Soros zweifelt am Überleben der EU
Die Krise um den Rechtsstaat und das EU-Budget könnte sich negativ auf das Vertrauen der Investoren auswirken. Davor warnt der umstrittene US-Investor G. Soros – und äußert Zweifel am Überleben der EU.
Auf den ersten Blick ist es eines der vielen Soros-Statements, wie sie regelmäßig in meiner Mailbox landen. GEORGE SOROS: INDIVIDUAL EU MEMBER STATES SHOULD ISSUE PERPETUAL BONDS, ist der Text überschrieben, der auch auf “Project Syndicate” veröffentlicht wurde.
Das klingt nach einem Anlagetipp für klamme EU-Staaten. Keine schlechte Idee – selbst in Deutschland werden ja nun schon Sorgen wegen der exorbitanten Kosten der Coronakrise laut. Kanzlerin Merkel will nicht mehr (lange) zahlen, die Bundesländer verweisen auf leere Kassen.
Doch um Deutschland geht es nicht. Soros äußert vielmehr Zweifel an der EU und ihrem geplanten Schuldenprogramm. Die Union sei nicht mehr glaubwürdig, deshalb sollten die Mitgliedsstaaten selbst aktiv werden und nicht rückzahlbare “Perpetual Bonds” auflegen.
Diese “Perpetual Bonds” hatte Soros ursprünglich auch der EU empfohlen. Doch nun revidiert er seine Empfehlung: Investors would only buy them from an “entity they believe will continue to exist for the foreseeable future”, which is “sadly not true of the EU today”.
Zu gut deutsch: Investoren haben das Vertrauen in die EU und ihr Überleben verloren. Die Schuld dafür gibt Soros nicht allein den “üblichen Verdächtigen”, also Ungarn und Polen, sondern auch den “Frugal Five”, wozu er auch Deutschland rechnet. Zitat:
The EU, he claims, is “too divided” – as demonstrated by Hungary and Poland’s recent veto of the next EU budget and COVID-19 recovery fund. In addition, the so-called Frugal Five (Austria, Denmark, Germany, the Netherlands and Sweden) are “more interested in saving money than in contributing to the common good”.
Das ist ein Hammer. Es deckt sich mit meiner Analyse, dass auch die “Frugal Four” die EU infrage stellen – geht aber noch weiter: Soros hat offenbar Zweifel am Überleben der Union und am Willen Deutschlands, zum “common good” beizutragen…
Siehe auch “Diese sieben EU-Länder erschüttern die EU”
European
30. November 2020 @ 13:25
Ja, es ist ein Hammer, wenn es von Soros kommt.
Die Realität sieht ein bisschen anders aus. Bisher wurden die Neuemissionen der EU-Anleihen stark überzeichnet. Es gibt weltweit eine starke Nachfrage nach Anleihen – Viele freie Gelder, viel zuwenig Investitionen. Und weltweit betrachtet steht die EU noch besser da als viele andere Länder, die sich zur Zeit auch in der Krise befinden.
Es sollte aber sicherlich ein Warnsignal sein, wenn solche Statements hereinflattern.
Ewige Anleihen heißt nichts anderes als dass man Staatsschulden nicht zurückzahlt bzw. durch Roll-overs ablöst. Das hat Jens Südekum in einem Dreiergespräch mit Merz und Linnemann auch betont. Ich hatte nicht den Eindruck, dass es auf Gegenliebe gestoßen ist. Statt dessen hat man sich mit dem Gespenst der Inflation und natürlich mit der angeblichen Geldverschwendung der Italiener befasst, die dann die Inflation triggern. Ab da war ich dann raus, aber man findet einen Zusammenschnitt auf Youtube, wenn es jemanden interessieren sollte. Eigentlich ging es um die Besprechung von Merz’ neuem Buch.
Rutte und Kurz lernen gerade, wie das ist, wenn einen die Corona-Krise mit voller Breitseite trifft und in Deutschland ächzen ebenfalls die Gesundheitssysteme.
Wir werden es sehen.