Belarus: Nun soll es die OSZE richten

Was hat die EU in Belarus erreicht? Nicht viel, wie eine Anhörung im Europaparlament zeigte. Eine Woche nach dem Sondergipfel in Brüssel ist nicht einmal klar, ob Machthaber Lukaschenko mit Sanktionen belegt wird. Derweil betont die Opposition: “Wir sind nicht nicht auf EU-Kurs.”

Die EU hat die zunehmende Repression in Belarus scharf kritisiert, jedoch keine neuen Hilfen für die Opposition angekündigt. Bei einer Video-Anhörung der Oppositionspolitikern Swetlana Tichanowskaja im Europaparlament in Brüssel vertröstete der Auswärtige Dienst der EU die Abgeordneten auf später.

Man plane, “sehr, sehr bald” eine Entscheidung über Sanktionen zu treffen, sagte Generalsekretärin Helga Schmid. Allerdings sei immer noch offen, wer auf die Sanktionsliste kommt. So ist zum Beispiel umstritten, ob auch gegen Machthaber Alexander Lukaschenko ein Einreiseverbot verhängt werden soll.

Solche Sanktionen gegen den „letzten Diktator Europas“ hat es schon einmal gegeben. Sie waren jedoch vor einigen Jahren aufgehoben worden – um Lukaschenko für seine damalige Annäherung an den Westen zu belohnen.

Vor einer Woche hatte die EU dann auf einen Sondergipfel neue Strafmaßnahmen auf den Weg gebracht. Damit reagierten die Staats- und Regierungschefs auf Wahlfälschungen und Machtmissbrauch bei der Präsidentschaftswahl am 9. August und den folgenden Massenprotesten.

Beim neuen EU-Kurs gehe es nicht um Geopolitik, betonte Schmid. Man wolle sich auch nicht in die inneren Angelegenheiten des Landes einmischen. Vielmehr wolle die EU einen „nationalen Dialog“ mit der Opposition fördern. Wie das angesichts der Weigerung Lukaschenkos gehen soll, blieb jedoch auch in der zweistündigen Anhörung offen.

Tichanowskaja bedankte sich für die Unterstützung des Parlaments. Sie betonte aber, es gehe nicht um einen Pro-EU- oder Anti-Russland-Kurs. „Dies ist keine geopolitische Revolution“, sagte sie in Anspielung auf die Ukraine, wo die EU in einen Machtkampf mit Russland verwickelt war. „Es ist eine demokratische Revolution“.

“Belarus ist aufgewacht”, erklärte die 37-jährige, die bei der Wahl gegen den seit 26 Jahren regierenden Lukaschenko angetreten war und inzwischen aus Furcht vor Verhaftung nach Litauen geflüchtet ist. “Wir sind nicht mehr die Opposition. Wir sind jetzt die Mehrheit. Die friedliche Revolution findet statt.“

Die Opposition sei bereit zu einem Dialog mit den „Autoritäten“, um freie und faire Wahlen zu ermöglichen, bekräftigte Tichanowskaja. “Wir sind bereit, unsere Verhandlungsführer zu ernennen.“ Um mit dem Regime ins Gespräch zu kommen, ziehe sie auch eine internationale Vermittlung in Betracht.

Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), der auch Russland angehört, hat bereits mehrfach ihre Vermittlung angeboten. Lukaschenko hat dies jedoch abgelehnt. Am Freitag soll es eine OSZE-Sondersitzung in Wien geben, kündigte Schmid an. Sie werde an diesem Treffen teilnehmen.

Auf die OSZE hätte die EU allerdings auch früher kommen können – schließlich ist diese Organisation für Problemfälle wie Belarus geschaffen worden. Dann hätte man sich auch den EU-Sondergipfel sparen können – außer frommen Wünschen hat er (bisher) nichts gebracht…

Siehe auch “Rote Karte für Lukaschenko – und nun?” und “Gipfel der Einmischung”