“Schwierigste Zeit des Krieges”: Die Ukraine gerät in Erklärungsnot

Mehr als zwei Monate nach dem Beginn ihrer Gegenoffensive kann die Ukraine immer noch keine Erfolge vermelden. Präsident Selenskyj und seine Unterstützer in Deutschland und der EU geraten in Erklärungsnot.

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Lange wurde die Lage schön geredet. Doch nun sind die Zweifel am Erfolg der ukrainischen Gegenoffensive auch im Mainstream angekommen, wie wir an mehreren Beispielen aus internationalen Medien gezeigt haben. In den letzten Tagen sind die Bedenken sogar noch lauter geworden. “Western allies receive increasingly ‘sobering’ updates on Ukraine’s counteroffensive”, berichtet CNN. “This is the most difficult time of the war” – die schwierigste Zeit des Krieges.

Auch in deutschen Medien schwindet die Hoffnung. So sagt der Russlandexperte Alexander Gabujew im “Spiegel“, dass die ukrainische Offensive wohl nicht ausreichen werde, um die russische Seite an den Verhandlungstisch zu bringen. “Es läuft alles auf einen jahrelangen Abnutzungskrieg hinaus.”

Wenn das so ist – und meine Quellen in Brüssel bestätigen diese Einschätzung – dann drängen sich einige ernste Fragen auf:

  • Warum scheitert die Gegenoffensive, obwohl doch laut Nato-Generalsekretär Stoltenberg genug westliche Waffen geliefert wurden, um “Land zurückzuholen”?
  • Was wurde aus den Leoparden, den Bradleys und anderen angeblich überlegenen Systemen? Bisher sind ca. 30 Prozent zerstört worden – wie ist das zu erklären?
  • Warum will die Ukraine noch mehr Waffen, auch geächtete? Welchen Vorteil sollen Taurus-Marschflugkörper bringen, wo schon Storm Shadows im Einsatz sind?
  • Was ist der Plan, um das Blatt zu wenden? Die Ukraine hat die Taktik immer wieder gewechselt, jedoch keinen operativen Durchbruch erzielt. Liegt es an der Strategie?
  • Wieso werden westliche rote Linien überschritten – mit Angriffen auf zivile Ziele in Moskau und auf Öltransporte im Schwarzen Meer? Kann man Selenskyj noch trauen?

Die Ukraine gerät in Erklärungsnot. Im vergangenen Jahr konnte sie den Westen noch mit ihrer beeindruckenden Gegenwehr bei der Stange halten. Doch nun bleibt sie den Beweis schuldig, dass sich westliche Unterstützung weiter lohnt.

Auch Scholz muss sich erklären

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Selenskyj ist in die Defensive geraten, das Bild des strahlenden Siegers verblasst. Noch versucht er, die Schuld für seine militärische Misere auf andere zu schieben und sich mit mangelnder Hilfe etwa aus Deutschland herauszureden.

Doch selbst die Taurus-Kampagne kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass Kiew im “Nebel des Krieges” steckt und nicht weiß, wie es wieder herauskommen soll. Es fehlt nicht nur an Waffen, es fehlt auch an Soldaten – und an einer (Exit-)Strategie.

Und das fällt mehr und mehr auf Deutschland zurück. Nicht nur Selenskyj ist in der Bredouille. Auch Scholz, Baerbock & Co müssen erklären, warum sie sich immer tiefer in den Schlamassel ziehen lassen – und wie lange das noch so weitergehen soll….

Siehe auch “Noch vier Jahre Krieg?” Mehr zum Ukraine-Krieg hier

P.S. Laut Gabujew stellt sich Berlin “auf einen langen, schlimmen Konflikt ein”. Doch das würden die Verantwortlichen “nur im Privaten” sagen, “um die Ukraine nicht zu entmutigen”. Und was ist mit den deutschen Bürgern? Wann schenkt die Politik ihnen endlich reinen Wein ein?