Von der Leyen sichert ihr Team – vorerst

EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen hat ihr neues Team vorgestellt. Es soll sich um mehr Sicherheit und Wettbewerbsfähigkeit kümmern – und bringt einige umstrittene Kandidaten nach Brüssel. Spielt das Europaparlament mit?

Das Gezerre dauerte bis zur letzten Minute. Noch am Montagabend wusste von der Leyen nicht zu sagen, ob sie am Dienstag ihre neue Kommission vorstellen könne. Kurz vor Toresschluss hatte sie ihren Wettbewerbskommissar Breton herausgeworfen. Ein Fehlstart lag in der Luft, die Glaubwürdigkeit war beschädigt.

Doch als sie schließlich vor die Presse trat, war Uschis Welt wieder in Ordnung. Endlich – drei Monate nach der Europawahl und eine Woche nach dem ursprünglichen Zeitplan – konnte sie die Liste ihrer neuen Kommissare präsentieren. Sie bringt neue Gesichter, neue politische Prioritäten – und neuen Ärger. 

Statt um den Klimaschutz, wie noch bei von der Leyens erster Kommission vor fünf Jahren, geht es nun um die Sicherheit und die Wettbewerbsfähigkeit. „Die neuen Schwerpunkte spiegeln wieder, in welcher Zeit wir leben“, sagte von der Leyen. Das Klima sei zwar weiter wichtig, doch der Wettbewerb sei härter geworden.

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Erstmals wird sich ein Kommissar – Litauens Ex-Premierminister Andrius Kubilius – mit Verteidigung und Rüstung beschäftigen. Dabei ist Brüssel dafür laut EU-Vertrag gar nicht zuständig. Neu sind auch Kommissare für den Wohnungsbau (Dan Jørgensen aus Dänemark) und das Mittelmeer (Dubravka Suica aus Kroatien).

Gestrichen wurden dagegen die Stellen für die Arbeits- und Sozialpolitik und für Gleichstellung. Für Verwunderung sorgte auch, dass von der Leyen ausgerechnet Österreichs Finanzminister Magnus Brunner mit der Asyl- und Migrationspolitik betraut hat – mitten im Wiener Wahlkampf ein fragwürdiges Signal.

Am meisten Ärger gibt es aber um den neuen italienischen Kommissar Raffaele Fitto. Schon im Vorfeld gab es Widerstand gegen die Nominierung des Rechtsaußen-Politikers aus Rom. Dass ihn von der Leyen nun auch noch zu ihrem Vizepräsidenten macht, sorgt für Unmut. Fitto soll sich um die Regionalförderung kümmern, was ihm Zugriff auf EU-Fördertöpfe sichert.

Viele Geschenke

Das ist ein Geschenk für Italiens postfaschistische Regierungschefin Giorgia Meloni – und ein weiterer Bruch in der “Brandmauer gegen rechts”. Ein Geschenk bekam auch die österreichische ÖVP: Ihr Finanzminister Magnus Brunner wird Migrationskommissar – wenn das keine Einmischung in den Wahlkampf ist!

Freuen darf sich auch Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron: Mit Stéphane Séjourné hat er künftig einen ihm treu ergebenen EU-Kommissar. Noch-Außenminister Séjourné soll sich künftig um die Industriepolitik kümmern – wovon er allerdings viel weniger versteht als der gechasste Breton…

Und dann wären da noch die Osteuropäer: Mit der Estin Kaja Kallas (Außenvertreterin) und dem Litauer Kubilius (Verteidigung) können sie künftig den EU-Kurs in der Ukraine und gegenüber Russland bestimmen. Kubilius fordert schon mal eben 500 Milliarden Euro für die Aufrüstung…

Ein hoher Preis

Insgesamt hat von der Leyen ihre Macht in Brüssel gesichert – doch um welchen Preis? Ihre zweite Kommission wird von nationalen Interessen dominiert, ihr Programm ist ein populistisches “Wünsch-Dir-Was”, ihr Team verfügt über keinerlei demokratische Legitimität.

Bleibt die große Frage, ob das Europaparlament da mitspielt. Nach dem Aufstand der Sozialdemokraten und Protesten der Grünen wäre ich da nicht so sicher. Deren “Green Deal” findet sich übrigens in keinem großen Portfolio wieder; er wird nun Teil der Industriepolitik.

Es dürfte also Ärger geben. Die Abgeordneten könnten – wie schon in der Vergangenheit – versuchen, einige besonders unfähige Kandidaten herauszukicken. Ein Streit um Fitto könnte sogar von der Leyen gefährlich werden. Sie hat ihre Macht gesichert – vorerst…

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