Die Friedensunion rüstet auf (ohne die Wähler zu fragen)
So schnell kann es gehen: In der Rekordzeit von nur sechs Monaten hat die EU einen neuen „Verteidigungsfonds“ aufgesetzt. Er ist schon jetzt bis 2027 konzipiert und finanziert – dabei steht noch nicht einmal das neue EU-Rahmenbudget!
Satte 13 Mrd. Euro sind für Forschung, Entwicklung und Beschaffung von Rüstungsgütern vorgesehen. Und das ist nicht einmal alles. Zitat aus der Pressemitteilung der EU-Kommission:
Der Europäische Verteidigungsfonds ergänzt andere von der Kommission vorgeschlagene EU-Programme, insbesondere die für die Fazilität „Connecting Europe“ vorgesehenen Mittel von 6,5 Mrd. EUR, mit denen die strategischen Verkehrsinfrastrukturen erweitert und für die militärische Mobilität tauglich gemacht werden sollen, sowie das neue Forschungs- und Innovationsprogramm Horizont Europa, für das 100 Mrd. EUR bereitgestellt werden.
Wenn man alles zusammenrechnet, kann wohl von einer massiven Aufrüstung gesprochen werden. Sie richtet sich vor allem gegen Russland – „militärische Mobilität“ heißt nichts anderes, als Panzer gen Osten rollen zu lassen.
Doch eine „passende“ Bedrohungsanalyse liegt nicht vor. Ganz im Gegenteil: auf eine parlamentarische Anfrage der Linken erklärte die Bundesregierung, sie wisse nichts von russischen Angriffsplänen!
Wo liegt der Mehrwert?
Die EU hat bisher nicht einmal belegt, worin der Mehrwert ihres Rüstungsfonds liegen soll. Was wird denn – wie bisher stets behauptet – anderswo eingespart, wenn die Friedensunion selbst aufrüstet?
Der größte Skandal liegt jedoch aus meiner Sicht darin, dass dieser Siebenjahresplan kurz vor der Europawahl auf den Weg gebracht wird. Die Wähler sollen und werden keine Chance mehr haben, die Aufrüstung zu stoppen.
Denn wie in vielen anderen Fällen fiel auch hier die Entscheidung in einem intransparenten und undemokratischen Trilog. Das Europaparlament hat bereits zugestimmt, hinter verschlossenen Türen…
UPDATE 7.6.19: Das Europaparlament hat den Plan kurz vor der Europawahl durchgewunken; die scheidende EU-Kommission treibt ihn mit Hochdruck voran und meldet bereits Erfolge bei der „militärischen Mobilität“.
Siehe auch „Die Verteidigungsunion läuft aus dem Ruder“ und „EUropa schützt, aber wie?
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Pjotr56
22. Februar 2019 @ 02:10
Norbert Häring hat dazu auch etwas hoch interessantes geschrieben. Wer nach der Lektüre noch ruhig schlafen kann, raucht offensichtlich saugutes Zeug:
http://norberthaering.de/de/27-german/news/1112-balancierte-partnerschaft
Meine Hypothese: Sobald North Stream 2 fertig gestellt ist (Ende 2019) und von Russland vollständig finanziert wurde, beugt die Bundesregierung sich dem Druck der USA und die Pipeline geht nicht in Betrieb.
In diesem Fall können wir nur hoffen, dass die Russen das letztlich akzeptieren. Falls nicht – was ich gut verstehen könnte – wird es ungemütlich.
Wer einen besonnenen Journalisten, nämlich Fritz Pleitgen, zu der Frage „Partner oder Gegner? – Der schwierige Umgang mit Putins Russland“ in der Phönix Runde erleben möchte:
https://www.phoenix.de/sendungen/gespraeche/phoenix-runde/partner-oder-gegner—der-schwierige-umgang-mit-putins-russland-a-750334.html
Peter Nemschak
21. Februar 2019 @ 17:56
@Pjotr 56 Ich ersuche höflich, den dafür vorgesehen Betrag als Spende an den WWF weiterzuleiten
Pax
21. Februar 2019 @ 12:54
Krieg „beflügelt“? Wo kommt nur dieser wahnsinnige gedanke her? Natürlich gibt’s es in kriegszeiten eine hohe dynamik in vielen bereichen – nur eben ist der letztendliche zweck: tot, leid und verderben. Ziemlich schlechter denkrahmen, um auf eine friedliche zukunft mit wohlstand aufzubauen. Und mal ehrlich, einfach nur vom gesunden menschenverstand her: in welchen zeiten lassen sich forschungen in wirtschaftlichen, sozialen, ökologischen, medizinischen, ach verdammt, schlicht allen lebensbereichen wohl sinnvoller und effektiver gestalten: in friedens- oder in kriegszeiten??
