Angriffe auf Moskau: Selenskyj bricht sein Wort
Ukraines Staatschef Selenskyj hält sich nicht an Absprachen mit seinen Alliierten. Er feiert neue ukrainische Angriffe auf Moskau – dabei hatten die USA genau davor gewarnt.
“Allmählich kehrt der Krieg auf das Territorium Russlands zurück – in seine symbolischen Zentren und Militärstützpunkte”, sagte Selenskyj am Sonntag (30. Juli). Dies sei ein “unvermeidlicher, natürlicher und absolut fairer Prozess”.
Zuvor waren ukrainische Drohnen über Moskau niedergegangen. Dabei wurden am Sonntagmorgen zwei Bürogebäude beschädigt, ein internationaler Flughafen musste kurzzeitig geschlossen werden.
Militärisch hat der Angriff keine Bedeutung, politisch umso mehr. Denn Angriffe auf Moskau sind aus Sicht der USA alles andere als “unvermeidlich” . Sie sind gefährlich – denn sie könnten zu einer Ausweitung des Krieges führen.
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Die US-Regierung hat denn auch wiederholt erklärt, dass sie Angriffe auf Moskau und bewohntes russisches Gebiet nicht befürworte und (angeblich) auch nicht unterstütze.
“Zelensky has certainly outdone everyone else in getting what he wants, but Kyiv has had to agree to obey certain invisible lines as well,” says the senior defense intelligence official. In secret diplomacy largely led by the CIA, Kyiv pledged not to use the weapons to attack Russia itself. Zelensky has said openly that Ukraine will not attack Russia.
Newsweek
Die amerikanischen Waffenlieferungen waren an die Bedingung gebunden, dass Washington weitgehend die Kontrolle behält. Doch diesen “Deal” hält Selenskyj nicht (mehr) ein. Selbst die CIA weiß nicht, was er plant, schreibt “Newsweek”.
Wo sind die EUropäer?
Nun bricht Selenskyj ganz offen seinen (ungeschriebenen) Vertrag. Nicht still und heimlich, wie bisher, sondern offen und sogar mit einem triumphierenden Unterton. Man darf gespannt sein, wie die USA darauf reagieren.
Werden sie sich wieder öffentlich distanzieren (wie die Sprecherin des Weißen Hauses im Mai), werden sie ihn hinter den Kulissen zurechtweisen? Oder lassen sie ihm freie Hand – auch auf das Risiko hin, dass der Krieg noch mehr eskaliert?
Und was sagen eigentlich die EUropäer? Bisher hieß es in Brüssel, die Ukraine müsse selbst wissen, wie und wo sie angreift. Doch nun scheint EUropas Superstar außer Kontrolle zu geraten, die Lage in Osteuropa wird täglich gefährlicher…
Siehe auch “Die Entzauberung des Wolodymyr S.”
Monika
1. August 2023 @ 12:49
@KK
Liebe*r KK Danke für Ihren Hinweis.
Dieses unsägliche Dokument des europäischen Parlaments hatte ich schon verdrängt…
KK
1. August 2023 @ 01:29
„Nun bricht Selenskyj ganz offen seinen (ungeschriebenen) Vertrag.“
Vom Wertewesten lernen heisst Verträge brechen lernen!
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@ Katla:
„Was leite ich für mich daraus ab? Die USA legen es sehenden Auges darauf an, dass ein Krieg auf gesamteuropäischen Gebiet entsteht…“
Die USA können da ja ggf. noch mit leben, wenn es in EUropa knallt; was ich nicht verstehe ist, dass die EUropäer Selenskij einen Freibrief erteilt und weder Waffen noch Geld an irgendwelche Bedingungen geknüpft haben.
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@ Kleopatra:
Wenn ein Staatschef also eine Äusserung quasi mit hinter dem Rücken gekreuzten Fingern macht, ist sie generell nichts wert? Wie sollen denn dann die Völker überhaupt noch miteinander umgehen? Wieder prominente Geiseln austauschen wie in der Antike?
