“Wir sitzen alle im selben Boot” – Really?
Die Coronakrise spaltet die EU. Viele Berufseuropäer wollen das nicht hinnehmen und beschwören die Einheit. “Wir sitzen alle im selben Boot”, heißt es trotzig in Brüssel. Doch die Zahlen sprechen eine andere Sprache, leider.
Das fängt schon bei den Todesopfern an. Italien meldet 13155, Spanien 9387, Deutschland 931 (Stand 02.04.20 gegen 12 Uhr). Bei mehr als Zehntausend Toten sähe es bei uns auch anders aus als jetzt – auch der Blick auf die EU würde sich verändern.
Dass wir nicht im selben Boot sitzen, zeigen auch die Notstandsregeln. In Italien und Spanien herrscht nicht nur eine strikte Ausgangssperre, dort wurde auch die Schließung aller nicht lebenswichtigen Firmen angeordnet.
Demgegenüber arbeiten in Deutschland viele Unternehmen weiter, angeblich ist auch die Waffenschmiede Rheinmetall noch schwer aktiv. Der deutsche Lockdown ist wesentlich laxer als etwa in Belgien oder Frankreich.
Und in den Niederlanden und in Schweden herrscht weitgehend “Business as usual”. Schulen und Geschäfte sind auf, der Wirtschaft droht kein Totalschaden wie in Italien oder Spanien. Alle sitzen im selben Boot? Not really!
Das wird auch deutlich, wenn wir uns die Hilfsprogramme für die Wirtschaft ansehen. In Deutschland belaufen sie sich auf bis zu 35 Prozent der Wirtschaftsleistung, in Frankreich auf 14, in Italien auf knapp zehn.
This difference in response across Europe does not make economic sense and is political dynamite 👇 pic.twitter.com/zojOKx820Z
— Moritz Schularick (@MSchularick) March 30, 2020
Von Chancengleichheit kann da keine Rede sein. Wenn die Krise irgendwann endet, hat Deutschland wesentlich bessere Startbedingungen als alle anderen EU-Länder. Auch deshalb ist Solidarität zwingend!
Zum Schluß werfen wir noch einen Blick auf die Spreads, die die Zinsunterschiede zwischen den Ländern und damit den günstigen bzw. teuren Zugang zu Krediten an den Finanzmärkten beschreiben.
Sie sind seit dem Beginn der Krise in Italien, Spanien und Portugal gefährlich gestiegen. Ein Notprogramm der EZB hat zwar für etwas Entspannung gesorgt – doch viele Experten fürchten eine neue Eurokrise.
Sollten die Spreads wieder signifikant steigen, so könnten Italien und Spanien vom Finanzmarkt abgeschnitten werden. Dann sitzen wir definitiv nicht mehr im selben Boot – bzw. alle zusammen auf der Titanic…
Alexander
3. April 2020 @ 18:28
„Ähnlich befremdlich klingt, wenn hierzulande geschimpft wird, gemeinsame europäische Staatsanleihen könnten dazu führen, dass die Zinsen steigen. Ernsthaft? Das sagen die, die seit Jahren sagen, wie furchtbar es ist, dass wir viel zu niedrige Zinsen haben.“
„Man kann halt entweder niedrige Zinsen doof finden – oder Eurobonds. Beides passt gerade logisch nicht ganz stringent zusammen.“
Na und? Es genügt doch wohl, wenn es für Wähler der Intellektuellenpartei CDU perfekt zusammenpasst! Und diese ganzen faulen und gierigen Pleite-Südländer werden dann jetzt mal endlich das Sparen lernen! ;->
https://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/coronakrise-haessliches-deutsches-erbsenzaehlen-kolumne-a-03a0531a-ec73-408b-b350-e95ef229e04a
Holly01
3. April 2020 @ 22:31
Ein Deutscher kann das ganz klar trennen:
Niedrige Zinsen für deutsche Sparer = ganz übel
Niedrige Zinsen für den deutschen Staat = ganz Klasse
Das ist wie Merkel Umfragen, da trennt der Deutsche auch ganz sauber:
Merkel klasse
Regierung Mist
Das eine hat jeweils mit dem Anderen nichts zu tun.