Herrgott, als ob es in friedenszeiten keine forschung gäbe…?! Ich denke, manchmal sehen die leute vor lauter argumenten die zielsetzung nicht mehr.
Gewalt ist obsolet, denn gewalt erzeugt gegengewalt…immer! Abrüsten statt aufrüsten! Ein kriegerisches europa ist nicht mein europa!
Bürgerrechtler
21. Februar 2019 @ 11:47
NATO Falken prophezeien einen neuen bevorstehenden Krieg in Europa In Weißrussland
https://de.sputniknews.com/politik/20190221324053301-nato-rasmussen-weissrussland/
Er warnt Weißrussland vor einem Ukraine-Szenario a la Maidan-Revolution 2014. Anscheinend bereitet die NATO die Maidanisierung und Balkanisierung von Rest Europas vor, das sich bis jetzt noch weigert der NATO beizutreten…
Baer
21. Februar 2019 @ 09:45
Ist es wirklich sicher,dass Herr Nemschak ein Mensch,also humanoid,oder vielleicht ein von wem auch immer installierter Algorithmus?
Manchmal kommen mir Zweifel mit welcher Weltanschauung manche durchs Leben gehen,
was vor allem die Entwicklung ihrer Kinder beeinflusst ,und damit die zukünftige Gesellschaftsentwicklung.
Es ist nur noch traurig.
Peter Nemschak
21. Februar 2019 @ 15:25
Das Wertvollste an einer pluralistischen Demokratie ist, dass sie unterschiedliche Vorstellungen vom „guten Leben“ zulässt.
Pjotr56
20. Februar 2019 @ 14:10
Über die Chancen der Wähler erfährt Mensch im folgenden Vortrag von Rainer Mausfeld mit dem Titel „Warum schweigen die Lämmer? Neue Wege des Demokratiemanagements. Wie sich Machtverhältnisse unsichtbar machen lassen“ interessante Details:
https://www.nachdenkseiten.de/?p=49277
Holly01
20. Februar 2019 @ 12:56
Man stelle sich einmal vor, das Geld würde für ein Hochschulnetz ausgegeben.
Also ein Glasfaser-/Funknetz, welches vom Internet komplett getrennt ist.
Ziel: Forschung und Entwicklung von eigenständiger hardware, software, security und Protokolle für Übertragung und Verarbeitung. Vernetzt über die gesamte EU.
Dazu eine verpflichtende Sprachausbildung, in Gebärdensprache.
Aber das hätte ja Zukunft. Jetzt wo sich herausstellt, das die US Prozessoren Müll sind.
Dann investieren wir eben in militärische Infrastruktur …… *Jubel, Trubel,Heiserkeit*.
vlg
Peter Nemschak
20. Februar 2019 @ 14:11
Rüstungsausgaben beflügeln den technischen Fortschritt mehr als eine verpflichtende Sprachausbildung in Gebärdensprache.
Pjotr56
20. Februar 2019 @ 14:55
Kurzfristig sollte Geld in die Hand genommen werden, um Herrn Nemschak fortzubilden in Friedens-und Konfliktforschung, Völkerrecht, Humanismus … .
Anschließend reden wir weiter.
Holly01
20. Februar 2019 @ 23:28
„Rüstungsausgaben beflügeln den technischen Fortschritt mehr als eine verpflichtende Sprachausbildung in Gebärdensprache.“
Waffen sind Waffen sind Waffen und werden gebaut, um effektiv zu zerstören und zu töten.
Zerstören von Menschen, Moral, Gütern und Landschaften.
Weder weniger noch mehr.
„beflügeln“?
Ja ist klar …. manchmal möchte ich schreien vor Frustration.
vlg
Ute Plass
21. Februar 2019 @ 16:11
@Pjotr56 – schließe mich dieser Empfehlung an 🙂
Peter Nemschak
20. Februar 2019 @ 17:37
Ich möchte daran erinnern, dass das aus der heutigen Gesellschaft nicht wegzudenkende Internet aus militärischen Gründen in den 1960-igern während des Kalten Kriegs entstanden ist und dass das zivile Apolloprogramm der NASA (Mondlandung) auf den Erkenntnissen der Nazis aus dem Zweiten Weltkrieg aufbaute (Wernher von Braun).