eine immer stärker werdende Anti-Haltung und man verbeißt sich ineinander. Das Zusammenwachsen Europas ist noch ein langer Prozess und das Bewusstsein wird sich erst mit zeitlicher Verzögerung und mit wachsenden Mittelschicht-Wohlstand für die Mehrheit der Menschen in Südosteuropa verändern. Im Westen war es nicht anders.
ebo
23. Juli 2021 @ 13:30
Danke für diesen wichtigen Hinweis. Ich halte es auch für falsch, dass sich die EU-Kommission so massiv in die Innenpolitik einmischt. Als es um die Medien und die Universtäten in Ungarn ging, hat sie jahrelang geschwiegen. Und nun wird ausgrechnet das – auch in Westeuropa umstrittene – Thema LGBT genutzt, um die EU-Werte zu verteidigen? Das ist billig und verlogen, siehe hier