Die EU ändert ihr Narrativ – es wird ernst
Ist die Ukraine das neue “Herz” Europas? Und ist Russland an allem schuld, auch an den westlichen Wirtschaftssanktionen und ihren verheerenden Folgen? Die EU ändert ‘mal wieder ihr Narrativ – es wird ernst.
Die EU hat ihre Position schon mehrfach geändert. Zu Beginn des Krieges hat sie ein schnelles Ende der Kampfhandlungen gefordert und behauptet, die Sanktionen würden Kremlchef Putin an den Verhandlungstisch zwingen.
Als sich das Blatt wendete, hieß es plötzlich, der Krieg werde “auf dem Schlachtfeld” entschieden, von Verhandlungen war keine Rede mehr. Stattdessen begann die EU, die Ukraine aufzurüsten – womit sie als Vermittler ausschied.
Nun hat sich die Lage erneut geändert. Die Nato spricht von einem langen Krieg und schweren Waffen. Gleichzeitig werden die Sanktionen weiter verschärft. Mittlerweile plant Brüssel schon bis Ende 2022: Dann soll ein Ölembargo gegen Russland greifen.
Da muß man natürlich auch das Narrativ anpassen. Es muß aggressiver werden und sich auf die lange Frist ausrichten. Dies ist in den letzten Tagen geschehen. Der Ton ist rauer geworden, die EU identifiziert sich mit der Ukraine.
So preist EU-Ratspräsident Charles Michel neuerdings die ukranische Hauptstadt Kiew als “Herz eines freien und demokratischen Europa”. Der russische Krieg ziele nicht nur auf die Ukraine, sondern auf die EU und ihre Werte.
Michel sagte eine Verdoppelung der EU-Militärhilfe aus der sog. “Friedensfazilität” zu und erklärte, der Kampf der Ukraine werde “siegreich” enden. Damit wird die EU zumindest verbal zur Kriegspartei, die Ukraine zum Schauplatz eines Stellvertreter-Kriegs.
Ernst auch auch die Diskurs-Verschiebung bei den Sanktionen. Die Strafen werden nicht nur ausgeweitet und verlängert. Die EU hat auch eingesehen, dass sie nicht den gewünschten Effekt auf Putin erzielen, aber schwere Nebenwirkungen haben.
So dürften die Finanzsanktionen und Ausfuhrverbote die Preise für Getreide und Lebensmittel nicht nur in Europa, sondern auch im Nahen Osten und in den Schwellenländern in die Höhe treiben. Dies könnte zu Hungerkrisen führen, warnen Experten.
“Kampf der Narrative”
Schuld daran wäre aber nicht die EU oder die USA, sondern einzig und allein Putin, behauptet der EU-Außenbeauftragte Borrell. Man müsse sich auf einen “Kampf der Narrative” einstellen, erklärte er bei der letzten Sitzung der EU-Außenminister.
Finanzminister Lindner hat sich schon in die rhetorische Schlacht gestürzt. Der FDP-Mann rechnet mit einem völlig anderen Wirtschaftsumfeld und schweren Krisen. Schuld sei allein Russland, erklärte er beim G20-Treffen in Washington.
Hungeraufstände, Schuldenkrisen, Energiearmut – an all dem soll Putin schuld sein. Dabei hat nicht er den Gas- und Ölhahn zugedreht und den globalen Wirtschaftskrieg erklärt, sondern der Westen.
Und nicht er hat Sanktionen gegen die großen Kali-Hersteller in Belarus und Russland verhängt, die für Düngemittel wichtig sind, sondern die EU. Egal – Putin ist schuld, an allem, weltweit.
Wer anderes behauptet, folgt dem “russischen Narrativ” und verbreitet Fake News. Das ist jedenfalls die neue Ansage aus Brüssel…
Mehr zum Wirtschaftskrieg hier, mehr zu Fake News und Zensur hier
P.S. Auf die Frage nach dem “Sieg” der Ukraine erklärte von der Leyens Chefsprecher, es gehe darum, die “territoriale Integrität der Ukraine wiederherzustellen”. Wenn er das ernst meint, dann werden wir auch noch schwere Waffen für die Rückeroberung der Krim liefern müssen. Aber “wir sind mit niemandem im Krieg”, fügte er beruhigend hinzu…
P.P.S “Die Ukraine kämpft nicht nur für sich, sondern auch für uns”, sagt Wirtschaftsminister Habeck im ZDF. Daher müsse man Kiew auch mit allen Mitteln unterstützen. Das bestätigt meine These vom neuen Narrativ und seinen Folgen – Deutschland und die EU stecken voll mit drin im Krieg…
Roland Kaschek
25. April 2022 @ 12:51
Die Verbissenheit, mit der die EU den Krieg gegen Russland versucht herbeizuführen, wird für mich nur dann verständlich, wenn man zwei Dinge berücksichtigt. 1. alle NATO Länder sind eigentlich Vasallen der USA (und machen deshalb, was die wollen). 2. Die USA haben ihren Vasallen versprochen, dass im Falle des Regime Change in Moskau und der anschließenden Zerstückelung Russlands in etwa 5 Nachfolgestaaten, für die Vasallen genug aus der Konkursmasse Russlands zu rauben sein wird.
In Wirklichkeit sind es die USA und die EU, die Schuld am Krieg in der Ukraine sind.
Burkhart Braunbehrens
25. April 2022 @ 11:43
Und das muss hier auch mal geschrieben werden. Deutschland hat aus dem 2. Weltkrieg gelernt “nie wieder Krieg” ohne Ross und Reiter zu nennen.
