Es geht um Demokratie, nicht um Putin
Beim Referendum zum EU-Ukraine-Abkommen haben fast zwei Drittel der Teilnehmer in den Niederlanden „Nee“ gesagt. Ein Sieg für Russlands Putin, heißt es. Das zeigt, dass die EU-Dogmatiker nichts begriffen haben.
Denn bei der Volksabstimmung ging es vor allem um die Demokratie in Den Haag und in Brüssel, nicht um den Machtkampf mit Putin und um die neue westliche Einflusszone im Osten Europas.
Dass bei Putin nun angeblich die Krimsekt-Korken knallen, ist ein Totschlag-Argument all jener, die in der Ukraine die westliche Demokratie feiern – um sie gleichzeitig in EUropa zu konfiszieren.
Die jüngsten Beispiele waren der Umgang mit den EU-Volksbegehren zu TTIP und zum Recht auf Wasser. Letzteres wurde von der EU-Kommission ignoriert, ersteres mit juristischen Tricks unterbunden.
Auch die Niederlande hatten ihr demokratisches Waterloo – als Premier Rutte Anfang März mit Kanzlerin Merkel den Coup zum Flüchtlingspakt mit der Türkei gestartet hat.
Kein Holländer war eingeweiht, genauso wenig wie die Deutschen. Schön, dass die Niederländer dagegen wenigstens noch aufbegehren. In Berlin hingegen bleiben Referenden verboten…
Mehr zur Abstimmung in den Niederlanden hier
Peter Nemschak
7. April 2016 @ 17:13
@ebo und Skyjumper Demokratischer Wandel ist sehr langsam und garantiert keine bestimmte Konstellation, schon gar nicht den Erhalt eines Staatenbundes wie die EU. Die ungewisse Zukunft kann auch eine Demokratie nicht gewisser machen.
Peter Nemschak
7. April 2016 @ 12:42
Jahrelang haben die nationalen Politiker die EU zum Buhmann gemacht, der für alle unpopulären nationalen Maßnahmen verantwortlich ist. So manche Verordnung der EU mag bürokratisch gewesen sein, etliche Harmonisierungen aber sinnvoll. So lange die Wirtschaft gut lief, war der Mehrheit der Bürger demokratische Mitwirkung mit Ausnahme von periodischen Wahlen egal. Jetzt auf einmal, wo es schlechter geht, schieben die Bürger alles Übel auf die von ihren eigenen Politikern schlecht gemachte EU und suchen ihr Heil im Nationalen. Die Dummheit der Menschen ist in ihrer Tiefe und Breite wirklich beeindruckend. Erstaunlich, dass Demokratien überhaupt funktionieren können, wenn oft auch mehr schlecht als recht.
ebo
7. April 2016 @ 12:46
Sie vergessen, dass die NL derzeit den EU-Vorsitz innehaben und alles, was in Brüssel passiert, schönreden. Trotzdem konnten sie nicht mal ihre eigenen Anhänger mobilisieren…
Peter Nemschak
7. April 2016 @ 13:19
Haben Sie es überhaupt versucht?
S.B.
7. April 2016 @ 13:21
@Peter Nemschak schreibt: „So lange die Wirtschaft gut lief, war der Mehrheit der Bürger demokratische Mitwirkung mit Ausnahme von periodischen Wahlen egal. “ Dieses Verhalten ist völlig normal. Sie decken ja auch nicht das Dach Ihres Hauses neu ein, wenn es dicht ist.
Weiter: „Erstaunlich, dass Demokratien überhaupt funktionieren können, wenn oft auch mehr schlecht als recht.“ – Demokratien funktionieren nur genau so lange, wie sich die Wähler das Geld anderer Leute und zudem per Staatsverschuldung in die eigene Tasche wählen können. Ersteres ist nichts anderes als Raub über staatlich organisieren Zwang. Zweiteres ist blanke Blödheit auf Kosten der nächsten Generation(en).
Weiter: „Die Dummheit der Menschen ist in ihrer Tiefe und Breite wirklich beeindruckend.“ Dahinter steckt nichts weiter, als die Suche nach dem Weg des geringsten Widerstandes, also Bequemlichkeit. Diese ist dem Menschen zutiefst immanent (Zweck: eigenen Energieverbrauch senken!!!). Für den eigenen kurzfristigen, berechenbaren Vorteil, nimmt er nahezu jeden langfristigen, nicht ganz berechenbaren Nachteil für sich und noch mehr für Dritte in Kauf. Aus diesem Grund ist eine Demokratie zwar theoretisch eine interessante Gesellschaftsform. In der Praxis erweist sie sich aber in Sachen Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit als ebenso untauglich, wie andere Gesellschaftsformen auch.