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@ WBD:
„Ich als Ukrainer würde langsam an meinen ‚Verbündeten‘ zweifeln…“
ICH als Ukrainer hätte mich gar nicht erst vor den US-Karren spannen lassen, um für die Amis einen Stellvertreter-Krieg zu führen, der hundertausende meiner Landsleute das Leben kosten und mein Land weitgehend in Schutt und Asche legen würde… das hat ja schon 2013 mit den Vorbereitungen des Maidan-Putsches durch die CIA angefangen. Wenn ein nigerischer Militär putscht, ist das böse – wenn das ukrainische Nationalisten im Auftrag der USA machen, ist das OK.
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@ Monika:
„Man sieht ja allerorten, wie historische Tatsachen geleugnet, uminterpretiert, verkürzt und verdreht werden, die Schulbücher Polens, der balt. Staaten und jetzt ganz besondes der Ukraine spotten diesbezüglich schon jetzt jeder Beschreibung.“
Da brauchen Sie nicht in osteuropäische Schulbücher zu schauen, die Beschlüsse des EU-Parlaments reichen da schon als Beispiel der Geschichtsklitterung per Parlamentsbeschluss:
https://www.infosperber.ch/politik/europa/so-schreibt-das-eu-parlament-die-geschichte-europas-um/
B. Weber
31. Juli 2023 @ 22:46
Es scheint ein Fehler unterlaufen zu sein. Mein Beitrag von 31. Juli 2023 @ 11:44 ist unvollständig und sollte nach dem Zitat so weitergehen: << Da kommt mir der Spruch in den Sinn, daß "der Hunde von der Leine gelassen" wurde. Daß umgekehrt "der Schwanz mit dem Hund wedelt", ist eher auszuschließen. Die USA sind schließlich erfahren darin, "Marionetten" (von Thieu über Pinochet bis Guaidó) tanzen zu lassen und sich als die Unschuld vom Lande ("gods own country") zu gerieren. Ein Alliierter, der die Ukraine nicht mal beim Namen nennt, sondern als "you crane" bezeichnet, macht mehr als überdeutlich, daß die Ukraine für ihn nur ein Werkzeug (crane) ist, ansonsten nur Kanonenfutter und Experimentierfeld für die eigene Rüstungsindustrie.
Monika
31. Juli 2023 @ 18:23
@Katla
wer schreibt der bleibt… aber genau das will man ja nicht. Niemand soll, nicht einmal Jahrzehnte später, mehr “historisch” nachvollziehen können, wer wann wie wo was vereinbart oder verantwortet hat. Insofern hatte Fukujama recht mit seinem Spruch vom Ende der Geschichte. Im Sinne von Geschichtsschreibung und historischer Forschung ist das Fakt. Man sieht ja allerorten, wie historische Tatsachen geleugnet, uminterpretiert, verkürzt und verdreht werden, die Schulbücher Polens, der balt. Staaten und jetzt ganz besondes der Ukraine spotten diesbezüglich schon jetzt jeder Beschreibung.
Der alte Handschlag wird wieder ausgegraben, natürlich die Finger der anderen Hand hinter dem Rücken gekreuzt…
Wir wissen alle, dass es in diesem Krieg nicht um die Verteidigung der Souveränität der Ukraine geht, auch nicht um einen Stellvertreterkrieg “freier Westen ” versus “reaktionäres Russland” sondern, (so Birgit Mohnhaupt in einem Gespräch mit Renate Schmidtkunz im österreichischen Rundfunk), um “die Kontrolle geografischer Räume durch die Expansion in den Souveränitätsraum anderer Staaten, mit dem Ziel der Maximierung ökonomischer und militärischer Vorteile” durch die USA. Ihren angeschlossenen Nutznießer wird Teilhabe versprochen…
Den meisten dämmert zwar, dass System-Change angesagt wäre statt Climate-Change: solch ein Transformationsprozess braucht enorme Mengen an Rohstoffen, sowohl geografisch verfügbar als auch zu billigem Preis, aber das ist ein Tabuthema unseres global-kapitalistischen Systems. Ohne koloniale Ausbeutung von Weltgegenden, ja dem gesamten Planeten, ist unser Kapitalismus nicht lebensfähig. Allein die Digitalisierung der reichen Industrieländer würde exorbitante Steigerungen bei Rohstoffen, seltener Erden ect. erfordern. Um nur ein paar Beispiele zu nennen: Lithium 17000%, Kupfer 4300%, Kobalt 2300% mehr als jetzt! Das Erreichen dieser ökonomischen und militärischen Vorteile ist Kriegsziel der USA.
