Von Macrons Euro-Vision bleibt nichts übrig

Et voilà, Deutschland und Frankreich haben sich auf einen gemeinsamen Vorschlag zum Eurozonen-Budget geeinigt. Wenn der Entwurf tatsächlich umgesetzt wird, dann bleibt von Präsident Macrons Vision nichts übrig.

Der neue Haushalt soll Teil des EU-Budgets werden und Reformen in den Mitgliedsstaaten fördern, heißt es indem Text, der mir vorliegt. Insgesamt soll so mehr Wirtschaftswachstum entstehen und die Länder wettbewerbsfähiger werden.

Das Wort Investitionen kommt auch vor, aber immer erst an zweiter Stelle – nach den Reformen. Auch die Stabilisierungs-Funktion für die Eurozone, die Macron ursprünglich angestrebt hatte, spielt nur noch eine Nebenrolle.

Und Zahlen enthält der Entwurf auch keine. Zuletzt war von ein oder zwei Dutzend Milliarden Euro die Rede – doch letztlich wird das vom nächsten mehrjährigen Finanzplan abhängen. Das Eurobudget wird eine Art Wurmfortsatz.

Damit hat sich Deutschland auf ganzer Linie durchgesetzt. Der Kompromiss erinnert mehr an Merkels “Reformverträge”, für die sie während der Eurokrise vergeblich warb, als an Macrons visionäre Sorbonne-Rede.

Bemerkenswert ist, dass sich Finanzminister Scholz die Vorschläge der Kanzlerin (und ihres ehemaligen Kassenwarts Schäuble) zu eigen gemacht hat. Eine sozialdemokratische Handschrift ist nicht zu erkennen.

Wenn es dabei bleibt, dann ist dieses Euro-Schrumpfbudget die Mühe nicht mehr wert. Als Nächstes muss der Entwurf noch einen EU-Gipfel und die Verhandlungen über den künftigen EU-Finanzrahmen überstehen.

 

Ich erwarte, dass der Vorschlag dort entweder endgültig abgeschossen wird (z.B. von der niederländischen “Hanse”) – oder dass er noch mehr nach deutschen (und niederländischen) Wünschen umgemodelt wird.

Am Ende dürfte nur noch derjenige Geld erhalten, der neoliberale Strukturreformen durchführt und sich bereit erklärt, sein Land an das deutsche Exportmodell anzupassen (dabei stößt das gerade an seine Grenzen).

Das Ganze ist ein Lehrstück zum Thema EU-Reform. Selbst im dritten Jahr nach dem verlorenen Brexit-Referendum kann sich die EU (und die Eurozone) immer noch nicht aufraffen, einen echten Neustart zu wagen.

Stattdessen werden verstaubte Vorschläge aus dem Kanzleramt hervorgekramt, die sich schon während der Eurokrise als toxisch  erwiesen haben. Ausgerechnet Macron verhilft ihnen nun zum Durchbruch…

Siehe auch “Eurozone: Reform ohne Kompaß” und “Der verhinderte Neustart” (E-Book mit vielen Details zu diesen und anderen gescheiterten Vorstößen) 

P.S Merkel und Scholz blockieren übrigens auch mehr Steuertransparenz, mehr dazu z.B. hier (Website von S. Giegold)