Peter Nemschak
7. April 2016 @ 15:11
Demokratie ist die relativ beste Regierungsform, weil sie korrekturfähig ist und den gesellschaftlichen Wandel zulåsst.
ebo
7. April 2016 @ 15:31
Schön, und wo ist die EU korrekturfähig? That’s the problem…
Skyjumper
7. April 2016 @ 15:55
@ Peter Nemschak
„Demokratie ist die relativ beste Regierungsform, weil sie korrekturfähig ist und den gesellschaftlichen Wandel zulåsst.“
Im Prinzip, und in der Theorie ist das so. Die gelebte Praxis sieht leider gar zu oft anders aus, was mich persönlich auch dazu bringt zu bestreiten dass wir noch in einer Demokratie leben. Ich bin der Auffassung dass sich unsere aktuelle Staatsform am zutreffensten als Parteienoligarchie benennen lässt.
Insofern: Schön dass die Demokratie die relativ beste Regierungsform sein könnte. Schade nur das wir sie Deutschland nicht (mehr) haben und in der EU noch nie hatten.
Hella-Maria Schier
8. April 2016 @ 04:27
@Peter Nemschak
Wenn Sie die „Rückkehr zum Nationalen“ stört. Wie wäre mit einer Bürgerabstimmung in der gesamten EU? Das ist gesetzlich nicht vorgesehen, aber „nationalistisch“ könnte man das Ergebnis dann nicht mehr nennen. Mit dem Ergebnis wären die Kriegstreiber gegen Russland aber sicher nicht zufriedener. Im Assoziierungsabkomen mit der Ukraine geht es vor allem um Geopolitik – und vor allem im Interesse der USA.
Ganz Europa hingegen hat die Folgen zu tragen, wenn die Spannungen mit Russland weiter vorangetrieben werden. Die Folgen des weltweiten Herrschaftsanspruchs der USA, wie besonders von Hillary Clinton formuliert.
Wenn es zum Krieg mit konventionellen Waffen oder taktischen A-Waffen kommen sollte, was militärische Kreise in den USA durchaus erwägen, soll er sich in Europa abspielen. Wenn die Europäer sich nicht als Schlachtfeld zur Verfügung stellen wollen, beweist das geistige Gesundheit. Gegen Russland den Spannungskurs weiter zu verfolgen, beweist das Gegenteil. Ich begreife diejenigen nicht, die an diesem Feindbild so hängen. Die USA brachen seit Jahrzehnten unentwegt das Völkerrecht, haben diesbezüglich nachweislich mehrfach gelogen und immer wieder offen einen Alleinherrschaftsanspruch formuliert.
Dem Menschen auf der Krim, auch wenn es eine unerlaubte Sezession war, geht es vergleichsweise gut und kaum einer trauert dort der Ukraine nach. Im Irak, der völlig unrechtmäßig angegriffen wurde, werden immer wieder missgebildete Kinder geboren. Folgen der Verstrahlung durch schmutzige Atomwaffen der US-Army. Der „Guten“..
Ja, Russland ist keine Demokratie – unsere Freunde Saudi-Arabien noch weniger und bei uns wird gerade nach und nach alles abgebaut, was wir diesbezüglich noch den Russen vorraushaben.
Martina H
7. April 2016 @ 11:47
„Ein Sieg für Russlands Putin, heißt es. Das zeigt, dass die EU-Dogmatiker nichts begriffen haben.“
Oh doch, die Dogmatiker haben verstanden.
Sie begreifen, daß sie dringend eine Ausrede brauchen, um die Ergebnisse des Referendums ignorieren zu können. Und wie kann man das Ergebnis besser delegitimieren, als indem man behauptet, daß nicht die Niederländer nein gesagt haben, sondern daß die Abstimmung vom Bösen aus Rußland manipuliert wurde.
Dazu noch die Stimmen, daß es sich beim Referendum um eine Erpressung der Mehrheit (EU) durch eine Minderheit (Niederlande) handelt, und solche Referenden daher verboten gehören. Wie können sie von Minderheiten und Mehrheiten reden, wenn sie die Mehrheit der EU-Bürger knebeln, und es ihr nicht gestatten, zu solchen Fragen ihre Meinung zu äußern!
S.B.
7. April 2016 @ 10:42
Wo kämen wir hin, wenn wir in Schland mehr als eine Scheindemokratie hätten? Also das geht ja gar nicht. Der völlig von jeder Realität losgelöste Pfaffe sowie Mutti Merkel wissen selbstredend am besten, was für ihre Schäfchen gut ist und was nicht.
Claus
7. April 2016 @ 10:08
DWN vom 24.01.2014: „Bundespräsident Joachim Gauck findet Volksabstimmungen keine gute Idee. Er glaubt nicht, dass das Volk in der Lage sei, komplexe Entscheidungen so kompetent zu beurteilen wie die Parteien.“
Er sollte mal im Grundgesetz Artikel 21 (1) nachschauen. Da steht: „Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit.“ Die Väter des Grundgesetzes wollten ausschließlich „Mitwirkung“, Parteien machten daraus „Bevormundung“.