Denen steht das Wasser so hoch zum Hals, und diesen eigenen wollen sie retten, dass alle anderen sehen sollen, wo sie bleiben. Die “Verbündeten” können sich ja schon mal warm anziehen, falls es atomar winterlich wird…
Arthur Dent
31. Juli 2023 @ 13:21
Besorgniserregender sind eher die Storm-Shadow-Marschflugkörper, mit denen Ziele auf der Krim angegriffen wurden. Zumal die Ukraine nicht über Kampf-Jets verfügt, die kompatibel sind für diese Munition. Die Lage wird immer unübersichtlicher und damit immer gefährlicher.
WBD
31. Juli 2023 @ 13:14
Im ‚Slavyangrad‘ Kanal auf Telegram war jetzt zu lesen, daß Washington vorerst keine F16 Flieger liefern mag, weil die technischen Voraussetzungen nicht gegeben seien: die Start-/Lande-bahnen müssten sehr eben sein, und ausserdem bräuchte die Maschine sehr viel Wartung, die derzeit in der Ukraine nicht möglich sei…
Ich als Ukrainer würde langsam an meinen ‚Verbündeten‘ zweifeln…
B. Weber
31. Juli 2023 @ 11:44
>>Nun bricht Selenskyj ganz offen seinen (ungeschriebenen) Vertrag. Nicht still und heimlich, wie bisher, sondern offen und sogar mit einem triumphierenden Unterton. Man darf gespannt sein, wie die USA darauf reagieren.
Kleopatra
31. Juli 2023 @ 10:16
@ebo: „We do not support X“ in dem Twitter-Post, auf den Sie verweisen, bedeutet doch nur: „Wir sind dafür nicht verantwortlich“, also das Abschieben der Verantwortung. Die USA achten immer sehr darauf, dass ihre Aktionen nicht als Kriegseintritt interpretiert werden können. Das ist nicht dasselbe wie was Sie konstruieren, nämlich dass die Ukraine den Amerikanern versprochen habe, keine Angriffe gegen völkerrechtlich anerkannt russisches Territorium vorzutragen.
Und der Umstand, dass Zelenskyj selbstständig entscheidet, belegt ja auch gerade einen Punkt, auf den die USA großen Wert legen: nämlich dass die Ukraine nicht amerikanische Befehle ausführt.
ebo
31. Juli 2023 @ 10:21
Das konstruiere ich nicht, das schreibt Newsweek. Das Zitat steht im Blogpost (English)
Kleopatra
31. Juli 2023 @ 09:38
Die USA behalten eine Kontrolle darüber, was mit den von ihnen gelieferten Waffen geschieht. Nicht mehr. (Die Drohnen wurden nicht von den USA geliefert). Und nach dem Kriegsvölkerrecht spricht nichts gegen Angriffe auf jeden Teil des russischen Staatsgebietes.
