Coronakrise: Das Parlament taucht ab, der Rat ist ratlos

Was sagt eigentlich der EU-Gipfel zur Coronakrise? “Wir nehmen die Situation extrem ernst”, erklärte Gipfelchef Michel, nachdem sich Kommissionspräsidentin von der Leyen in Quarantäne begeben mußte. Doch Maßnahmen wurden nicht beschlossen.

Der Gipfel hat nur alles Mögliche begrüßt: Dass man sich jetzt bei der Reiseampel abstimmen will (verbindlich ist das nicht), und dass die EU-Kommission nationale Impfstrategien empfiehlt (verbindlich ist das auch nicht).

Außerdem hat er den Rat – also die “einfachen” Minister – aufgefordert, “die Gesamtkoordinierungsbemühungen auf der Grundlage der besten wissenschaftlichen Erkenntnisse fortzusetzen, insbesondere in Bezug auf Quarantänevorschriften, die grenzüberschreitende Ermittlung von Kontaktpersonen, Teststrategien, die gemeinsame Bewertung von Testverfahren, die gegenseitige Anerkennung von Tests und die vorübergehende Beschränkung nicht unbedingt notwendiger Reisen in die EU.”

Gesamtkoordinierungsbemühungen – was für ein Wortungetüm. In der Praxis bedeutet das gar nichts – die deutsche “Corona-Präsientschaft” macht sich einen schlanken Fuß.

Dies wird vor allem daran deutlich, was man nicht festgehalten hat: Grenzschließungen wie im Frühjahr wurden ebenso wenig ausgeschlossen wie ein neuer Lockdown.

Ach ja, das Europaparlament hat schon den Lockdown 2.0 verkündet: die Plenartagung nächste Woche findet weder in Brüssel noch in Straßburg statt, sondern im Cyberspace, als Videokonferenz.

Während die EU-Abgeordneten wieder abtauchen, tagen die EU-Chefs munter weiter, live und mitten im Hotspot Brüssel. Haben sich das Parlament und der Europäische Rat etwa nicht abgestimmt – trotz der Gesamtkoordinierungsbemühungen?

Siehe auch “Coronakrise: Europäer müssen auf Impfstoff warten”

P.S. Agenturmeldung 11.25 Uhr – Die finnische Ministerpräsidentin Sanna Marin hat den EU-Gipfel als Corona-Vorsichtsmaßnahme verlassen. Das teilt sie auf Twitter mit. Sie lässt sich von dem schwedischen Ministerpräsidenten Stefan Löfven vertreten.