Der “Green Deal” ist tot, hoch lebe die “saubere” Industrie

Kommissionschefin von der Leyen soll die EU aus der Dauer-Krise holen. Dabei hat sie sie selbst mit verursacht. Was taugt ihr Programm für die zweite Amtszeit? – Teil acht einer mehrteiligen Serie. Heute: Die Klimakrise.

Die Klimakrise beschleunigt sich. Und es ist dringend notwendig, unsere Wirtschaft gleichzeitig zu dekarbonisieren und zu industrialisieren.

Von der Leyen – Political Guidelines

Als die alte und neue EU-Kommissionspräsidentin 2019 ihren “Europan Green Deal” ankündigte, versprach sie wahre Wunder: Die Wirtschaft werde wachsen, die Industrie könne neue Märkte erschließen – und die Klimakrise würde wenn schon nicht beendet, so doch durch Einhaltung des Pariser 1,5 Grad-Ziels eingedämmt.

Fünf Jahre später ist klar, dass all diese Ziele verfehlt wurden. Die kritische 1,5 Grad-Schwelle wurde längst überschritten, die Klimakrise hat sich verschärft und EUropa besonders getroffen, die Industrie hat Marktanteile an die USA und China verloren – und die Wirtschaft stagniert. Zudem ist der politische Klima-Konsens zerbrochen – auch in von der Leyens konservativer EVP.

Vor diesem Hintergrund käme es nun darauf an, die Ursachen zu finden und einen neuen Konsens zu suchen. Doch die EU-Kommission hat es zu keinem Zeitpunkt für nötig gehalten, die Erfolge und Misserfolge ihres “Green Deals” zu bilanzieren. Sie mauert sich ein und behauptet, sie habe ihren Job erledigt – nun komme es auf die Umsetzung an.

Tatsächlich sind die EU-Staaten in der Pflicht. Doch wie wir in Deutschland sehen, sind sie weder willens noch in der Lage, die versprochenen Wunder zu liefern. Berlin riskiert Milliardenstrafen, weil es die Klima-Vorgaben aus Brüssel für 2030 verfehlen dürfte. Schuld sind vor allem der Gebäude- und der Verkehrssektor. Aber auch die Industrie hinkt hinterher.

Das hindert die Kommissionspräsidentin jedoch nicht daran, neue widersprüchliche Versprechen zu machen. Da die europäische Industrie an Boden verliert, wird ihr ein “Clean Industrial Deal” angeboten. Da die Grünen für von der Leyens Wiederwahl gebraucht wurden, wurde ein neues Emissionsreduktionsziel aus dem Hut gezaubert – 90 Prozent bis 2040.

Wie realistisch dieses Ziel ist, wird nicht hinterfragt. Ob die “Dekarbonisierung” wirklich gegen die Klimakrise hilft, ist kein Thema. Warum die USA und China die EU bei “Clean Tech” abgehängt haben und Deindustrialisierung droht, wird nicht diskutiert. Stattdessen kommt von der Leyen mit Nonsense-Sätzen wie “gleichzeitig dekarbonisieren und industrialisieren”.

Krise verschärft sich

___STEADY_PAYWALL___

Dabei ist klar, wohin die Reise geht: Die Klimapolitik wird in der neuen Legislatur der Industriepolitik bzw. den Interessen der großen Konzerne untergeordnet. Dabei wird von der Leyen sowohl auf die Symbolpolitik der Grünen als auch auf die wirtschaftsliberalen Forderungen der FDP und der CDU Rücksicht nehmen, wie der Streit um das “Verbrenneraus” zeigt.

Die Klimakrise wird sich so nicht lösen lassen, die Lage dürfte sich weiter verschärfen. Die 47.000 Hitzetoten 2023, die sich zuspitzenden Waldbrände und die gefährliche Überhitzung des Mittelmeers zeigen, wie ernst die Lage ist. Nicht nur Erwärmung und Dürren werden zum Problem, auch Extremwetter und Dauerregen (wie in Brüssel) bedrohen EUropa.

Doch von der Leyen sieht nicht einmal die längst überfälligen Maßnahmen zur Anpassung an die Krise vor. Sie verspricht zwar, die Klimaresilienz und – vorsorge zu erhöhen. Doch dabei geht es nur darum, “die Mitgliedstaaten insbesondere bei der Vorsorge und Planung zu unterstützen und regelmäßige wissenschaftlich fundierte Risikobewertungen sicherzustellen”.

Im Klartext: Die Anpassung an die fortschreitende Klimakrise bleibt Ländersache, die EU entzieht sich ihrer Mitverantwortung für die Folgen einer verfehlten Politik.

Die siebte Folge unserer Serie steht hier