Das RT-Verbot war nur der Anfang
Anfang März hat die EU-Kommission die russischen Staatsmedien RT und Sputnik verboten. Widerstand gab es kaum, und so plant Brüssel bereits die nächsten Eingriffe in die Meinungsfreiheit.
Außergewöhnliche Zeiten verlangen nach außergewöhnlichen Maßnahmen“: Mit diesen Worten begründete die Vizepräsidentin der Europäischen Kommission, Vera Jourova, Anfang März das EU-weite Verbot für die russischen Staatsmedien RT und Sputnik. „Wir alle stehen für die Redefreiheit, aber sie darf nicht zur Verbreitung von Kriegspropaganda missbraucht werden. Der Kreml hat Informationen zur Waffe gemacht.“
Es war ein Tabubruch, und das gleich in mehrfacher Hinsicht. Zum einen sind Meinungs- und Pressefreiheit ein integraler Bestandteil der EU-Grundrechtecharta. „Jede Person hat das Recht auf freie Meinungsäußerung. Dieses Recht schließt die Meinungsfreiheit und die Freiheit ein, Informationen und Ideen ohne behördliche Eingriffe und ohne Rücksicht auf Staatsgrenzen zu empfangen und weiterzugeben“, heißt es in Artikel 11. Er wurde mißachtet.
Zum anderen ist die EU-Kommission für die Zulassung von Medien gar nicht zuständig. Dies ist Sache der 27 EU-Mitgliedsländer. In Deutschland liegt die Kompetenz bei den Landesmedienanstalten. Die Brüsseler Behörde hat ihre Kompetenzen eindeutig überschritten und zwei (aus guten Gründen) getrennte Bereiche – die Medienpolitik und die Außenpolitik – unzulässig miteinander vermischt.
Kaum Widerstand
Dabei machte sie sich nicht einmal die Mühe, die Notwendigkeit der Maßnahme zu belegen oder zu erklären. Man werde „nicht zulassen, dass Apologeten des Kremls ihre toxischen Lügen zur Rechtfertigung von Putins Krieg verbreiten oder Zwist in unserer Union säen“, erklärte die deutsche Behördenchefin Ursula von der Leyen – das mußte als Begründung reichen. Großen Widerstand gab es nicht, sieht man von einzelnen Europaabgeordneten und NGOs wie EDRI ab, die die mangelnde Mitwirkung des Parlaments bemängeln.
Dafür gibt es im Wesentlichen zwei Gründe: Zum einen stehen „Fake News“ und „Desinformation“ aus Russland bereits seit Jahren im Fokus der EU. Wegen des Ukraine-Konflikts wurde im Auswärtigen Dienst EAD schon 2015 eine Taskforce für „Strategische Kommunikation“ eingerichtet.
Der Boden für regulative Eingriffe war also bereitet, und das schon seit Jahren. Zum anderen hat die EU ihr Verbot nicht als Maßnahme gegen bestimmte Informationen, Meinungen oder Journalisten präsentiert, sondern als „restriktive Maßnahme“ (Sanktion) gegen russische „Manipulation“. Sie kann sich so als Hüterin einer freien Öffentlichkeit präsentieren und den Vorwurf der Zensur abwehren.
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Kleopatra
23. April 2022 @ 21:18
Pressefreiheit ist ein Grundrecht und als solches immer gegen den Staat gerichtet. Staaten sind insofern keine Grundrechtssubjekte, und deshalb kann ein staatliches Medium wie RT keine Grundrechte wie Presse- bzw. Meinungsfreiheit beanspruchen.
ebo
23. April 2022 @ 21:26
Kenne Sie die EU-Grundrechtecharta? Das steht in Artikel 11:
„Jede Person hat das Recht auf freie Meinungsäußerung. Dieses Recht schließt die (…) Freiheit ein, Informationen und Ideen (..) ohne behördliche Eingriffe und ohne Rücksicht auf Staatsgrenzen zu empfangen und weiterzugeben“.
Was ist wohl mit “ohne behördliche Eingriffe” gemeint – und mit “ohne Rücksicht auf Staatsgrenzen”?
Kleopatra
23. April 2022 @ 23:49
Natürlich kenne ich die Grundrechtecharta. Wie aus dem Zitat hervorgeht, schützt sie die Rechte von Personen, nicht die Ansprüche von Staaten.
ebo
24. April 2022 @ 00:46
Sie schützt das Recht von Personen, sich ohne behördliche Eingriffe auch aus ausländischen Medien zu informieren. Dieses Recht wird von einer Behörde namens EU-Kommission verletzt. Geschädigt wird nicht der Staat Russland (RT ist kein Staat), verletzt werden die Rechte der EU-Bürger.
Thomas Damrau
21. April 2022 @ 08:34
Das Blockieren von Nachrichten-Kanälen geht in der Regel nach hinten los. Das haben wir schon in der Corona-Krise gesehen: Wo auch immer versucht wurde, die Verbreitung von Unsinn auf einem Medium zu verhindern, fand sich ein alternatives Medium, um den Unsinn weiterzuverbreiten. Und den Hardcore-Fans des Unsinns wurde ein Argument geliefert, um gegen Zensur und “Lügenpresse” zu protestieren.
Außerdem gibt es einen fließenden Übergang zwischen offensichtlichem Unsinn, möglichem Unsinn, unbewiesenen Theorien und berechtigter Kritik. Wo endet der gewünschte Schutz der Bevölkerung vor Fehlinformation und wo beginnt die Unterdrückung unliebsamer Meinungen.
Holly01
21. April 2022 @ 18:46
Nah dran.
Bei Corona wurden die Informationen kompromittiert, indem man die Akzente gesetzt hat.
“Bleiche trinken” anstatt Mononitrat.
“Spinner” statt Wissenschaftler hypen.
Das ist kein Blockieren. Das ist ein hypen der Fehlegeleiteten.
So wie Lauterbach natürlich nur der offensichtliche nützliche Idiot ist, nur umgekehrt.
Die tatsächlichen Probleme der mRNA Impfen wurden in der Masse nie auch nur angedeutet.
Und das werter Hr. Damrau ist sehr sehr gut gemacht und das ist das Problem.
“Wir” Kritiker halten die staatlichen Maßnahmen und ihre Urheber für dumm.
Sind die aber nicht.
Da stehen sehr viele Leute sehr früh auf und gehen sehr spät ins Bett und haben uns sehr gut im Griff.
Wir haben “Wir benötigen keine Demokratie, denn wir wissen was die Leute wollen, weil wir ihnen gesagt haben was sie wollen.”
Und ich könnte kotzen, weil es funktioniert.