ebo
31. Juli 2023 @ 10:03
Haben Sie Bidens Sprecherin Jean-Pierre nicht gehört? Und den Newsweek Artikel nicht gelesen? Die USA machen sich durchaus Sorgen, dass sie die Kontrolle verlieren könnten. Deshalb gibt es auch keinen Nato Beitritt, keine Flugverbotszonen, keine weitreichenden Raketen etc. Immer nur gerade so viel, dass der Krieg weiter geht
Kleopatra
31. Juli 2023 @ 09:22
@ebo: In dem Newsweek-Zitat heißt es, dass Kyiv in Geheimdiplomatie mit dem CIA versprochen (pledged) habe, die (gelieferten) Waffen nicht gegen das eigentliche Russland einzusetzen, und dann heißt „Zelensky has said openly that Ukraine will not attack Russia“. Das erste wird also von Newsweek als Versprechen referiert, das Zweite nur als Äußerung (die keinen Versprechenscharakter hat), und ohnehin ist in dem Kontext unmittelbar nach dem Satz über die amerikanischen Waffen nicht ganz eindeutig, worauf es sich bezieht. Jedenfalls ist in dem zitierten Text von einem _Versprechen_, russisches Territorium auf keine Weise anzugreifen, gerade nicht die Rede, sondern nur im Zusammenhang mit amerikanischen Waffen.
ebo
31. Juli 2023 @ 11:24
“Selenskyj sagte offen, dass die Ukraine Russland nicht attackieren wird.” Am Sonntag sagte er öffentlich das genaue Gegenteil
Thomas Damrau
31. Juli 2023 @ 09:10
Die Frage nach dem Aufenthaltsort der Europäer lässt sich einfach beantworten: Im Urlaub. Und nach dem Urlaub vermutlich wieder im strategischen Tiefschlaf.
Die ukrainischen Angriffe auf Moskau dienen vermutlich der Motivation der eigenen Bevölkerung. Solange die „Gegenoffensive“ wenig greifbare Ergebnisse bringt, muss Selenskyj andere „Erfolgserlebnisse“ in den Medien präsentieren: Weggesprengte Fenster und aufsteigender Qualm in Moskau haben in der Tat keinen militärischen Nutzen. Trotzdem werden sich viele Ukrainer beim Anblick dieser Bilder gedacht haben: „Denen haben wir es gezeigt.“ Und die russische Bevölkerung wird natürlich auch verunsichert.
Also eher psychologische als militärische Intentionen. Und die psychologischen Wirkungen sind Selenskyj so wichtig, dass er einen Rüffel aus Washington riskiert. Der Rüffel wird eh nicht über ein „Du Schlingel“ hinausgehen.
Katla
31. Juli 2023 @ 08:17
Es ist an sich schon eine Ungeheuerlichkeit, an Leichtfertigkeit und Zynismus kaum zu überbieten, dass Handlungen, die zu einer unkalkulierbaren militärischen Eskalation in Europa führen können, per „mündlichem“ Vertrag geregelt werden. Ich als Durchschnittsbürgerin würde mit einem mündlichen Vertrag nicht mal einen 5- Euro- Kredit von meiner Bank bekommen, aber die Lieferung von tödlichen Waffen mit hoher Reichweite erfolgt auf der Grundlage mündlichen Vereinbarungen…
Was leite ich für mich daraus ab?
Die USA legen es sehenden Auges darauf an, dass ein Krieg auf gesamteuropäischen Gebiet entsteht; Selenskyj tut alles dafür, damit der Krieg auf ganz Europa übergreift; die EU tut gar nichts dagegen, es zu verhindern; die Bundesregierung findet ukrainische und US-Interessen wichtiger, als die Interessen des eigenen Landes, der eigenen Bevölkerung und lässt alles laufen, läuft mit („da kann man ja eh nichts machen“).
Der perfekte Zeitpunkt, Deutschland und Europa den Rücken zu kehren. Weniger aus Angst als aus Abscheu. Ich bin nicht bereit, für die Interessen eines maß- und gewissenslosen ukrainischen Präsidenten und seines Potentaten alles, was ich habe, zu opfern: Familie, Kinder, Freunde, Arbeit, Auskommen, Heimat, Frieden, Leben. Ich habe keine Hoffnung mehr, dass jemand diesen Wahnsinn aufhält.