Scholz war schwach? Mit Merz könnte alles noch schlimmer werden

Der groß angekündigte Politikwechsel in der Außenpolitik ist gleich beim ersten Versuch gescheitert: Weder Putin noch Trump lassen sich von deutschen Forderungen beeindrucken. Doch der Kanzler hält an seinen vollmundigen Ansagen fest – und geht große Risiken ein. – Ein Kommentar.

Es begann mit einem Ultimatum. „Die Uhr läuft, wir haben noch zwölf Stunden bis zum Ablauf dieses Tages“, drohte Regierungssprecher Stefan Kornelius. Sollte es bis zum Abend keine Waffenruhe in der Ukraine geben, werde man neue, harte Sanktionen gegen Russland verhängen. 

Bundeskanzler Friedrich Merz, so die Botschaft, meine es sehr ernst mit dem außenpolitischen Politikwechsel. Die Zeit der deutschen Zurückhaltung sei vorbei; ab sofort werde Berlin in die Vollen gehen und die Führung in der Ukraine- und Russland-Politik übernehmen. 

Zehn Tage später ist klar: Merz und sein Sprecher Kornelius haben den Mund zu voll genommen. Sie haben das deutsche Gewicht in der internationalen Politik überschätzt und sich auf offener Bühne blamiert. Zudem haben sie die EU auf den Holzweg geführt.

Russlands Staatschef Wladimir Putin hat das deutsche Ultimatum wie erwartet ignoriert, ein Waffenstillstand kam nicht zustande. Die EU hat zwar neue Sanktionen verhängt – doch die waren ohnehin geplant und sind nicht härter ausgefallen als erwartet

Zum transatlantischen Schulterschluss mit den USA, den Merz vollmundig angekündigt hatte, ist es auch nicht gekommen. Im Gegenteil: Wenn nicht alles täuscht, will sich US-Präsident Donald Trump aus den Friedensbemühungen für die Ukraine zurückziehen. 

Der Krieg sei eine europäische Angelegenheit, erklärte Trump nach seinem letzten Telefon-Gespräch mit Putin. Statt über neue, harte Wirtschaftssanktionen, wie sie Merz angekündigt hatte, sprach Trump über mögliche neue  Deals mit Russland. 

Fünf Gründe zur Sorge

Merz hat sich verzockt – und das gleich bei seiner ersten außenpolitischen Initiative. Dabei hatte der CDU-Politiker geglaubt, es besser machen zu können als sein Amtsvorgänger Olaf Scholz (SPD). Nun könnte alles noch schlimmer werden.

Hier die wichtigsten fünf Gründe:

  • Merz will die gescheiterte Sanktionspolitik gegen Russland auch ohne die USA weiterführen und sogar verschärfen.
  • Er schadet damit der Wirtschaft und setzt die fragile politische Einheit in der Ukraine-Politik aufs Spiel.
  • Um Trump im Boot zu halten, hat Merz die Europäer genötigt, eine Rolle rückwärts hinzulegen und auf den US-Präsidenten zuzugehen. Das rächt sich nun – die Trump-Wette ist geplatzt.
  • Im Zollstreit mit Washington drängt Berlin auf Zurückhaltung, europäische Gegenmaßnahmen soll es vorerst nicht geben. Auch dies ist ein bedenkliches Signal für die Wirtschaft.
  • Ohne Not und Rücksprache in der EU hat er Trumps 5-Prozent-Ziel für die Nato übernommen. Außer Deutschland und Polen kann es sich kaum ein EU-Land leisten.

Weiterlesen auf Makroskop.eu. Siehe auch Die deutsche “Führung” scheitert schon beim ersten Test