Aber das ist weniger als die halbe Wahrheit. Deutschland musste vom Faschismus durch gewaltige und opferreiche Kriegsanstrengungen befreit werden. “Nie wieder Krieg” war einfach verlogen, aber keine wirkliche Einsicht. Es wird nicht mehr gelingen, sich mit dieser Haltung aus der Affaire zu ziehen.
Burkhart Braunbehrens
25. April 2022 @ 11:24
ja und China, die lassen sich nicht in den Schaden rein ziehen. Ob sie den turn in der Klimapolitik dann machen ?
Burkhart Braunbehrens
25. April 2022 @ 11:20
Ja das ist so. Die deutsche Politik ist maßgeblich beteiligt daran, dass man Putin den imperialen Durchmarsch erlaubt hat und die EU wiederum auch unter maßgeblichem Einfluss der deutschen Politik. Die Unabhängigkeit der Staaten und ihre Souveränität ist ein hohes Gut. Die Ukraine hat das Zeug sie zu verteidigen, Und Azu gehört auch, die Länder unter Druck zu setzen, ihr zu helfen, die vorher versäumt hatten wegen Wirtschaftsinteressen und vielleicht eigenen Großmachtinteressen die eigenen Werte und internationale Regeln zu brechen. Das Unerledigt holt uns ein mit Vehemenz.
Die USA Regierung spekuliert zugleich darauf, den Erfolg der Reagan-Politik gegen die UDSSR zu wiederholen. Sie sind groß darin, die international geltenden Regeln so für sich zu nutzen, als verteidige sie sie.
Und die Klima-Krise ? Welche Grenzen wird sie setzen. Sie ist völlig aus dem Blickfeld. Da ist die noch größere Brisanz.
B.
24. April 2022 @ 11:09
Michael Lüders Warnung davor, dass Europa zwischen die Fronten geraten könnte, wie auch die Ukraine (Rusland einerseits , die USA andererseits), sollten wir wirklich uns alle zu Herzen nehmen.
ebo
24. April 2022 @ 12:13
Da mache ich mir keine Sorgen. Diese Woche trifft sich sogar das Europaparlament mit Nato-Generalsekretär Stoltenberg, um die neuen Weisungen aus Washington entgegen zu nehmen
european
24. April 2022 @ 17:10
Die Weisungen kommen aus Washington, der Krieg findet in Europa statt. Diese Perspektive dürfte Lüders gemeint haben.
Vorhin habe ich gelesen, dass Deutschland 60 Hubschrauber für die Bundeswehr bei Boeing ordert, Wert: 5 Mrd Euro, wo: USA.
https://www.arte.tv/de/afp/neuigkeiten/presse-bundesregierung-will-60-chinook-hubschrauber-fuer-bundeswehr-kaufen
Cui bono?
Übrigens spricht sich Selenskyj ausdrücklich NICHT für ein Gasembargo gegen Russland aus. Der Grund sind die Transitgebühren für die Ukraine, die damit entfallen würden.
european
23. April 2022 @ 10:38
Deutschland und Europa auf dem Weg zur wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Selbstzerstörung. Eine Analyse von Michael Lüders, die sich jeder anhören sollte. Danach hat man keine Fragen mehr.
https://www.youtube.com/watch?v=bFoFZUMUnsc
Holly01
22. April 2022 @ 10:52
Man kann zwei Sachen ziemlich klar feststellen:
Erstens wird das Ultimatum der Franc-CFA Staaten ungehört verhallen.
Das ist ein Gebiet mit erheblichem wirtschaftlichen Einfluss und da wird quasi der Euro benutzt. Das ist etwas unpräzise formuliert, aber von der Wirkung her richtig.
Mit den Sanktionen verliert Frankreich dieses Einflussgebiet, der Euro Volumen und die Abkopplung der EU von allen Märkten wird massiv verstärkt.
Die Hungersnot durch die Sanktionen, wird auf die EU zurückfallen.
Das Zweite ist ebenso klar. Weder die Ukraine noch Russland werden das Verhalten der EU in irgend einer Form gut heißen.
Da sterben Ukrainer und Russen, weil die EU so tolle Waffen liefert.
Mag ja sein das die Spinner die diese Politik innert der EU betreiben das nicht wahr haben wollen. Aber in Summe wird das nicht ein Scherbenhaufen, das wird ein riesen Misthaufen und alle Beteiligten werden auf Jahrzehnte für Gespräche verbrannt sein.
Wer jetzt noch sagt die EU sei nicht im Krieg, macht sich nur lächerlich. Die Frage lautet nur noch, gegen wen die EU da alles Krieg führt.
Die Isolation der EU wird zementiert und die Abhängigkeit (Unselbstständigkeit) gegenüber den USA ist kaum noch in Worte zu fassen.
Aber macht ruhig so weiter, malt euch mal alle schön in die Ecke. Ich habe damit kein Problem, solange die USA zusammen mit der EU untergehen.
Vielleicht wäre eine innere Blockade durch Le Pen sogar das kleinere Übel, als dieses willfährige US Spiel.
Eine zerbrochene EU kann zumindest nicht mehr diesen immensen Schaden anrichten.
Stefan Meyer
22. April 2022 @ 08:51
Michel, Borrel, von der Leyen? Mit welchem Recht sprechen diese Gestalten für uns Europäer? Was diskutiert, was entscheidet das gewählte EU-Parlament? Welche Entscheidungen gibt die Parlaments-Präsidentin bekannt?
ebo
22. April 2022 @ 08:58
Das Europaparlament ist noch härter. Es fordert ein sofortiges Öl- und Gasembargo!