Ukraine-Krise: Das verschweigt die Nato

Die Nato hat die Forderung Russlands abgelehnt, die Osterweiterung zu beenden und die Tür für die Ukraine zu schließen. Zugleich hat sie ihre Truppen in Osteuropa aufgestockt. Will sie die Ukraine verteidigen?

Nein, das will und kann sie nicht. Denn die Ukraine ist kein Mitglied des Atlantischen Bündnisses. Und sie wird es auf absehbare Zeit auch nicht werden.

Das sind die beiden großen “non-dits” der US-geführten Militärallianz, die Nato-Generalsekretär Stoltenberg nie ausspricht.

Würde er sie aussprechen, so stünde er nämlich als das da, was er ist: ein General ohne Truppen, ein Prinzipienreiter ohne Sanktionsmöglichkeiten.

Es gehe ums Prinzip, sagt Stoltenberg, die Ukraine sei ein souveräner Staat und könne ihre Bündnisse frei wählen. Doch dieses Prinzip kann er nicht durchsetzen.

Sanktionsmöglichkeiten haben nur die USA und die EU. Sie werden handeln, falls Russland die Ukraine angreifen sollte – doch die Nato wird nicht eingreifen.

Obwohl er all dies nur zu gut weiß, heizt Stoltenberg die Spannungen weiter an und stockt die Nato-Truppen in Osteuropa auf. Auch die Manöver werden ausgeweitet.

Damit tut er genau das Gegenteil dessen, was Russland fordert. Statt die Lage rund um die Ukraine zu beruhigen, schafft er neue Gefahren, vor allem im Baltikum.

Es gibt jedoch noch andere “non-dits”. Zum Beispiel die Rivalität zwischen den USA und der EU um die Ukraine.

Seit 2014 ringen Washington und Brüssel um ihre neue Einflußzone. Legendär ist das “fuck the EU”, als es um die Auswahl des Premierministers ging.

Auch jetzt gibt es wieder Streit. Die USA wollen die Ukraine-Krise nutzen, um Russland einzudämmen und entscheidend zu schwächen – und spannen dafür die Nato ein.

Paris und Berlin tun mehr

Die EUropäer hingegen versuchen, die Ukraine und Russland wieder an einen Tisch zu bringen. Die Gespräche im sog. Normandie-Format sollen einen Krieg verhindern.

Damit tun Deutschland und Frankreich mehr für den Frieden als die größte Militärallianz der Welt – jedenfalls, so lange der Dialog hält.

Doch auch das ist zum “non-dit” geworden. Niemand würdigt die deutsch-französischen Vermittlungsbemühungen.

Lieber schlägt man auf Deutschland ein – weil es die Ukraine angeblich nicht genug unterstützt…

Siehe auch “Hoffnung nach Ukraine-Gesprächen in Paris”

P.S Die ganze Sanktionsdebatte ist ohne die “non-dits” der Nato nicht zu verstehen. Warum sollten wir Nord Stream 2 dichtmachen, wenn die Alliierten der Ukraine beistehen könnte? Statt eines “richtigen” Kriegs führt der Westen lieber einen Wirtschaftskrieg – und riskiert so, den Konflikt immer mehr auszuweiten. Statt um die Verteidigung von Kiew geht es plötzlich um die Sicherung der Gasversorgung in Berlin. – Mehr hier

P.P.S Auf Nachfrage der BBC hat Stoltenberg nun doch eingeräumt, dass die Nato die Ukraine nicht verteidigen wird – weil sie kein Mitglied ist. Warum die Truppen in Osteuropa trotzdem verstärkt werden, sagte er nicht…