Panama: Da kommt noch mehr
Die Panama-Papiere sind noch längst nicht vollständig ausgewertet. Im Mai dürften weitere Enthüllungen folgen. Dann wird sich zeigen, dass auch Deutschland und die EU geschlafen haben. – Ein Gastbeitrag.
Von Fabio De Masi, MEP
Bei den kürzlich veröffentlichten »Panama Papers« geht es um Millionen Dokumente zur Geldwäsche und Steuerhinterziehung. Es geht um Milliarden schmutzigen Geldes – etwa aus Drogenhandel, Terror und Prostitution. Da gibt es noch Rendite.
Im Mittelpunkt: die Wirtschaftskanzlei Mossack Fonseca (MossFon). MossFon gründete für ihre reiche Klientel im Auftrag von Deutscher Bank & Co. hunderttausende Briefkastenfirmen und Trusts mit Scheindirektoren, um die Eigentümer und Herkunft des Geldes zu verschleiern.
Eine “ehrenwerte” Versammlung
Unter den Kunden befinden sich u.a. saudische Scheichs, der ukrainische Schocko-Oligarch und Präsident Petro Poroschenko, der US-Darling und argentinische Präsident Mauricio Macri, Fussballgott Lionel Messi, ein Mitglied der FIFA-Ethik-Kommission, chinesische Politiker, russische Mädchenhändler, deutsche Siemens-Manager, der verstorbene Vater des britischen Premierministers sowie die Ehefrau des EU-Umweltkommissars Miguel Cañete. Eine “ehrenwerte” Versammlung.
Ein wichtiges Kriterium der Analyse der Journalisten war zunächst die UN-Sanktionsliste, nicht die Forbes-Reichenliste. Aber der größte Kundenstamm kommt wohl aus den Ländern mit vielen Superreichen wie den USA oder Deutschland. Eine vollständige Veröffentlichung der Daten und Namen soll im Mai erfolgen.
Dass die Bevölkerungsmehrheit kaputtgekürzt wird, schafft den Reichtum der Wenigen. Vermögen in Panama parken und Steuern hinterziehen ist dabei ganz einfach.
Ich habe es selbst ausprobiert
Ich habe es selbst mit einem Telefonstreich bei MossFon vor einigen Wochen ausprobiert. Ich sagte, ich würde gerne Geld vor der Steuer retten.
Mir wurde versichert, dass ich mir keine Sorgen machen müsse, denn MossFon teile keine Informationen über seine Kunden. Legal, illegal, scheißegal. Und Panama – obwohl von der OECD von der grauen Liste für Geldwäsche gestrichen – teile auch keine Informationen mit anderen Staaten.
Doch es geht nicht nur um MossFon oder Panama. Die Enthüllung zeigt, dass die Vermittler (also Banken und Vermögensberater) solcher Finanzgeschäfte größtenteils in anderen Staaten sitzen: im Vereinigten Königreich, in den USA, in der Schweiz oder in Luxemburg.
Banken, die wiederholt Beihilfe zur Steuerhinterziehung leisten, wäre daher die Lizenz entziehen, was sogar vom Europaparlament gefordert wurde.
Auch Doppelbesteuerungsabkommen kann man kündigen und stattdessen Quellensteuern auf Finanzflüsse in Länder wie Panama erheben.
Auch Deutschland gilt als Finanzparadies
Weiter bedarf es vollumfänglichen automatischen Informationsaustauschs sowie öffentlicher Register der begünstigten Eigentümer von Firmen.
Auch Deutschland gilt laut Tax Justice Network als weltweites Paradies für Geldwäsche. Die EU-Kommission will unter anderem Steueroasen außerhalb der EU weiter von der Berichterstattung für multinationale Konzerne ausnehmen.
Das sieht nach Arbeit aus…
Fabio Valeriano Lanfranco De Masi ist ein deutsch-italienischer Ökonom und Politiker (Die Linke). Bei der Europawahl 2014 wurde er in das Europäische Parlament gewählt.
DerDicke
6. April 2016 @ 19:17
Bester Kommentar bei Bankhaus Rott. Nichts mehr hinzuzufügen.
http://www.rottmeyer.de/the-panama-pampers/
anvo1059
6. April 2016 @ 18:58
Na ja, da hat sich wohl die NSA Affäre wenigstens etwas gelohnt !
Immer gemäß dem Motto : Alles was du tust, sagst oder denkst kann eines Tages (wenn nötig !) gegen dich verwendet werden !
Aber das was öffntlcih gemacht wird, ist vorher genau durchdacht und gesiebt !
Claus
6. April 2016 @ 17:44
@Peter Nemschak: Das hört sich gut an! Was die Verbrechensbekämpfung und “dahinter stehenden physischen und juristischen Personen” angeht, könnte man dann gleich mal anfangen in den Aufsichtsräten der Landesbanken & Co., die dort allerkräftigst mitgemischt haben, und der darin gut vertretenen Politprominenz, die jetzt alle “haltet den Dieb” schreien. Aber: Vermutlich die Mehrzahl der Panama-Briefkastenfirmen wurden nicht aus kriminellen o.ä. Gründen angelegt, sondern bewegen sich in einem legalen Rahmen organisatorischer oder korporativer Erfordernisse. Was soll’s? Mal wieder eine neue Sau, die durch das Dorf getrieben wird und von elementaren Problemen ablenkt.
Peter Nemschak
7. April 2016 @ 06:56
Für Unternehmensbeteiligungen lässt sich die rechtliche Situation sehr schnell klären, da alle Unternehmen ein Organigramm und Beteiligungsverwaltungen haben. Bei Privaten und privaten Stiftungen hat ein Einfrieren auf 90 Tage gesamtwirtschaftlich kaum Auswirkungen. Es wurden auch schon jahrelang Konten von feindlichen Staaten eingefroren, ohne dass die Welt zusammengebrochen wäre. Wenn im Einzelfall die rechtliche und steuerliche Seite geklärt ist, wird legalen und steuerehrlichen Eigentümern nichts passieren. Ich halte so eine Vorgangsweise für durchaus machbar. Möglich, dass die halbe Welt ihre Anführer dabei verliert. Diese wären schnell ersetzbar.
Peter Nemschak
6. April 2016 @ 16:03
Interessant wird, aus welchen Ländern Politiker aus diesen Netzwerken profitiert haben und ob der Druck der Öffentlichkeit nicht nur stark sondern auch nachhaltig genug ist, damit die Strafverfolgung nicht einschläft und solche Netzwerke in Zukunft zumindest erschwert werden. Als einstweilige Maßnahme sollten sämtliche “anonymen” (von Gesellschaften gehaltenen) Vermögenswerte in allen Ländern, denen Verbrechensbekämpfung ein Anliegen ist, unmittelbar vor Ort eingefroren bzw. beschlagnahmt werden, bis die dahinter stehenden physischen und juristischen Personen sowie ihre legalen Ansprüche gerichtlich geklärt wurden. Illegales Vermögen sollte zugunsten der Staaten verfallen und die dahinter stehenden Personen strafrechtlich verfolgt werden.