Das konnten wir schon bei den Nazis. “Wenn das der GröFaZ gewusst hätte ….. ”
Darum gab es nur einen einzigen Nazi in Schland und der wusste von nix ….
Aber … das kann man nicht lernen, dafür muss man hier geboren sein ^^
vlg
Holly01
2. April 2020 @ 14:47
Die faulen und korrupten Südländer wollen nicht quasseln sondern rudern …..
😉 vlg
Pjotr56
2. April 2020 @ 14:33
Das bisher in Deutschland zur Verfügung stehende Datenmaterial lässt keine auch nur annähernd realistische Einschätzung bez. der mit Covid-19 infizierten sowie der AN ODER MIT dem Virus verstorbenen Menschen zu.
In diesem Dilemma, dem der Souverän mit niesen in die Armbeuge und Hände waschen à la von der Leyen zu entkommen versucht, hilft vielleicht ein tieferer Blick auf die Strukturen dahinter:
„Die USA haben das sicherste Gesundheitssystem der Welt“ – Die Johns Hopkins University und das globale Pandemien-Management von Werner Rügemer:
https://www.nachdenkseiten.de/?p=59825
European
2. April 2020 @ 14:33
Das Internet ist sicherlich nicht das wahre Leben, aber wenn ich mir italienische Kommentare aktuell so durchlese, dann wird es dünn mit den Europa-Freunden und noch dünner mit den Deutschland-Anhängern. In Spanien sieht es ähnlich aus. Portugal ist auf Erfolgskurs, seit es sich aus den Fängen der Restriktionen gelöst hat. Von Griechenland hört man gar nichts mehr. Die werden gar nicht mehr erwähnt. Höchstens noch wegen Lesbos.
Wenn ein einziges Land immer nur als Sieger aus allem hervorgeht und gleichzeitig alle anderen – einschließlich Frankreich – immer nur verlieren, und zwar deutlich, dann sprengt das die Union von innen, wenn nicht endlich jemand mal auf ehrliche Ursachenforschung geht.
Was hat die jahrelange Lohndrückerei, *räusper* Lohnzurückhaltung und der höchste Niedriglohnsektor Europas in Deutschland mit alledem wohl zu tun? Wieso sind seit der Hartz-Agenda auf einmal die deutschen Unternehmen satte Nettosparer? Wieso hat die untere Hälfte der deutschen Bevölkerung nichts vom Reichtum, sondern fällt immer weiter ab, kann kein Vermögen bilden? Wieso steigt die Altersarmut so eklatant? Wieso machen Deutschland’s Hauptmitstreiter in der EU, Frankreich und Italien, konsequent Dauerverluste, während Deutschland Dauergewinne einfährt? In einem Binnenmarkt gibt es da unmittelbare Zusammenhänge, die einem die Augen ausbrennen. Die alte Leier von den fehlenden “Strukturreformen” in den Südländern helfen da nicht. Welche Struktur hat Deutschland denn reformiert, außer drastische Lohnsenkungen einzuführen, massenhafte billige Leiharbeit und prekäre Beschäftigung. Der aktuelle Lohnabstand zu Frankreich liegt bei ca. 30%. Soll also Frankreich seine Löhne um 35% senken, damit es den Franzosen besser geht? Gleiches gilt für Italien und Spanien. Was macht das dann mit deren BIP und mit den deutschen Exporten, wenn unsere Nachbarn ein Drittel weniger verdienen?
Strukturreformen? Bauanträge dauern heute länger denn je. In den Bauämtern finden sich oft keine Ingenieure mehr, die diese Anträge bearbeiten können. Die Justiz ist völlig unterbesetzt und kann wichtige Verfahren kaum noch bearbeiten. Es fehlen tausende Lehrer, Polizisten usw. 10000 kommunale Brücken müssen in den nächsten 10 Jahren ausgetauscht werden. Weitere ca. 30.000 sind sanierungsbedürftig.
tbc….
Alexander
2. April 2020 @ 14:27
Ist das Video echt?
“The Vice-President of Italien Parliament lifted the #EU flag and replaced it with Italian flag!”
https://twitter.com/ISCResearch/status/1245250407577923584
Und gleich darunter:
“Italians are taking down #EU flags across the country and destroying them following yet another failure by the unelected bureaucrats in Brussels during the #Coronavirus outbreak. #Italy”