Die Sanktionen wackeln, das Stromnetz wankt – und Steinmeier würdigt die Nato

Die Watchlist EUropa vom 29. April 2025 – Heute mit News und Analysen zum Ringen um Strafmaßnahmen gegen Russland, einem Blackout in Spanien und Portugal und einem denkwürdigen Jahrestag der deutschen Wiederbewaffnung

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Die EU bereitet das 17. Sanktionspaket gegen Russland vor. Doch zum ersten Mal seit dem Beginn des Kriegs um die Ukraine ist nicht mehr sicher, dass es auch wirklich angenommen und umgesetzt wird – die Sanktionen wackeln.

Für diese überraschende Entwicklung gibt es drei Gründe. Zum einen hat Ungarns Regierungschef Orban angekündigt, die Strafmaßnahmen nicht mittragen zu wollen – sie gefährdeten den Friedensprozess für die Ukraine.

Das macht den EU-Chefs so große Angst, dass sie über einen neuen Regelbruch nachdenken. In Brüssel wird erwogen, die normalerweise geforderte Einstimmigkeit auszuhebeln und Ungarn zu übergehen.

Trump sorgt für Bewegung

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Der zweite Grund heißt Trump. Der US-Präsident will Russland mit einem Ende der Sanktionen nicht nur zum Friedensschluss locken, sondern auch neue lukrative “Deals” für US-Firmen ermöglichen.

Der dritte, bisher kaum beachtete Grund liegt in dem ebenso späten wie verzweifelten Versuch der EUropäer, Trump von seinen Friedensplänen abzubringen. Dafür will man sogar die Sanktionen antasten.

Diese könnten schrittweise gelockert werden, bis der Frieden wirklich hält, heißt es in einem Gegenvorschlag, den die Ukraine, Deutschland und Frankreich letzte Woche in London ausgearbeitet haben.

Ein Mittel der Diplomatie

Damit räumen die drei größten europäischen Länder erstmals ein, dass die Sanktionen zur Verhandlungsmasse gehören – und dass sie als Hebel genutzt werden können, um das gewünschte Ziel zu erreichen.

Eigentlich ist dies eine Selbstverständlichkeit. Sanktionen sind ein altbekanntes diplomatisches “Tool”, das genutzt wird, um eine Verhaltensänderung zu erzielen. Doch die EU wollte das bisher nicht wahrhaben.

In Brüssel tat man so, als seien Verhandlungen mit Moskau undenkbar – und als gehe es nur darum, Russland zu strafen. Dass man sich damit selbst massive geschadet und Diplomatie behindert hat, wollte niemand einsehen.

Noch keine Beschlüsse

Nun scheint sich das zu ändern – zum Glück. Dass die kontraproduktiven Sanktionen wackeln, ist ein gutes Zeichen. Allerdings ist das Positionspapier aus London noch keine Beschlusslage in Brüssel.

Der Wirtschaftskrieg geht daher zunächst weiter – genau wie der “echte” Krieg in der Ukraine…

Mehr zum Wirtschaftskrieg hier

News & Updates

  • Das südeuropäische Stromnetz wankt. Ein massiver Stromausfall hat die Iberische Halbinsel am Montagmittag erfasst. Millionen Menschen waren in weiten Teilen Spaniens und Portugals von dem Blackout betroffen. Die Ursache wurde in einem Fehler im südeuropäischen Stromverteilnetz vermutet. Die EU-Kommission war zunächst ahnungslos und schaltete sich erst spät in die Fehlersuche und Nothilfe ein. – Auf zivile Notfälle ist Brüssel offenbar nicht gut vorbereitet – man forciert ja auch lieber die Vorbereitung auf den Kriegsfall. Die zuständige EU-Kommissarin Lahbib empfiehlt den Bunkerbau, wie wäre es nun mit Stromgeneratoren?
  • Deutschland will Ausnahme von EU-Schuldenregeln. Deutschland rüstet massiv auf und landet auf Platz vier der Militärmächte weltweit – gleich nach Russland. Doch der Blankoscheck, den sich Berlin selbst ausgestellt hat, verstößt gegen die EU-Schuldenregeln. Nun muß die Regierung in Brüssel um eine Ausnahmegenehmigung betteln. Und das auch noch als erstes EU-Land nach den neuen Kriegsschuldenregeln... – Mehr im Blog
  • Kallas umwirbt Autokraten in Aserbaidschan. Während sich die US-Regierung um Frieden in der Ukraine bemühte, reiste die EU-Außenbeauftragte Kallas nach Aserbaidschan, um den dort herrschenden Autokraten Alijew zu preisen. – Für Irritation sorgte, dass sie nicht auch nach Armenien fuhr, merkt die “Tagesschau” an. Die fehlenden Friedensbemühungen fanden weniger Beachtung – mehr dazu hier (Blog)

Das Letzte

Steinmeier schwört Treue zur Nato. Erinnern Sie sich noch an die “dramatische neue Sicherheitslage” und die Warnungen vor einer “akuten Gefahr”, weil die USA nicht mehr zu ihren Bündnisverpflichtungen stünden? Kein Wort davon beim 70. Jahrestag des deutschen Nato-Beitritts in Brüssel. Bundespräsident Steinmeier schwor dem angeblich so unsicheren Bündnis ewige Treue und dankte Nato-Generalsekretär Mark Rutte und Christopher Cavoli – dem amerikanischen SACEUR, der von Wiesbaden aus den Nato-Einsatz in der Ukraine gegen Russland steuert. Er versprach auch noch mehr Aufrüstung.  „Ich bin überzeugt: Die wichtigste Aufgabe der neuen deutschen Regierung ist es, unsere Bundeswehr zu stärken“, sagte er bei einem Festakt im Nato-Hauptquartier. US-Präsident Trump dürfte es mit Wohlgefallen hören – genau das hatte er von seinem treuesten Verbündeten erwartet…

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